Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung. 

weiterlesen

Unser Unglück: die Gerichtshöfe

Dem ersten Anschein nach hat der österreichische Verfassungsgerichtshof klug entschieden und seine dem EU-Gerichtshof nachempfundene Linie der massiven Förderung illegaler Migration zumindest in einem wichtigen Punkt gelockert: Er hat erstmals seit Machtübernahme der Taliban eine Abschiebung nach Afghanistan erlaubt. Lobeshymnen auf das Einlenken der linkslastigen Richterbank sind aber völlig unberechtigt. Denn gleichzeitig hat das Gericht einen anderen Grund einzementiert, mit dem künftig fast alle weiteren Abschiebungen verhindert werden können. Dabei findet sich in Wahrheit für diese neue Abschiebungs-Verhinderungs-Regel des VfGH in keiner einzigen internationalen Konvention eine Grundlage. Unter Berufung auf den VfGH wird es der österreichischen Asyllobby aber künftig gelingen, über 90 Prozent aller (nach ohnedies langwierigen Instanzenzügen) eigentlich anstehenden Abschiebungen doch wieder zu verhindern. Nicht nur Richtung Afghanistan. Das ist ebenso empörend wie deprimierend.

Denn die Richter haben de facto dekretiert, dass die illegale Einwanderung nach Österreich aus wirtschaftlichen Gründen nicht nur legitim sei, sondern auch als ausreichender Grund zu gelten hat, um hier dauerhaft das Bleiberecht zu erhalten. Dieses aktuelle Erkenntnis des VfGH ist eine absolute Katastrophe, hinter welcher der positive Teil völlig untergeht, dass Afghanistan ab jetzt kein Land mehr ist, in das Abschiebungen völlig unzulässig sind, wie der Gerichtshof in den letzten Jahren ständig dekretiert hatte. Unter Berufung auf die unsicheren und bedrohlichen Verhältnisse in dem asiatischen Land ist das ja bisher die Linie der Judikatur des Verfassungsgerichts und damit notgedrungen die Praxis der österreichischen Behörden gewesen.

Im konkreten Fall geht es um einen Mann, der im Jahr 2022 Kabul verlassen und in der Schweiz (wo er damit schon früher gescheitert ist) wie auch in Österreich internationalen Schutz beantragt hat. Der österreichische VfGH hat nun erkannt, dass sich in Afghanistan die Sicherheitslage verändert hat, sodass keine individuelle Bedrohung des Migranten zu erkennen ist.

Völlig überflüssigerweise hat er, so wie zuvor schon das Bundesverwaltungsgericht bei seinem gleichlautenden Urteil in der Vorinstanz, aber die Abschiebe-Erlaubnis überdies auch mit der guten wirtschaftlichen Lage der Familie des Mannes begründet. Sie besitze in Kabul ein Haus, sowie einen Hof und mehrere Grundstücke; außerdem habe der Migrant selbst vor seiner Ausreise die wirtschaftliche Situation seiner Familie ausdrücklich als gut beschrieben.

Mag schon so sein. Aber genau in dieser Begründung, warum der Mann jetzt abgeschoben werden kann, steckt der explosive Irrweg des Gerichtshofs. Denn mit absoluter Sicherheit werden sich ab jetzt Tausende Einsprüche gegen Abschiebungen nach Afghanistan darauf berufen, dass die Familien der künftig Abzuschiebenden eben nicht so wohlhabend seien wie vom VfGH verlangt. Was in den allermeisten Fällen niemals durch Beweise widerlegt werden kann. Was angesichts der großen Armut des Landes (und aller anderen Herkunftsländer) bei den allermeisten illegalen Migranten auch tatsächlich zutreffen dürfte.

Damit hat der Verfassungsgerichtshof ganz eindeutig endgültig die "Wirtschaftsflüchtlinge" als eigenständige Kategorie anerkannt. Damit können die linke Asyllobby und die vielen mit ihr verbündeten Medien künftig ganz offen zugeben, was sie bisher geleugnet haben: dass die (allermeisten) "Flüchtlinge" nicht politisch, rassisch oder religiös individuell verfolgte Menschen sind (was die Genfer Flüchtlingskonvention als einzige Asylgründe nennt), sondern Wirtschaftsmigranten, die sich bei uns ein besseres Leben versprechen. Und daher da bleiben dürfen.

Denn wären die subjektiven Vermögensverhältnisse rechtlich egal, hätten die Richter in ihrer unermesslichen Weisheit diese ja gar nicht als Grund nennen brauchen, gar nicht nennen dürfen, warum dieser eine betuchte Afghane abgeschoben werden darf. 

