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Ist es nur Chaos pur, wenn nun schon drei Fraktionen als Erbe der einstigen Freiheitlichen Partei im Parlament sitzen? Falls nicht morgen wieder alles anders ist.
Tatsache ist jedenfalls, dass sich selbst erfahrene politische Beobachter heute schon sehr schwer tun damit, den dritten Haufen der heimischen Politik zu beobachten (das Wort „Lager“ wäre hier eher unangebracht, weil es eine gewisse Ordnung insinuieren würde). Wer kann etwa noch von allen dort tätigen Politikern genau sagen, wer wann zu welcher Partei gehört hat und wer sich wann über wen öffentlich voller Hass geäußert hat? Wahrscheinlich wissen sie es selbst nicht mehr alle.
Am besten lässt sich die Politik seiner diversen Erben durch Jörg Haider selbst verstehen: „Man wird doch noch einen Spaß machen dürfen“, sagte er einmal, um eine ganz unsinnige Wendung seiner Politik zu erklären, die er nach wenigen Tagen wieder schubladisiert hat. Da ist nichts wirklich unverrückbar, man schlägt sich, man verträgt sich.
Auch die jetzige Fusion verwechselt Spiel mit Politik. Wenn der Herr Scheuch den Herrn Bucher nicht mag, gründet man halt wieder einmal eine neue Partei. Und ist beim nächsten Streit wieder eine Partei weiter. Parteimitgliedschaften sind da nur noch im Sinne einer Lap relevant, als Lebensabschnittspartei.
Es geht bei FPÖ & Co nirgendwo um dauerhafte Werte. Allerdings auch nicht um Neonazitum. Dieses Gerede brauchen nur Rot und vor allem Grün, die ja glauben, im ständigen Schwingen der Antifaschismuskeule wenigstens einen letzten unverrückbaren Wert ihrer Identität gefunden zu haben.
Es gibt keine einzige inhaltliche politische Position, die im Dritten Lager konstant vertreten worden wäre. Auch in der Kärntner Ortstafelfrage, die von manchen als eine solche Konstante gesehen wird, hatte Haider mit Schüssel, dem Kärntner Heimatdienst und der Mehrheit der Slowenenparteien einst schon eine absolut verfassungskonforme Lösung paktiert – die aber dann an Alfred Gusenbauer gescheitert ist, der Schüssel keinesfalls den Erfolg zukommen lassen wollte, dass dieser eine Lösung des ewigen Problems geschafft hätte.
Zusätzlichen Nutzen bringt diese Aktion in Tagen, da das BZÖ, Kärnten und auch der Nachruhm Haiders auf dem Tiefpunkt angelangt sind, als perfektes Ablenkungsmanöver. Nun hat man es zumindest für eine Zeitlang geschafft, die Hypo-Affäre zumindest aus den Schlagzeilen zu bringen.
Natürlich hat das von Scheuch und Strache angesprochene CDU/CSU-Modell seinen Reiz. Man bekämpft sich nicht mehr mit oft abschreckender Wirkung für den Wähler, sondern teilt die Bundesländer im Verhältnis 8:1 auf. Im Widerspruch zu diesem Modell steht jedoch, dass das Kärntner BZÖ – nach dem derzeitigen Stand der internen Meinungsbildung – nicht vorhat, in die FPÖ-Fraktion zu wechseln, sondern eine eigene bilden will. Als dritte im dritten Lager. Das ist absolut nicht das CDU/CSU-Modell, denn diese bilden durchaus eine gemeinsame Fraktion.
Die Existenz von drei Fraktionen ist zwar leicht lächerlich, aber in mehrfacher Hinsicht vorteilhaft: Erstens bekommt man jetzt in der Summe mehr Geld aus der Staatskassa trotz deren gähnender Leere, weil der Klubstatus extra honoriert wird (eigentlich ein nur schwer nachvollziehbares Privileg, das offenbar einst geschaffen wurde, um wilde Abgeordnete zu bestrafen, obwohl gerade die einen Infrastrukturbedarf hätten). Zweitens aber kann das rechte Lager dann schon mit dreifacher Besetzung in all die Fernseh-Diskussionen vor einer Wahl gehen. Der ORF gibt da nämlich kleinen Fraktionen genausoviel Auftrittsmöglichkeiten wie den großen. Damit wollte man wohl einst den Grünen helfen, jetzt wird man sich schwer tun, das den drei Rechtsparteien zu verweigern. Freilich wird kein Mensch mehr die Diskussions-Sendungen ansehen, wenn 15-Mal unterschiedliche Parteien gegeneinander antreten werden.
