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Es ist 2025 und nicht 1933

Eine der infamsten Lügen der Politagitation ist die ständig bemühte Gleichsetzung der durch Erfolge von AfD und FPÖ gekennzeichneten Gegenwart mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland und dann Österreich. Das ist vor allem einmal ein verbrecherisches Herunterspielen der NS-Verbrechen, die zielgerichtet zu einem Weltkrieg und zur Vernichtung von Millionen Juden, Polen, Christen und vielen anderen Opfergruppen geführt haben.

So sehr es wie bei jeder Partei an AfD in Deutschland und FPÖ in Österreich einige Punkte klar zu kritisieren gibt – insbesondere die üble Kampagne gegen Impfungen und noch mehr die zumindest indirekte Unterstützung des russischen Angriffskrieges –, so wenig gleichen sie den Nationalsozialisten.

Es ist gewiss Tatsache, dass am Beginn und in den ersten Jahrzehnten an der Spitze der FPÖ (beziehungsweise VdU oder WdU) ehemalige Nazis und sogar SS-ler gestanden sind. Aber:

  • Ebenso ist Tatsache, dass sich ab 1949 auch Rot und Schwarz intensivst selbst um die "Ehemaligen" bemüht haben und dass sich beide jahrzehntelang nicht sonderlich um die Rückkehr der geflüchteten Juden bemüht haben.
  • Ebenso ist auch Tatsache, dass in einer einzigen SPÖ-Alleinregierung unter Bruno Kreisky mehr ehemalige NSDAP-Mitglieder gewesen sind als in sämtlichen Regierungen zusammen, an denen die FPÖ beteiligt gewesen ist.
  • Ebenso ist Tatsache, dass nach Jörg Haider das Gerede von Österreich als Teil einer deutschen Kulturnation aufgehört hat, und dass stattdessen heftig die rot-weiß-rote Fahne geschwungen worden ist.

Ein besonders krasser Unterschied ist, dass es bei AfD oder FPÖ keine parteinahen Milizen gibt, die durch die Straßen der Städte marschieren, die Gegner einschüchtern oder verprügeln würden. Ganz im Gegenteil sind AfD-Exponenten in Deutschland selbst oft Opfer linksextremistischer Überfälle.

Es gibt auch nicht den geringsten Hinweis, geschweige denn Beweis, dass durch eine AfD- oder FPÖ-Beteiligung ein Kriegsausbruch näher rücken würde, dass diese Parteien Anspruch auf fremde Territorien erheben – oder ihn sogar durchzusetzen versuchen würden. Das tut in Europa einzig der russische Diktator Wladimir Putin. AfD oder FPÖ sind keine Kriegstreiber – genauswenig wie jene Kriegstreiber sind, die der Ukraine bei der Wiedergewinnung ihrer Souveränität helfen wollen.

Zwar werden bei beiden Parteien immer wieder beklemmende Sympathien für Putin sichtbar.

Zwar lehnen beide die Unterstützung der Ukraine in ihrem Freiheitskampf ab, obwohl dieser auch für das restliche Europa wichtig ist. Aber immerhin haben sie verbal den russischen Überfall verurteilt. Und es gibt auch keinerlei Beweise für die Anschuldigung, dass sie von Moskau finanziell unterstützt würden. Es deutet vielmehr alles darauf hin, dass sie primär deshalb Moskau näher gerückt sind, weil die Gegenseite – vor allem die EU-Führung, aber auch die USA unter einem demokratischen Präsidenten – sie unfair behandelt hat, worauf die beiden Rechtsparteien sich aus kindischem Trotz und verständlichen Einsamkeitsängsten der einzigen Macht angenähert haben, die nicht böse zu ihnen war.

Schon gar keine Hinweise gibt es, dass AfD&Co so etwas Ähnliches wie den Holocaust planen würden. Zwar wird es von ihren Gegnern groß zelebriert, wenn hie und da ein spleeniger Typ "aufgedeckt" wird, der Weltkriegshelme und NS-Orden sammelt, oder wenn in einer Bibliothek alte Liederbücher "gefunden" werden, die NS-Lieder enthalten. Zwar gibt es enge Verbindungen zwischen den beiden Parteien und Burschenschaften mit antisemitischer Vergangenheit. Zwar werden die beiden Parteien von einem Teil der jüdischen Community in einem fast automatischen Reflex strikt abgelehnt. Aber das ist alles nicht einmal der Hauch eines Beweises für irgendwelche geheimen Pläne der beiden Parteien, die an die Nürnberger Rassengesetze, die Judenverfolgung oder gar den Holocaust erinnern würden. Und es gibt auch durchaus etliche Juden in Deutschland oder Österreich, die keinerlei Probleme mit der Wahl von AfD oder FPÖ haben.

