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Die Gehirnwäsche wird immer kühner. Jetzt wird als Erfolg der Gesamtschule schon verkauft, dass es dort im Halbjahreszeugnis fast keine Fünfer gibt. Dessen berühmt sich insbesondere jene Wiener AHS, die als fast einzige Höhere Schule auf die Gesamtschule umgestiegen ist.
Dass diese knallrote Schule das primär deshalb getan hat, weil sie im Gegensatz zu fast allen anderen vorher an Schülermangel gelitten hat (hat das vielleicht gar mit der Qualität jener Schule zu tun?), sei nur am Rand vermerkt. Relevanter ist, mit welchen billigen Schmähs hier schon vom Start weg der Schulversuch Gesamtschule zu einem Erfolg hochgejubelt werden soll.
Dabei ist das einzige, was man heute schon fix sagen kann: So wie der Schulversuch jetzt aufgestellt ist, kann es niemals eine objektive Evaluation geben. Denn erstens bekommen die Gesamtschulen viel mehr Lehrer; ein Vergleich wäre aber nur dann objektiv, wenn alle Schulen gleich gut ausgestattet würden. Wofür aber diese seltsame Unterrichtsministerin keine Sekunde gekämpft hat. Was leider auch niemals finanzierbar ist.
Und zweitens weiß man aus vielen Schulen, dass parteiideologisch geprägte Direktoren massiven Druck auf die Lehrer ausüben, keine negativen Noten zu geben. Daher sind natürlich solche Jubelmeldungen, wie sie jetzt zum Semesterbeginn verbreitet werden, ein völliger Holler. Denn dieser Druck wird im Erfolgszwang der Gesamtschulbefürworter noch viel größer.
Will man wirklich objektiv testen, dann muss es in allen konkurrierenden Schulsystemen gleiche Startchancen geben und am Ende des Versuchs einen objektiven externen Test über die Ergebnisse. Wobei sich leider schon die Informationen mehren, dass die vom Unterrichtsministerium etwa für die Matura vorbereiteten einheitlichen Aufgaben viel zu leicht sind: Gute Schulen erreichen diese Anforderungen schon in der sechsten AHS-Klasse. Das macht die Objektivierung solcher Tests umso wichtiger.
Noch wichtiger aber wäre, dass dieser sozialistischen Gleichmacherei ein prinzipieller Widerstand entgegengesetzt wird. Der sich sowohl auf christliche wie auf liberale Werte stützen kann. Die da etwa wären: Mehr persönliche Entscheidungsfreiheit, Verteidigung der Rechte der Eltern, Vielfalt, Wettbewerb, Leistung statt Gratiszeugnissen.
Und wer diese Werte nicht teilt, der soll zumindest eines bedenken: In anderen Ländern haben die Kinder in den anspruchsvolleren (meist privaten) Schulen mit 14 schon drei Sprachen zu lernen begonnen. Wie soll das in einer Gesamtschule möglich sein, wo so viele Kinder mangels familiärer Lesekultur oder Migranten-Abstammung schon mit Deutsch gewaltige Probleme haben?
Wenn auf diesen Hinweis die billige Antwort "Innere Differenzierung" kommt, dann heißt das mit anderen Worten: Die Kinder gehen durchs gleiche Schultor, sind aber ansonsten den ganzen Tag über getrennt, so wie bisher Hauptschüler und Gymnasiasten. Freilich werden dieses gemeinsame Schultor und die damit verbundene Reorganisation Milliarden kosten.
Die Kinder einer solchen differenzierten Gesamtschuklasse werden dann höchstens Religions- und Turnunterricht gemeinsam haben. Wobei der letztgenannte freilich in einem Sportzweig schon wieder ganz anders ausfällt als bei einem musischen oder sprachlichen oder mathematischen Schwerpunkt.
Und wenn man nicht eine solche enorm teure Differenzierung durchführt, dann wird noch viel mehr von den gigantischen Lern-Fähigkeiten von Kindern in den ersten acht Schuljahren nur des ideologischen Mythos der Gleichmacherei wegen verkümmern. Die Schule braucht Reformen, aber ganz in die gegenteilige Richtung: Mehr Leistung, ein breit aufgefächtertes Angebot, Auswahl der Lehrer durch die Direktoren, externe Leistungsüberprüfungen, Wahl der Direktoren durch Eltern und Lehrer, Kündigung überforderter Lehrer, mehr Möglichkeiten für häuslichen Unterricht und private Schulträger.