Wieder einmal sehr seltsam klingt jedenfalls die Reaktion Ewald Stadlers. Erstens will der Rest-BZÖ-Mann nun doch ins EU-Parlament – obwohl er das aus Protest gegen den Lissabon-Vertrag nicht tun wollte, wie er mehrfach intensiv beschworen hatte. Jetzt aber geht es offenbar darum, ein Nachrücken des nächstplatzierten Kandidaten zu verhindern, nämlich eines BZÖlers aus Kärnten, der offenbar auch zur Scheuch-Gruppe gehört. Der Abgang des aggressivsten Parlamentariers im Nationalrat dürfte freilich auch in seinem Rest-BZÖ viele klammheimlich freuen.
Gleichzeitig präsentierte Stadler auch eine besonders originelle Erklärung für die Wende der Kärntner BZÖ: Dies sei eine Intrige der ÖVP, der die Kärntner wegen der Hypo-Krise nachgeben mussten. Mit anderen Worten: Laut Stadler will die ÖVP jenes BZÖ schwächen, das eigentlich nur wegen der Aufrechterhaltung der ÖVP-geführten Koalition ins Leben gerufen worden war. Und die ÖVP will laut Stadler nun ausgerechnet H. C. Strache stärken, der als unüberwindliches Hindernis für ein schwarz-blaues Bündnis gilt. Krauser geht’s nimmer – dennoch analysiert der ORF voll Panik gleich die Frage, ob sich Schwarz-Bau jetzt ausgehen wird.
In Wahrheit wird es für die ÖVP durch die Neuentwicklung sehr unangenehm werden. Denn nun steht ihr in allen Bundesländern eine starke nationalkonservative Allianz Strache-Scheuch gegenüber (einmal angenommen, sie zerstreiten sich nicht wieder gleich). Diese Allianz kann die Volkspartei in vielen einst schwarzen Kernpositionen, die sie unter Pröll abgeschwächt hat, angreifen (vom Südtiroler Selbstbestimmungsrecht über den schwächer werdenden VP-Widerstand gegen die Gesamtschule bis zur Schwulenehe mit allen Privilegien, die eigentlich nur für Familien mit Kindern legitim sind). Gleichzeitig wird die FPÖ aber auch weiterhin mit populistischen Forderungen auf der anderen Seite der SPÖ Stimmen abnehmen.
Das Rest-BZÖ bedeutet den ersten Versuch einer rechtsliberalen Partei. Dieser könnte nun ohne Kärnten (und ohne Stadler?) eine Spur mehr Glaubwürdigkeit gewinnen. Freilich zweifelt man, ob es im Rest-BZÖ auch nur irgendeinen Parlamentarier geben könnte, der Hayek, Erhard, Mises, Friedman, Böhm-Bawerk oder Schumpeter zumindest durchgeblättert hat. Das ist noch ein sehr weiter Weg, aus diesem Grüpplein eine glaubwürdige liberale Partei zu formen. Höchstwahrscheinlich wird sie vorher aus dem Parlament fliegen.
Aber es gibt dennoch keinen Zweifel, dass die ÖVP in letzter Zeit auch bei klassisch liberalen Wählern an Bindungskraft verloren hat. Das ist Folge der allzu bäuerlichen Dominanz in der Partei und der unkritischen Bindung an eine SPÖ, die unter Faymann sicher den absoluten Absturz in Sachen Wirtschaftskompetenz vollzogen hat.
Interessant ist jedenfalls, dass die FPÖ zum erstenmal in ihrer Geschichte tiefstapelt: Sie spricht von der Erringung des zweiten Platzes als Ziel, hat aber in Wahrheit durchaus Chancen auf den ersten Platz. Was man sich bewusst machen sollte, unabhängig ob man das für gut oder schlecht hält.