Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Werner Faymann will nun Benita Ferrero-Waldner und nicht Willi Molterer in der EU-Kommission. Das ist ein ziemlich klarer Beweis, wie kaputt diese Koalition in Wahrheit schon ist.
Die plötzliche Ferrero-Liebe Faymanns ist nämlich nur als ein weiterer Nadelstich unter den Koalitions-„Partnern“ zu interpretieren. Denn würde Faymann – wohl als einziger – wirklich ehrlich an die überlegene Qualität Ferreros glauben, hätte er das ja schon vor einem halben Jahr sagen können. Bevor sich Ferrero noch in den peinlich schiefgelaufenen Kampf um die Unesco-Leitung gestürzt hatte.
Aber Faymann tut das erst jetzt als offensichtlichen Versuch, seinen Koalitionspartner zu demütigen. Was daraus freilich eine Nagelprobe für Josef Pröll macht. Denn die ÖVP hat vor einigen Monaten ohne eine Sekunde erkennbaren Widerstands zugestimmt, dass der österreichische Richter im Europäischen Gerichtshof nicht mehr Peter Jann (=tiefschwarz), sondern Maria Berger (=knallrot und ohne jede richterliche Vorerfahrung) heißt.
Wieder einmal – wie so oft bei Vereinbarungen in Personalfragen – ist die ÖVP nun offensichtlich der SPÖ hineingefallen, die sich nicht an Vereinbarungen hält (die in diesem Fall gelautet haben: Den Vorschlag für die EuGH-Besetzung macht die SPÖ, den für die Kommission die ÖVP). Und die SPÖ versucht dies auch noch mit Hilfe ihres großen mit Steuergeldern erkauften medialen Umfelds als qualitätsorientierte Entscheidung darzustellen.
So wie in allen früheren großen Koalitionen haben sich nun beide Seiten mit ihren Wünschen in der Öffentlichkeit eingegraben. Und können nur unter großem Gesichtsverlust zumindest für eine Partei zurück. Bei der Verliererpartei aber wird künftig zweifellos die Lust zu Racheoperationen steigen.
Gibt Faymann nach, wird er noch weniger bereit sein, sich für die dringend notwendigen Sanierungsreformen, die Verwaltungs- oder ORF-Reform einzusetzen.
Warum sollte umgekehrt die ÖVP als Verliererin in Sachen EU-Kommission beim Freiwerden von Positionen im Verfassungsgerichtshof nicht versuchen, mit Blau und Orange eine bürgerliche Persönlichkeit zu nominieren, auch wenn es sich um einen traditionell „roten“ Posten handelt? In der Verfassung steht jedenfalls nichts von einem solchen Richterproporz.
Das alles aber hatten wir unter Klima oder Gusenbauer doch schon längst.
Zurück zur Kommissarsbesetzung. Gewiss könnte man fragen, warum entscheiden überhaupt Parteien über diese Funktion. Ich kenne freilich keine sinnvolle Alternative. Wer wäre denn besser für solche Entscheidungen legitimiert als die unbestreitbar demokratisch ins Amt gekommenen Politiker? Mir fällt auch keine Persönlichkeit ein, die als Parteiunabhängiger wirklich ein besseres politisches Vortraining für die Arbeit in der europäischen Regierung hätte als ein gestandener Politiker. Die EU-Kommission ist nun einmal eine politische Institution und nichts für politische Amateure.
Wolfgang Schüssel, wohl auch Alfred Gusenbauer wären unter dem vorhandenen Personal am besten geeignet, in Brüssel eine starke Rolle zu spielen. Beide aber dürften wohl auch dann Nein sagen, wenn sie ernsthaft gefragt würden. Was aber sicherheitshalber ohnedies nicht passieren wird.
Gusenbauer hat jedenfalls das Geldverdienen entdeckt (was bei so manchen ehemaligen Politikern erstaunlich viel einbringt); und Schüssel hält sich für höhere internationale Aufgaben in Reserve (die sich freilich nirgendwo abzeichnen).
Hinter diesen beiden aber sind Molterer, Plassnik, Bartenstein zweifellos die besten Kandidaten, jeder mit eigenen Vor- und Nachteilen.
Und was spricht gegen Ferrero? Ist sie doch fleißig, korrekt, pflichtbewusst und ambitioniert.
Sie strahlt aber bei jeder Aktion Unsicherheit aus; sie hat es nie verstanden, eigenständige Akzente zu setzen; sie war nie durchsetzungsstark. Ihre Gloriole als Märtyrerin während der Sanktionenmonate 2000, als die wohlerzogene Dame rüdem Mobbing von Außenministerkollegen ausgesetzt war – diese Gloriole ist verschlissen.
Letztlich war Ferrero nie mehr als ein brave Diplomatin, keine Politikerin. Umso mieser auch ihr gegenüber, wenn sie jetzt zur Schachfigur im heimischen Intrigenspiel wird.