Zurück zur Gesamtschule: Auch die übrigen Argumente für diese sind nicht durchdachte Phrasen.
Da wird oft beklagt, dass ein neunjähriges Kind nicht über seine Zukunft entscheiden kann. Natürlich ist in diesem Alter die Schulwahl überwiegend eine Entscheidung der Eltern. Die aber oft rationaler ausfällt, als wenn 14-Jährige über ihren Ausbildungsweg entscheiden. Denn gerade in diesem Alter sind vor allem die jungen Burschen durch ihre Hormonstürme ganz durcheinander. Eltern - zumindest jene große Mehrheit, die sich liebevoll um ihre Kinder kümmert - sehen hingegen schon viel früher bestimmte Begabungen und Interessen. Und sie lassen sich weniger von irgendwelchen Modetrends verleiten als die Kinder selber.
Die Schwierigkeit der Entscheidung über die eigene Zukunft sieht man ja auch an den Universitäten, wo man annehmen kann, dass die große Mehrheit der Studenten schon selbst über ihre Studienrichtung entschieden hat. Wenn alljährlich viele Tausende junger Menschen perspektivenarme (und in Österreich noch dazu qualitativ schwache) Studienrichtungen wie Politologie oder Publizistik studieren, dann stellt das den jungen Damen und Herren kein gutes Zeugnis aus. Auch wenn sie so billig zu einem Mag oder Bacc kommen, entdecken sie anschließend mit Erstaunen, dass sich der Arbeitsmarkt nicht für sie interessiert und dass sie froh sein müssen, in Berufen unterzukommen, wo sie mit Handelsschülern und Maturanten auf gleicher Ebene stehen.
Völlig ignoriert wird von den Gesamtschul-Agitatoren aber auch die Tatsache, dass mehr als die Hälfte der späteren Maturanten mit zehn Jahren in eine Hauptschule gekommen ist. Dass es also einfach eine brutale Lüge ist, wenn man sagt, dass durch die Vielfalt des Schulsystems talentierten Kindern spätere Chancen genommen werden.
Ein weiteres häufiges Pro-Gesamtschul-Argument ist: Der Schulerfolg der Kinder ist ganz stark von der Bildung der Eltern abhängig - was stimmt -, das solle geändert werden. Das wird man freilich erst erreichen, wenn man die Kinder ganz ihren Eltern abgenommen hat - wobei man sich nicht wundern sollte, welch katastrophalen Ergebnisse solche kollektivistischen Bildungsexperimente, die es ja schon mehrfach gegeben hat, erzielen werden. Selbstverständlich hat im Schnitt - positive wie negative Ausreißer beweisen gar nichts - jener Schüler bessere Schulergebnisse in musischen und sprachlichen Fächern, wo daheim mehr als Ö3 (und dessen Imitiate) zu hören ist, wo halbwegs Hochdeutsch gesprochen wird, wo Bücher und Zeitungen gelesen werden, wo der Fernseher fast nie aufgedreht ist, wo Bildung, Wissen und Leistung familiär hochgeschätzte Werte sind. Ähnliches spielt sich - mit anderen Ergebnissen - in Familien ab, wo technische oder kaufmännische Interessen dominieren (die im Idealfall natürlich mit sprachlichen und musischen kombiniert sind).
Auch die internationalen Pisa-Ergebnisse - wie von der Studie selbst zugegeben wird - beweisen keinesfalls eine Überlegenheit der Gesamtschule. Zwar liegt das Gesamtschulland Finnland an der Spitze, aber insgesamt gibt es eine bunte Mischung. Und Finnland beweist gar nichts: Dort gibt es viel weniger Migranten, welche die Testergebnisse verschlechtern; Finnland hat auf Grund seiner Geschichte und seiner sprachlich isolierten Lage eine traditionell hohe Sprach- und Fremdsprachkultur; und in Finnland kann sich jede Schule selbst die Lehrer aussuchen (was auch in Österreich die Schulen dramatisch verbessern würde - wenn man am Schluss jenen Lehrern, die von keiner Schule gewollt werden, auch wirklich die Verabschiedung mitzuteilen wagt).
Viel aufschlussreicher sind die deutschen Pisa-Ergebnisse, denn innerhalb Deutschlands sind die Rahmenbedingungen viel ähnlicher. Dort aber ist es ganz signifikant: Die Länder mit Gesamtschule schneiden beim Test viel schlechter ab.