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Wieder ein Tag Politikverdrossenheit

Die Parteien haben das Gefühl verloren, welche Politik die  Bevölkerung eigentlich will. Wahrscheinlich glauben sie, dass das, was in den Zeitungen steht, oder das, was die ORF-Volksfront so von sich gibt, oder das, was ihnen einige Jungpolitologen in den Parteisekretariaten so erzählen, irgendetwas mit der öffentlichen Meinung zu tun hat.

Jüngstes Beispiel: Die ÖVP hat 40 Tage gebraucht, bis sie nun draufgekommen ist, dass die von einigen Radikalen und nun zunehmend Obdachlosen besetzten Unis notfalls auch mit polizeilichen Mitteln zu räumen sind. Zum Vergleich: Am Mittwochabend hat hingegen in Frankfurt schon zum – mindestens – dritten Mal in einer deutschen Stadt die Räumung besetzter Räume durch die Polizei stattgefunden.

Die ÖVP ist mangels eigenen Gespürs offenbar erst durch Meinungsumfragen draufgebracht worden, dass eine Durchsetzung des Rechtsstaats auch gegenüber dem Audimaxismus große Sympathien in der Bevölkerung findet. Aber immerhin: Die ÖVP ist irgendwann draufgekommen - oder sie hat sich irgendwann getraut, ihren Cunctator Gio Hahn zu ignorieren.

Vielleicht könnte sie nun auch seriöse Meinungsumfragen im Auftrag geben und beispielsweise erforschen, ob die Mehrheit wirklich für Schwulen-Witwerpensionen ist. Obwohl dafür nie ein Cent Beitrag bezahlt wurde. Und obwohl aus schwulen Ehen eher selten Kinder entspringen, für deren Zukunft vorzusorgen wäre, oder Hausmänner, die der Kinder wegen auf einen Beruf verzichtet haben. Eine Partei, die wieder einmal regieren will, könnte sich auch erkundigen, wie sehr die Bürger verstehen, dass künftig die gesamte Familie eines knackigen jungen Mannes aus Fernost (oder von sonst wo) das Recht bekommen wird, auf Grund des Anspruchs auf Familienzusammenführung nach Österreich einwandern zu dürfen, sobald der junge Mann einen hiesigen „Ehemann“ gefunden hat. (Apropos: Selbst in der großzügigen Weltmetropole New York hat der Senat soeben die Homo-Ehe abgelehnt, ohne wie die ÖVP zu denken: geben wir halt nach, dass wir endlich Ruhe haben).

Zurück zu den Uni-Besetzungen. Die FPÖ ist in dieser Frage unter dem Einfluss ihres zuletzt primär seltsam auffallenden Bildungspolitikers Martin Graf noch immer auf einem völlig falschen Dampfer unterwegs. Beim BZÖ sagt zwar ein Teil Mutiges und Vernünftiges, was aber mit Sicherheit dazu führen wird, dass bald jemand anderer aus Kärnten das Gegenteil sagen wird. Die Grünen haben wenigstens die lustige Nischenstrategie, die Besetzer als ihr eigenes Wachstumspotenzial anzusehen, und den Rest der Bevölkerung zu ignorieren.

Und bei der SPÖ reicht es ja schon lange nicht mehr für eine Strategie. Weder in der Frage Besetzungen noch in anderen.

Höchstens für frühe Faschingsscherze. Nichts anderes sind ja die Ideen Werner Faymanns, wie er einen neuen „Generationenfonds“ finanzieren will (was auch immer der genau tun soll). Einen Teil erhofft er sich durch eine europäische Transaktionssteuer – die etwa auf Grund des britischen Widerstandes nie kommen wird, und deren fiktive Erträge zweitens schon mehrfach von anderen für andere Zwecke gewidmet worden sind.

Noch mehr Geld für seinen Generationenfonds erhofft sich Faymann von einer Umschichtung aus dem Gesundheitsbereich. Das sollte man sich nun besonders intensiv auf der Zunge zergehen lassen: Monatelang hat die SPÖ vehement für mehr Gesundheits-Geld gekämpft; seit Jahren geht den Kassen das Geld aus; seit langem weiß alle Welt, dass es auf Grund der Überalterung und der immer teurer werdenden Medizin extrem schwierig sein wird, den Zuwachs der Gesundheitsausgaben auch nur halbwegs einzubremsen. Und ausgerechnet dieser Gesundheit will Faymann nun eine Milliarde wegnehmen.

Wer ob solcher krauser Gedanken noch nicht in verzweifeltes Hohngelächter ausgebrochen ist, sollte sich vielleicht auch noch bewusst machen, dass die in diesem Bereich nach Meinung Faymanns einsparbaren Gelder ja solche der Bundesländer sind. Und die denken bekanntlich Tag und Nacht daran, irgendwelche Projekte zu finanzieren, die sich gerade ein Bundespolitiker einfallen hat lassen . . .

Noch heiterer ist die neueste Entwicklung der SPÖ-Bildungspolitik, die ja unsere Kinder in die Gesamtschule zwingen will: Faymann hat erneut, so wie Claudia Schmied es ständig tut, die derzeit getestete Neue Mittelschule ungeachtet ihrer viel höheren Kosten als den Stein der Weisen verkündet. Und da kommt nun anderntags die Genossin Susanne Brandsteidl daher und sagt plötzlich die Wahrheit über die Tests der Neuen Mittelschule, nämlich dass dabei „ja nur ein neues Türschild auf die Hauptschulen geklebt wird“.

Die stets fröhliche Brandsteidl hat offenbar nicht mitgekriegt – übrigens ebenso wenig wie Hahn, der voll auf den Trick hereingefallen ist –, dass uns diese Tests demnächst als großer Erfolg verkauft werden sollen, mit denen man die Gesamtschule dann endgültig durchsetzen will. Wobei die Neue Mittelschule natürlich insofern ein Erfolg ist, als viele Hauptschulen das neue Türschild wollen, damit sie an das dicke Geld herankommen. Sonst aber aus keinem Grund.

Und am gleichen Tag hat sich natürlich auch die unendliche Groteske im sogenannten Untersuchungsausschuss des Parlaments um eine weitere Drehung weiterentwickelt. Und keiner der Beteiligten merkt, wie egal den Bürgern der ganze Ausschuss längst ist. Niemand versteht, warum kein Minister dort auftreten darf, was natürlich alle möglichen Vermutungen auftauchen lässt. Kein Mensch versteht den ständigen aggressiven Trommelwirbel der Opposition, wo sich abswechselnd Grün und Blau gegenseitig den Schädel einschlagen, um dann wieder in geschlossener Front gegen die Koalition anzutreten. Bei all diesem Chaos ist man froh, dass sich die Gerichte und nicht das Parlament nun um den - offensichtlich sehr kleinen - harten Kern der zahllosen Vorwürfe zu kümmern haben. Und nicht Parlamentarier, die selber im Zwielicht stehen.

All das sind Teile der politischen Debatte eines einzigen Tages: Wen wundert da eigentlich die österreichweite Politikerverdrossenheit?

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