Nun geht die Fußball-Europameisterschaft in ihre heiße K.o.-Phase mit dem Kracher Dänemark-Deutschland, dem Duell der Europameister von 1992 und 1996. Am Donnerstag gabs den großen TV-Auftritt des allseits bejubelten und bewunderten ÖFB-Teamchefs Ralf Rangnick, der sich im Countdown zum Achtelfinale gegen die Türkei nicht nur zum Match und zum Fußball zu Wort meldete, sondern sozusagen als verlängerter Arm der Regierungspolitik hierzulande wie in seiner deutschen Heimat mit dem Verweis auf die Geschichte beider Länder den rechten Teufel an die Wand malte.
Dagegen ist ja nichts einzuwenden, dass man auf dem rechten Auge wachsam sein muss, damit sich die unselige Geschichte nicht wiederholt. Mit dem Blick auf die noch weit jüngere Geschichte bis zum Mauerfall und zur Wende im Osten Europas muss man allerdings auch auf dem linken Auge mit Blindheit geschlagen sein, wenn man die nicht sieht. Vor allem dann, wenn man auch in Leipzig gewirkt hat, jener Stadt in der gewiss nicht seligmachenden DDR, in der die Revolution gegen ganz Links, jawohl gegen die sozialistische Einheitspartei (SED), begonnen hat.
Mir ist natürlich bewusst, dass allein der Verweis auf die jüngere Geschichte Europas, die menschenverachtenden Doping- und sonstigen unglaublichen Sportgeschichten inklusive, als unzulässiger Vergleich abgetan, wenn nicht als rechtsextreme Ansicht verdammt wird. Eine Demokratie sollte ja eigentlich die eine oder andere Meinung abseits des politisch korrekten Mainstreams aushalten und nicht jenen, die dem nicht folgen, den Mund verbieten. Ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern, dass der als Fachmann und Stratege über jeden Zweifel erhabene Ralf Rangnick in seiner Bullen-Ära und zu Lebzeiten des alles andere denn links orientierten Oberbullen Didi Mateschitz jemals solche Töne gespuckt hätte wie jetzt in einem ZIB-Interview vor jenem Brandenburger Tor als Hintergrund, das einst ein Symbol der DDR-Mauer-Politik gewesen war. Na Servus, kannst da nur sagen!
Na ja, so können sich die Zeiten ändern, wobei sich der alte Wahrspruch ja auch nicht ändert, der da lautet: "Wes Brot ich ess´, dess´ Lied ich sing." Wie der ÖFB politisch seit Jahrzehnten gebettet ist, das ist ja kein Geheimnis. Und wer als Wunderwuzzi gefeiert wird, der darf auch sagen, was er will. Wenn Rangnick meint, man dürfe die Politik nicht vom Sport trennen, denn gerade Sportler wären ja auch politische Meinungsmacher, dann sei er daran erinnert, dass der Sport eigentlich als Brückenbauer und verbindendes Element gegensätzlicher Anschauungen dienen sollte, dass er aber nicht dazu da ist, um böse Andersdenkende von Gutmenschen ab- und sie auszugrenzen wie dort, wo es Mauern gab.
Was hierzulande auch im Fußball passiert, selbst dann, wenn einer Freunde hat, die anders als gewünscht und geduldet ticken, hat ja das Beispiel Martin Hinteregger gezeigt. Genau so stelle ich mir gelebte, lebendige und liberale Demokratie vor, nicht wahr?! Da Hinteregger ja abgedankt hat, muss der nicht sportlich, aber politisch besorgte Teamchef mit ihm nicht mehr (ab)rechnen …
So wenig wie mit mir als ehemaligen Sportchef einer damals renommierteren Zeitung, der sich stets erlaubt hat, nicht mit den Wölfen zu heulen ...
Josef Metzger war langjähriger Sport- und Chronik-Chef in der "Presse".