Absurd ist es jedenfalls, das Verlangen nach Abschiebung illegaler Migranten mit der einstigen Judenvertreibung zu vergleichen. Denn es richtet sich nicht gegen deutsche oder österreichische Staatsbürger. Denn es richtet sich praktisch nur gegen islamische Immigranten – also einstige Verbündete der Nazis! – die widerrechtlich eingewandert sind, die in Massen für die Errichtung eines Kalifats, also einer islamisch-totalitären Diktatur, demonstrieren, die massiv antisemitisch sind, von denen eine weit größere Gefahr von Verbrechen, Massenvergewaltigungen, Messerstechereien und mit Koran-Zitaten begründeten Terroranschlägen ausgeht als von irgendeiner anderen Migrantengruppe.

Mehr als peinlich ist es auch, wenn sich die Linke bei ihren Attacken auf Berichte eines Verfassungsschutzes berufen, wonach die beiden Rechtsparteien oder sie unterstützende Gruppen wie die Identitären in Teilen "rechtsextrem" wären. Das ist schon deshalb skandalös, weil es sich dabei um Vorwürfe handelt, die nie offengelegt, geschweige denn bewiesen worden sind, weil diesbezügliche Anschuldigungen nie gerichtlicher Nachprüfung standgehalten haben, weil insbesondere der deutsche Verfassungsschutz solche Vorwürfe erst erhebt, seitdem sein Chef aus rein parteipolitischen Gründen gefeuert und durch einen gefügigen Nachfolger ersetzt worden ist.

Die beiden Parteien sind auch wirtschaftspolitisch alles andere als faschistisch. Sie wollen keinen starken Staat, ganz im Gegenteil. Sie sind – bis auf die Person Herbert Kickl – in weiten Strecken libertär, also klassisch liberal.

Sie verachten auch nicht wie die Faschisten die Demokratie, sondern die AfD beklagt sich zu Recht, dass sie undemokratisch ausgeschlossen werden.

Bei nüchterner Betrachtung spricht alles dafür, dass der einzige Hintergrund für alle Kampagnen, dass AfD oder FPÖ "Nazi" seien, die Angst vor allem der Linksparteien davor ist, immer mehr Wähler an diese beiden Parteien zu verlieren. Sie wollen ihre Wähler durch die Nazi-Vergleiche und Errichtung von Brandmauern davon abschrecken, zu diesen Parteien zu wechseln. Und sie begreifen nicht, dass sie durch deren Tabuisierung nur immer noch stärker den Wählerwechsel beschleunigen. Denn AfD und FPÖ stehen heute als einzige Alternative da, wenn man der Regierung den gesenkten Daumen oder den ausgestreckten Mittelfinger zeigen will.

Das wird auch bestätigt durch die klare Entwicklung der Umfragekurven der FPÖ. Diese sind seit Jahren nie so steil gesunken wie im letzten Monat, seit die Volkspartei Verhandlungen mit der FPÖ aufgenommen und sich dann FPÖ-Chef Herbert Kickl als kompromissunfähig erwiesen hat. Dieser Absturz war noch steiler als die FPÖ-Rückschläge während der ersten Corona-Zeit. Die Freiheitlichen haben allerdings zuvor in jener Periode massivst zugenommen, die mit dem Abschuss von Sebastian Kurz begonnen hatte und bis zur Diskriminierung der Partei durch wochenlange Nichtberücksichtigung ihres Wahlerfolgs gegangen war. Insofern war die Linke – von der WKStA bis zum Bundespräsidenten ­– in hohem Maße Wahlhelfer der FPÖ.

Wann lernen die anderen endlich, dass AfD und FPÖ Parteien wie alle anderen mit vielen Fehlern sind? Dass sie durch die dümmliche Stigmatisierung und Ausgrenzung nur gewinnen können, weil die Menschen dabei die durchsichtigen Motive der anderen Parteien erkennen? Dass der Vergleich mit 1933 die dümmste Wahlhilfe für sie ist, weil jeder erkennt, wie verlogen das ist? Dass man sich wie die deutschen Mitte-Parteien CDU/CSU und FDP selbst schwer beschädigt, wenn man parlamentarische Anträge nur deshalb nicht einbringt, weil man fürchtet, die AfD könnte die für ihre Annahme entscheidenden Stimmen  bringen. Der Mainzer Historiker und langjährige CDU-Funktionär Andreas Rödder in der FAZ: "Ein gutes Stück wird nicht dadurch schlecht, dass es Applaus von unerwünschter Seite bekommt."

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