Das Bekanntwerden dieses Erkenntnisses trifft auf die gleichzeitige Eskalation von Straßenschlachten von Migrantenbanden in mehreren Problembezirken Wiens, an denen Afghanen führend beteiligt sind. Höchstwahrscheinlich wird da freilich kein einziger der Kämpfer aus der dünnen Oberschicht Afghanistans kommen, die jetzt offenbar als einzige abgeschoben werden kann.

Wenn überhaupt. Denn selbst für diese Fälle gibt es noch ein weiteres Abschiebehindernis: Man kann nach Afghanistan ja jedenfalls nur abschieben, wenn man mit der dortigen Regierung kooperiert. Man kann die Typen ja nicht mit dem Fallschirm absetzen. Aber man kann nicht mit einer Regierung, deren Existenz alle EU-Länder gemeinsam beschlossen haben, nicht zur Kenntnis zu nehmen.

Was nur dumm ist. Diese Regierung ist zwar widerlich. Aber eine andere gibt es halt nicht.

Darüber jetzt plötzlich einen EU-weiten Konsens herzustellen, dass es diese Regierung doch gibt, wird jetzt extrem schwierig, wenn nicht unmöglich sein. Aber immerhin: An diesem Hindernis ist nicht der Verfassungsgerichtshof schuld, sondern die Unbeweglichkeit der EU ... 

Aber zurück zum VfGH. Wenn dieser sein neues Urteil ernst gemeint haben und es nicht nur als Ablenkungsschmäh verfasst haben sollte, dann muss es auch für Syrien gelten. Auch dort herrscht weitgehende Ruhe (wenn nicht gerade die Türken eine Kurden-Siedlung bombardieren). Ganz zufällig sind die Syrer eine weitere Gruppe, die bei den täglichen Wiener Straßenschlachten führend beteiligt gewesen ist. Einziger Unterschied zwischen Syrien und Afghanistan: In Syrien haben nicht wie in Afghanistan die allerradikalisten Moslems (und die sie in Syrien unterstützende Türkei) gewonnen und relativen Frieden hergestellt, sondern die weniger islamistische, wenngleich ebenfalls undemokratische Assad-Diktatur, die von Russland unterstützt wird. Mit anderen Worten: Auch dorthin ist eigentlich eine Rückkehr längst zumutbar (was man etwa auch daran sieht, dass schon viele der nach Österreich gekommenen "Flüchtlinge" Urlaub in Syrien gemacht haben). Lediglich für radikale Islamisten und Anhänger des "Islamischen Staates" könnte es in Syrien Probleme geben – nur sind das genau jene Elemente, die man vernünftigerweise schon gar nicht in Österreich haben will. Zumindest, wenn auch dem VfGH die Überlebens-Interessen der Republik und ihrer Bürger nicht schnurzegal sind.

PS: In einer ganz anderen Hinsicht zerstört die VfGH-Entscheidung jedenfalls eine der bisherigen Pro-Migrations-Argumentationslinien: nämlich jene, dass mit der Migration die benötigten Arbeitskräfte nach Österreich kommen würden. Jedoch: Jene paar Afghanen, die eine halbwegs brauchbare Bildung genossen haben, die also eventuell für einen Job brauchbar wären, kommen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ausgerechnet aus den besser situierten Schichten. Das aber sind genau jene, die der VfGH in seiner klassenkämpferischen Attitüde offenbar als einzige abzuschieben erlaubt. Wie hat Kardinal Schönborn einst schon im Covid-Zusammenhang gesagt: Herr, lass es Hirn regnen …

PPS: Am gleichen Tat hat sich ein weiteres EU-Ärgernis für Österreich zugespitzt: Der EU-Gerichtshof hat geurteilt, dass in Österreich keine Wölfe abgeschossen werden dürfen. Vor dem Lesen der Begründung bitte niedersetzen: Es gibt noch zu wenige Wölfe in Österreich! Es sind ja erst kaum mehr als hundert von ihnen da! Auch für die Damen und Herren des an Weltfremdheit und Infamie nicht mehr zu überbietenden Gerichtshofs in Luxemburg (wo es mit Sicherheit keine Wölfe gibt) kann man, muss man die Bitte Schönborns an den lieben Gott wiederholen. Und – auch in Hinblick auf den VfGH – an den alten verzweifelten Spruch denken: Die Justiz geht unbeirrt ihren Weg, auch wenn die Welt darob untergeht. Und kommt sich dabei wahrscheinlich noch gut vor. 

zur Übersicht

Kommentieren (leider nur für Abonnenten)

Teilen:
  • email
  • Add to favorites
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Twitter
  • Print




© 2024 by Andreas Unterberger (seit 2009)  Impressum  Datenschutzerklärung