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Rot und Schwarz haben einen Entwurf für eine gemeinsame Ausbildung aller Lehrer vorgelegt. Dieser enthält zwar manches Interessante, vergisst aber weiterhin auf die zwei größten Problemkreise im Spannungsfeld Lehrer-Schule.
Sehen wir einmal über die wahre Intention hinter dem Projekt hinweg, nämlich auf diesem Weg eine entscheidende Bresche im Kampf für die Einheitsschule zu schlagen, die acht Jahre alle Kinder in die selben Klassen zwingt – bis auf jene Privilegierten, die sich eine Privatschule leisten können. Da die ÖVP ja seit längerem über keine Bildungspolitik mehr verfügt (sieht man von jenen steirischen Sozialdemokraten mit schwarzem Parteibuch ab, die Claudia Schmied links überholen), wird ihr das ja nicht einmal auffallen. Und den anderen (zwei, drei?) Parteien rechts der Mitte schon gar nicht.
Sehen wir auch darüber hinweg, dass das Ganze natürlich vor allem einmal für den Steuerzahler teuer werden wird – werden doch in jedem Fall (also noch bevor irgendeine erhoffte Qualitätsverbesserung eintritt) die Gehälter der Pflichtschullehrer sofort an jene der AHS-Kollegen nach oben angepasst werden.
Dennoch ist es prinzipiell positiv, wenn die bisher allzu theoretische Ausbildung der AHS- und BHS-Lehrer durch Kenntnisse des pädagogischen Handwerks verbessert wird. Auch umgekehrt wäre der oft blamable Wissensstand der Pflichtschullehrer dringend verbesserungsfähig. So sind etwa ihre Rechtschreibfähigkeiten vorsichtig ausgedrückt suboptimal. Ebenso packt einen ob der Fremdsprachen- oder Geschichtskenntnisse dieser Lehrer oft das Grauen. Freilich: Zunehmend merkt man auch bei Uni-Absolventen skandalöse Defizite selbst in jenen Disziplinen, die sie angeblich studiert haben. Von der Beherrschung der eigenen Muttersprache gar nicht zu reden, wo offenbar schon jetzt das Niveau auf das der Zuwanderer abgesenkt worden ist.
Auch über den nun vorgeschlagenen zweijährigen Turnus für jeden Lehrer sollte man reden – der aber vorerst kaum mehr als eine Ausdehnung des bisherigen Probejahrs zu sein scheint.
Viel Wichtigeres wird hingegen ignoriert: nämlich die Lebens- und Praxisferne der allermeisten Lehrer. Sie haben in der Regel ihr Leben lang nie etwas anderes als Klassenzimmer gesehen. Der einzige gravierende Unterschied zwischen den einzelnen Phasen eines Lehrerlebens vor der Pension ist, dass er einmal diesseits, einmal jenseits des Katheders sitzt. In dieser Ferne zum wirklichen Leben wurzelt ein Gutteil der blauäugigen Wirtschaftsfeindlichkeit der Lehrer und ihrer großen Anfälligkeit für grüne und sozialromantische Welterklärungsmodelle. Egal, welche Parteien sie wählen.
Als einer meiner Söhne einst aus der Volksschule mit der Forderung nach Hause gekommen war, dass alle Fabriken zugesperrt und daraus Museen gemacht werden sollten, begriff ich: Wenn ich meinen Kindern etwas fürs Leben mitgeben will, muss ich ihnen intensiv auch ökonomische Zusammenhänge und ein realistisches Bild der Arbeitswelt zu vermitteln versuchen. Wer sich da auf die Schule verlässt, ist verlassen.
Wenn die Reform also wirklich eine qualitative Verbesserung des Unterrichts bringen soll, dann wäre es wohl die beste Idee, nur noch diejenigen als Lehrer anzustellen, die mindestens zwei Jahre in einem Beruf ganz weit weg von Klassenzimmern ihr Geld verdient haben, gleichgültig ob als Postbote, Krankenschwester, Verkäufer oder Tennistrainer. Und zwar in Vollzeitjobs oder im Idealfall gar in der Rolle eines Selbständigen.
Ich würde jedenfalls – hätte ich noch einmal Kinder in eine Schule zu schicken – in jedem Fall eine Schule vorziehen, die ihren Lehrern alternativlos ein solches Vorleben im wirklichen Leben abverlangt. Am Rande sei vermerkt, dass ein solches Praxiserfordernis auch bei jedem Richter sehr sinnvoll wäre.
Zunehmend sind wir auch noch mit einem zweiten Problem konfrontiert: nämlich mit der heute schon oft rein weiblichen Besetzung der Lehrerzimmer. Das ist unbestreitbar pädagogisch alles andere als optimal. Dieses Missverhältnis würde sich wohl schon ändern, wenn Lehrer wirklich wöchentlich ihre 38 Stunden im Schulgebäude verbringen müssten. Dann wäre der Job nicht mehr ein so idealer Fall für die Kombination mit der Mutterrolle.
Noch wirksamer wäre es, wenn man ein wenig Geld von den teuren Frauenförderungsprogrammen auch zur Motivierung von Männern verwendete, den Lehrerberuf zu ergreifen. Am wirksamsten wären natürlich direkte Gehaltsprämien, bis die Männer wenigstens wieder ein Drittel aller Junglehrerposten besetzen. (anstelle von „Männerbeauftragten“ – denn bei den Frauen sieht man, dass die Frauenförderung nur den Frauenbeauftragten&Co nutzt, den restlichen Frauen aber völlig egal ist).
Freilich: Das würde zwar unseren Kindern nutzen, die oft bis zum Berufseinstieg (oder zur Universität) fast nur von Frauen betreut werden, was jungen Männern zusätzliche Identitätsprobleme macht. Das würde aber erstmals die Mär zur Wahrheit machen, dass Frauen für die gleiche Arbeit weniger Geld bekommen.
Daher wird sich kein Politiker trauen, daran auch nur zu denken. Daher stehen wir hilflos – wenn auch voll Empörung – weiterhin einem „gegenderten“ Schulsystem gegenüber, das auch Buben gegen ihren Willen in die Verkleidung einer süßen Prinzessin zwingt, nur um ihnen ihre bubenspezifische Identität abzutrainieren. Oder das den KinderInnen als einzige offenbar relevante Rechtschreibregel das unlesbare, dem Duden und der gesamten Sprachkultur widersprechende Binnen-I einbläut. Dem Genetiv und das Stil sein da wurscht.