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Stagnation – und ein Ende ist nicht in Sicht

Die Prognosen der Ökonomen von Wifo und IHS hinsichtlich des Wirtschaftswachstums in Österreich fallen düster aus. Für 2024 wird kein reales Wachstum erwartet. Die Nationalbank gibt sich nicht viel optimistischer und prognostiziert einen Anstieg des BIP um ganze 0,3 Prozent – also ebenfalls so gut wie nichts. Was allerdings steigt, ist das Budgetdefizit – nach Angaben des Fiskalrats auf 3,4 Prozent des BIP und damit auf einen Wert, der deutlich über dem in den "Maastrichtkriterien" vorgegeben Limit liegt. Die Wifo-Ökonomen prophezeien dagegen ein Budgetdefizit von "nur" 3,2 Prozent.

Was noch stärker steigt, sind die Löhne und die Arbeitslosigkeit. Laut Wifo klettert letztere von 6,4 auf 6,9 Prozent (liegt damit aber doch unter den Werten, die während der Gültigkeit der wirtschaftsfeindlichen Corona-Maßnahmen gemessen wurden). Nach einer Statistik der "Agenda Austria", steigen die Tariflöhne hierzulande doppelt so schnell wie im Euro-Raum. Im April beläuft sich die Lohnsteigerung gegenüber dem Vergleichszeitpunkt des Vorjahrs auf 8,5 Prozent, während der Wert für den Euro-Raum bei nur 4,2 Prozent liegt. Das bietet durchaus Anlass zur Sorge! Der Chef der wirtschaftsliberalen "Agenda Austria", Franz Schellhorn, kommentiert: "Der heimische Wirtschaftsstandort hat sich immer über Qualität definiert, höhere Löhne als die unmittelbare Konkurrenz werden wir uns auf Dauer aber nicht leisten können."

 

Man muss kein Wirtschaftswissenschaftler sein, um die Konsequenzen zu erkennen, die massive Lohnkostensteigerung nach sich ziehen, wenn internationale Handelspartner und Wettbewerber dabei nicht mitziehen. Ob man es gerne hört oder nicht: Lohnkosten sind ein wesentlicher Faktor für die betriebliche Kalkulation. Österreichs internationale Wettbewerbsfähigkeit wird also – dank der im Vergleich zum Euro-Raum hoch ausgefallenen Lohnsteigerungen – geschwächt.

Preiserhöhungen sind in vielen Branchen nur um den Preis von Nachfrageverlusten durchzusetzen, wie insbesondere in der Gastronomie und im Einzelhandel deutlich wird. Die Betriebe können daher nur auf zweierlei Weise auf die hohen Lohnkosten reagieren: durch verstärkten Kapitaleinsatz, also Automation anstelle menschlicher Arbeitskraft, oder durch Produktionsverlagerungen ins Ausland. Branchen, in denen ein erhöhter Kapitaleinsatz das Lohnkostenproblem nicht löst (wie im Einzelhandel, in der Hotellerie und im Gastgewerbe) und in denen eine "Flucht" ins Ausland nicht möglich ist, werden unter erheblichen Druck geraten oder sind es bereits. Meldungen von der Schließung teilweise sehr renommierter Handels- und Gastronomiebetriebe können daher nicht überraschen. Vom Draufzahlen kann schließlich niemand leben, auch wenn notorische Klassenkämpfer das zu glauben scheinen.

Eines ist jedenfalls sicher: Das Erwerbsleben nur noch an der "Work-Life-Balance" zu orientieren, immer weniger zu arbeiten und trotzdem immer besser zu verdienen – das wird’s auf die Dauer nicht spielen. Schon gar nicht, wenn man es mit gut ausgebildeter, arbeitsamer Konkurrenz in Osteuropa und Fernost zu tun hat.

Dass ausgerechnet in dieser prekären Lage die EU auf einen Handelskrieg mit der größten Volkswirtschaft der Welt – China – zusteuert, ist mehr als beunruhigend. Bekanntlich wird ja von der Kommission ernsthaft überlegt, saftige Zölle auf Importe aus China – namentlich auf elektrisch betriebene Kraftfahrzeuge, deren Export von der KP-Regierung angeblich auf unfaire Weise subventioniert wird – einzuheben. Die USA sind schon einen Schritt weiter. Dort werden bereits prohibitive Strafzölle auf Elektroautos aus China eingehoben; damit wird ein Handelskrieg angezettelt.

Grundsätzlich und unabhängig von der Motivlage gilt, dass durch Zölle Waren verteuert und bestimmte Wirtschaftszweige – so wie jetzt die europäische Autoindustrie – vor internationaler Konkurrenz beschützt werden sollen. Das erscheint allerdings nur auf den ersten Blick wünschenswert. Den Preis dafür bezahlen nämlich die Konsumenten, die gezwungen sind, höhere Preise für die gewünschten Produkte zu bezahlen, was am Ende einen Kaufkraftverlust bedeutet. Einer kleinen Zahl von Nutznießern – der geschützten Branche – steht also eine große Zahl von Draufzahlern – also die Konsumenten – gegenüber. Zölle bewirken somit eine spezielle Form der Umverteilung von unten nach oben.

Sollte sich die wirtschaftliche Weitsicht der EU-Granden weiterhin in einer gnadenlosen Regulierung der Wirtschaft (beispielsweise im Zuge von "Green Deal" und "Energiewende") und im Hervorholen protektionistischer Konzepte aus der Mottenkiste manifestieren, stehen Euroland finstere Zeiten bevor.

 

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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