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Kündigungsgeschützt in den Streik?

Die Beamte drohen mit Streik und haben nun die entsprechenden Beschlüsse gefasst. Was bedeutet das? Populärer werden sie damit nicht – aber sie werden wohl Wirkung erzielen. Worum wir uns aber alle drücken, ist folgende Frage: Wozu brauchen wir die Beamten überhaupt?

Zweifellos ist nichts leichter, als sich bei vier Fünftel der Bevölkerung damit populär zu machen, indem man auf das fünfte Fünftel der Berufstätigen, nämlich die Beamten, losdrischt. Dafür gibt es auch genug Motive – die vor allem mit der unterschiedlichen Rechtsstellung der Beamten und Vertragsbediensteten zusammenhängt. Aber gleichzeitig schlummert in uns allen das Bewusstsein, dass die Qualität der Republik sehr stark von der Qualität der Beamten abhängt. Und da steht im internationalen Vergleich der öffentliche Dienst in Österreich noch immer relativ erfreulich da. Bei aller berechtigten Kritik.

Dennoch ist jeder Schritt notwendig, der die Gleichbehandlung von Beamten sowie Vertragsbediensteten und normalen Berufstätigkeiten vorantreiben kann. Daher war es richtig und positiv, dass die Beamten unter Schwarz-Blau auf das allgemeine ASVG-Pensionssystem umgestellt worden sind – wenn auch mit sehr langen Übergangsfristen. Daher scheint es umgekehrt eher schwer verständlich, dass Beamten und Vertragsbediensteten derzeit deutlich schlechtere Gehaltserhöhungs-Angebote gemacht werden, wenn alle anderen Gruppen fast einheitlich 1,5 Prozent mehr bekommen.

Dass diese 1,5 Prozent freilich in der gegenwärtigen Wirtschaftslage für alle Gruppen viel zu hoch sind, sollte uns auch bewusst werden. Wenn die Gesamtwirtschaft um 3,5 Prozent schrumpft und die Inflation (noch?) extrem gering ist, dann bedeuten diese 1,5 Prozent unweigerlich eine saftige Reduktion der angebotenen Arbeitsplätze. Denn jeder einzelne Arbeitsplatz-Besitzer nimmt sich mit einer solchen Erhöhung fünf Prozent mehr aus dem allgemeinen Kuchen heraus, als sein Anteil bisher ausgemacht hat.

Das auch vom Beamtenchef Neugebauer bemühte Gewerkschafts-Argument, dass man über höhere Löhne den Konsum und damit auch Arbeitsplätze sichern kann, bleibt ein Nonsens. Denn der österreichische Konsum geht zu 60 Prozent in den Import (in Amerika hingegen nur zu rund 10 Prozent!), und eine Verteuerung der Arbeit verschlechtert daher vor allem die Konkurrenzfähigkeit im Export – und im öffentlichen Bereich die Schulden auf die Zukunft.

Zurück zu den Beamten. Hier ist weniger die Gehaltserhöhung das Ärgernis für die anderen vier Fünftel, sondern - gerade in Zeiten wie diesen - die Unkündbarkeit im öffentlichen Dienst. Wenn eine große Gruppe von Menschen um ihren Arbeitsplatz bangen muss, dann wird die absolute Job-Sicherheit im öffentlichen Bereich besonders stark als Provokation empfunden.

Daher glaubten viele, dass mit der vor einigen Jahren beschlossenen Einschränkung der Pragmatisierung ein Ende dieses Privilegs eingetreten ist. Es gibt ja kaum Außenstehende, die sich in den Finessen des öffentlichen Dienstrechts auskennen. Erst langsam spricht sich die Wahrheit herum, nämlich dass der Jubelruf "Ende der Pragmatisierung" einer der erfolgreichsten Schmähs des öffentlichen Dienstes gewesen ist. Denn auch Nichtpragmatisierte sind felsenfest in ihren Job einbetoniert.  Doch die  Außenwelt glaubt, dass Vertragsbedienstete (also die Nicht-Pragmatisierten) genauso kündbar seien wie alle anderen Angestellten. Erst langsam wird den Bürgern bewusst: Dass ein Vertragsbediensteter noch viel schwerer von seinem Arbeitsplatz zu entfernen ist als ein Beamter.

