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Das Audimax ist geräumt und die Weltrevolution hat nicht stattgefunden. Denn die Weltrevolutionäre sind längst nach Norden abgereist zu Muttern und dem dort auf sie wartenden Pfannkuchen. Und die im Audimax untergebrachten Sandler müssen sich eine neue Wärmestube suchen. Ende gut, alles gut?
Gewiss: Die Audimaxisten stehen als Teilzeit-Revolutionäre ziemlich lächerlich da. Sie konnten ja im Grunde von Anfang an - allen Jubelartikeln zum Trotz - nicht für „die Studenten“ sprechen, sondern nur für die paar Dutzend und manchmal Hunderten jungen Menschen, die sich im Audimax versammelt hatten. Dieses ominöse „Plenum“, von dem plötzlich alle Macht in der Bildungspolitik ausgehen sollte, erinnerte verdammt an die kleinen Kader der Arbeiter- und Bauern-Räte, die 1917 in Russland die Macht gegen den Willen der Mehrheit an sich gerissen hatten. Dass überdies besonders viele Deutsche und besonders viele Exponenten von Studienrichtungen mit extrem zweifelhafter wissenschaftlicher Qualität im Audimax aktiv waren (Politologie, Publizistik usw.), macht die neuen Sowjets auch nicht gerade glaubwürdiger.
Genauso lächerlich haben sich Zeitungen wie „Österreich“, „Heute“, „Standard“ und „Falter“ sowie der ORF gemacht, die jene Besetzungen zumindest anfangs als einen großen historischen Aufbruch in neue Zeiten bejubelt hatten. Das Audimax stellte für manche Leitartikler sogar die Oktoberrevolution in den Schatten (Und nur „Standard“ und „Falter“ können sich dabei wenigstens zugute halten, dass bei ihren Lesern die Mehrheit tatsächlich mit dem Audimaxismus sympathisiert hat).
Blicken wir auf die andere Seite, so ist aber auch die Obrigkeit alles andere als glaubwürdig. Eine Obrigkeit, die sofort falsch geparkte Autos abschleppen lässt, die jeden kleinen Greißler in den Konkurs schickt, wenn er die Sozialversicherungsbeiträge nicht zahlt.
Denn es liegt auf der Hand, dass man für die Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände recht feige den Zeitpunkt abgewartet hat, da die Uni ferienbedingt geleert ist. Die nun hochgespielten Sicherheitsprobleme gab es natürlich schon von Anfang an. Und ausgerechnet in der Urlaubszeit fallen ja keine teuren Kosten mehr für die Anmietung von Lehrsälen außerhalb der Universität an – womit gerade jetzt einer der wichtigsten Gründe für die Räumung des Audimax an Bedeutung verloren hat.
Was aber macht der vorweihnachtlich mutig erwachte Rektor, wenn der Zauber nach der Rückkehr aus den Ferien wieder losgehen sollte? Wartet er dann erneut tatenlos, bis sich im Februar wieder die Unis ferienbedingt leeren?
Wer nur durch die Hintertür Stärke zeigt, der hat im Grunde ja nur Schwäche, keinesfalls Führungsstärke demonstriert. Und der provoziert die Gegenseite dazu, weiterhin die Grenzen des Möglichen über alle gesetzlichen Limits hinaus auszureizen. Der Weg Georg Wincklers war und ist falsch, auch wenn ihn nun manche als einen besonders raffinierten „österreichischen Weg“ bejubeln mögen.
Besonders blamiert steht Johannes Hahn, der Wissenschaftsminister, da. Er hat mit der plötzlichen Ankündigung, 34 Millionen Euro zusätzlich auf den Tisch zu legen, die Besetzungen in hohem Ausmaß, wenn auch nur indirekt und nur aus politischer Kurzsichtigkeit heraus legitimiert. Wer Erpressungen einmal nachgibt, der motiviert ja immer nur weitere Erpressungen. Und dass der im Geiste schon lange nach Brüssel abgerauschte Hahn damit jeden frei verfügbaren Euro seines Nachfolgers auf zwei Jahre wegversprochen hat, ist besonders stillos. Es ist daher auch kein Wunder, dass sich seit Wochen niemand für die Hahn-Nachfolge bereitfindet. Und Es ist ein klarer politischer Fehler des ÖVP-Chefs Josef Pröll, Hahn nicht sofort ausgetauscht zu haben.
Mindestens ebenso genant ist die Rolle vieler Professoren, vieler Mittelbau-Angehöriger, wobei sich lediglich die Wirtschafts- und Technische Universität in Wien und einige kleine Hochschulen wie die in Leoben positiv abheben: Sie haben sich, teils durch Erklärungen in Vorlesungen, teils durch Resolutionen solidarisch mit den Besetzern gezeigt oder zumindest feige geschwiegen. Bei allem Verständnis für das Interesse jedes Uni-Angehörigen, mehr Geld und mehr Dienstposten zu bekommen, so ist die Botschaft, die damit den jungen Menschen (die theoretisch die künftige Elite Österreichs darstellen sollten) vermittelt wurde, doch katastrophal. Sie lautet: Das Ziel heiligt die Mittel, auch wenn sie rechtswidrig sein mögen.
Das Engagement vieler Uni-Lehrer ist aber auch nur dann bemerkbar, wenn es mit linker Rhetorik verbunden werden kann. Denn von den gleichen Professoren und Mittelbauern hörte man fast nie Worte der Kritik an der SPÖ, obwohl diese die Hauptschuldige an den Zuständen an der Uni ist: Die SPÖ trägt die Hauptverantwortung für die Abschaffung der Studiengebühren, die den Unis viel Geld gekostet haben; die SPÖ ist hauptschuld, dass in Österreich der Zugang zu fast allen Studien keiner quantitativen oder qualitativen Beschränkung unterliegt; und der SPÖ-vorsitzende Werner Faymann hat öffentlich "Verständnis" für die Besetzer geäußert. Während die Grünen, die dieselbe Politik betreiben, sich ja im Grund ohnedies nur als eine Klassen-Partei der Studenten verstehen, hat die SPÖ damit überdies auch ihre Stammwähler, die Arbeiter (also Menschen ohne Uni-Besuch), verraten, die das Gratisstudium mitfinanzieren müssen.
Jede Wette, das Bild wäre ein ganz anderes, hätte Österreich noch Politiker mit Führungsqualität wie Bruno Kreisky oder Wolfgang Schüssel.