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Broder, die Provokation

Henryk M. Broder ist einer der spannendsten deutschen Kolumnisten. Provokant, prowestlich, proisraelisch, antilinks bis zur Schmerzgrenze. Dennoch habe ich bei seiner jüngsten Aktion erst einmal intensiv zu prüfen versucht, ob die Meldung nicht eine bewusste Falle irgendwelcher als Künstler getarnten Provokateure ist.

So wie es dieser Tage bei der als rechts getarnten Werbung für einen linken Agitationsfilm passiert ist, auf die einige sogenannte Qualitätsblätter prompt hineingefallen sind, indem sie flügelschlagend die erwünschte politisch korrekte Empörung (=Werbung für den Film) geliefert haben. Aber die Berichte über Broder scheinen zu stimmen, es sei denn, dass Broder selbst zum Günter Wallraff geworden wäre, zum professionellen Tarner und Täuscher.

Broder will neuer Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland werden. Und begründet seinen Wahlkampf mit Argumenten, die ihm zweifellos den Vorwurf einbringen werden, rechten Antisemiten neue Munition zu liefern.

Dabei ist die brutale, wenn auch oft einsame Ehrlichkeit vieler Stellungnahmen Broders in dieser ziemlich verlogenen Welt seit Jahren wohl das beste Mittel, viele Philosemiten zu schaffen.

Er wirft dem bisherigen Zentralrat jedenfalls vor, zu einer „Reue-Entgegennahme-Instanz“ geworden zu sein, die ohne  Schamgrenze „Unbedenklichkeitserklärungen“ ausstellt. Broder will sich auch dafür einsetzen, dass der Straftatbestand der Holocaustleugnung aufgehoben wir. Diese Gesetze seien zwar gut gemeint, aber kontraproduktiv gewesen, „indem es Idioten dazu verhilft, sich als Märtyrer im Kampf um die historische Wahrheit zu inszenieren.“

Präziser kann man es kaum formulieren, auch wenn man nicht die Wortwahl Broders teilt. Es ist einfach lächerlich und ein Widerspruch zu allen Werten der Aufklärung, dass historische Fakten, wie es die geplante, durchorganisierte Ermordung vieler Millionen Juden durch die Nationalsozialisten ist, mit dem Strafgesetz durchgesetzt werden. Genau solche Gesetze führen ja bei vielen Menschen zum gegenteiligen Schluss: Dass irgendetwas an den Fakten doch nicht stimmen würde, wenn sie mit solchen Methoden verteidigt werden müssen.

Wir gehen ja zu Recht auch nicht gegen jene Dummköpfe vor, welche die Mondlandung für eine Fiktion halten oder die Zerstörung des New Yorker World Trade Centers oder die gezielte Ermordung von Millionen Menschen durch die Kommunisten. Auch wenn es schon manche gibt, welche die Leugnung der "menschengemachten Klimakatastrophe" unter Strafe stellen wollen. Aber noch bin ich auf freiem Fuß, obwohl ich in diesem Punkt ein Leugner und daher - vielleicht - auch ein Dummkopf bin.

Genau die gleiche Argumentationslinie vertrat einst übrigens auch Bruno Kreisky, der vehement davor warnte, rechtsradikalen Holocaust-Leugnern – oft minderbemittelte Berufsschüler – den Gloriolenschein eines vom Strafgesetz verfolgten Verkünders irgendwelcher dunklen Geheimnisse zu geben. Heute hingegen wagen in Österreich jüdische wie nichtjüdische Gesprächspartner solche Gedanken nur noch hinter doppelt vorgehaltener Hand zu äußern.

Eine zusätzliche Pikanterie ist, dass viele jener, die sich mit einem besonders aggressiven Unterton der Empörung für eine möglichst strenge Bestrafung von Holocaustleugnern einsetzen, zugleich besonders aggressiv Israel kritisieren. Obwohl jedem klar ist, dass Israel beim kleinsten Signal von Schwäche von der Landkarte vertrieben würde (weshalb die Selbstverteidigung Israels fast unweigerlich zu hässlichen Übergriffen führt).

Aber wer wird schon Solidarität mit den lebenden Juden hegen, wenn man mit den toten so herrlich leicht zum Meister aller Moralklassen wird.

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