Das ist aber genau das Gegenteil von dem, was sich alle von dieser Änderung erwartet haben.

Es gibt freilich ein starkes Gegenargument gegen eine Erleichterung der Kündigungsmöglichkeit. Denn der auf die Einhaltung der Gesetze verpflichtete Teil des öffentlichen Dienstes ist nur durch den Kündigungsschutz vor politischer Willkür, vor parteipolitischen Säuberungen und Druckversuchen geschützt, einen behördlichen Bescheid in bestimmter Weise zu erlassen.

Dem steht aber freilich ein anderes mindestens ebenso starkes Argument gegenüber: Kündigungsschutz führt praktisch immer zu einer deutlichen Reduktion des Fleißes und Engagements, zu geringerer Kundenorientierung, zu bisweilen sogar schikanösem Verhalten gegenüber den Untertanen, zu einer oft extremen Ausnutzung aller sozialen Schutzbestimmungen von der Kur über den Pflegeurlaub bis zur Frühpension. Lauter Ansprüche, die in der Privatwirtschaft viel, viel seltener genutzt werden.

Wie nun soll mit diesem Widerspruch umgegangen werden? Die Kompromiss-Formel kann wohl nur heißen: Völlige Gleichstellung von Beamten und Nicht-Beamten in Hinblick auf die grundsätzlichen Kündigungsmöglichkeit; jedoch verbunden mit der gleichzeitigen Möglichkeit, eine Kündigung beim Nachweis eines parteipolitischen oder korruptionsartigen Motivs abwehren zu können.

Ob wir jemals diese Debatte sauber führen werden können, damit der öffentliche Dienst endlich wieder so respektiert wird, wie er es verdient?  Und damit in der Öffentlichkeit der Eindruck schwindet, es gäbe eine breite und privilegierte Mandarinen-Kaste weit über den Köpfen der Steuerzahler.

Daneben wäre noch bei einem weiteren (kleinen) Bereich eine Erweiterung von sogar politisch motivierten Kündigungs- oder zumindest Versetzungs-Möglichkeiten sinnvoll: Jener Teil der Ministerien, der einen Minister (einen Landesrat) politisch direkt unterstützen soll. Das wären etwa die Öffentlichkeitsarbeit oder die Bereiche, die neue Gesetze ausarbeiten sollen. Also überall dort, wo es mehr um die politische Gestaltung als um die Erlassung von Bescheiden geht.

Dort ist derzeit die Situation extrem frustrierend: Wenn Mitarbeiter aus welchen Gründen immer mit dem jeweiligen Minister nicht zusammenpassen oder sein Vertrauen verlieren, kann der Ressortchef einen Beamten nur links liegen lassen und durch aufgeblähte Kabinette oder Aufträge an externe Experten einen Bypass an den Beamten vorbeibauen. Das ist extrem teuer, während die formal zuständigen Beamten zugleich arbeitslos und frustriert herumsitzen.

Deutschland hat genau deswegen seit langem das System politischer Beamter. In den USA werden bei einem Präsidentenwechsel sogar bis zu 5000 Beamte ausgetauscht. Warum soll man das alles nicht auch in Österreich diskutieren können, ohne als Beamtenfeind dargestellt zu werden?

Statt dessen wird hier nur über eine einzige sinnvolle Reform diskutiert: Eine Gehaltsreform, die den jüngeren Beamten mehr Geld, den älteren aber weniger bringen soll. Was auf viele Jahre vor allem anderen einmal sehr teuer wäre.

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