Die grüne Unverfrorenheit ist kaum zu ertragen. Das hat sich durch das abenteuerliche Verhalten von Ministerin Leonore Gewessler aufs Neue gezeigt. Diese ständig moralisierende und sich der »Rechtsstaatlichkeit« verpflichtet sehende Partei – freilich nur im engen Korsett des eigenen Weltbilds – hat mit dem Alleingang ihrer Umweltministerin ihr wahres Gesicht gezeigt. Natürlich kann man für das als »Renaturierungsgesetz« bekannte Vorhaben der Europäischen Union, »kaputte Ökosysteme auf dem Kontinent wiederherzustellen« (Falter) sein. Es gibt gute Gründe dafür. Mir erscheint es, auch in der nach zähen Verhandlungen abgeschwächten Version, noch immer als eine weitere Abkehr des irgendwann in den Nullerjahren verlorengegangen Prinzips der »Subsidiarität« in der Union.
So fürchte ich, dass es sich um ein Bürokratiemonster handeln wird, das mit unüberschaubaren Kosten unsere Umwelt zu schützen vorgibt. Und ich bin davon überzeugt, dass die einzelnen Mitgliedsländer besser wissen, wie und mit welchen Maßnahmen dieses grundsätzlich wichtige Ziel zu erreichen ist.
Zudem sind mir die Expertisen von Forstwirten wie etwa Wenzel Bubna aus Niederösterreich, der sich klar (und gut begründet) gegen das Gesetz ausspricht, oder auch vom ehemaligen Landwirtschaftsminister und EU-Kommissar Franz Fischler, der es ebenfalls (gut begründet) ablehnt, in meiner Entscheidungsfindung wichtiger, als »das Gewissen« von Gewessler. Dass auch die »Karas-Probe« gegen die neue Bestimmung spricht, Othmar Karas ist nämlich dafür, sei nur am Rande erwähnt.
Ich glaube der Ministerin übrigens gerne, dass sie innerlich für ihre Sache brennt, sich aber einfach über die Regierungsmehrheit und die Mehrheit der Bundesländer hinwegzusetzen, ist unerhört. Ich spreche hier übrigens bewusst nicht von einem »Rechtsbruch« der Ministerin; es war wohl einer. Das spielt aber aktuell gar keine so große Rolle (was immer da im Nachhall herauskommt) und ist in letzter Konsequenz unklar. Vier von mir in der Frage konsultierte Juristen haben mir in gewohnter Art an die neun unterschiedliche Rechtsauffassungen präsentiert; das sollen die zuständigen Organe richten.
Die ganze Sache hat aber noch eine weitere, für das Land aus meiner Sicht sehr positive Seite: Die ÖVP hat damit vielleicht die letzte Chance bekommen, bei der nächsten Nationalratswahl nicht nur nicht ins Bodenlose abzustürzen, sondern sogar als Erster durchs Ziel zu gehen. (Ok, ein bisschen ist diese Denke wohl meiner Verbundenheit mit der Partei geschuldet.)
Den ersten Fehler als Reaktion auf die »Gewesslersche Gewissensentscheidung« hat Bundeskanzler Nehammer, nona aber immerhin, schon einmal nicht gemacht. Er hat die Koalition bestehen lassen. Damit wurde das »Spiel der freien Kräfte« – also Geldausgeben, als gäbe es kein Morgen – verhindert. Und ich hoffe, er macht auch den zweiten Fehler nicht. Nämlich sich diese auftuende Gelegenheit entgehen zu lassen, die fatale Koalitionseinengung seiner Partei erhobenen Hauptes zu beenden und klar und deutlich dem Wähler darzustellen, mit welchen inhaltlichen »Positionen« die ÖVP nach der Wahl eine Regierungszusammenarbeit eingehen würde. Und darauf verzichtet, »personelle Forderungen« an Mitbewerber zu stellen. Wie erfolgreich dieses Konzept sich hat ausrollen lassen, kann man seit Monaten aus allen Umfragen ablesen, die immer Herbert Kickl als Ersten durchs Ziel gehen lassen. Und vor allem auch an der Europawahl.
Die übermäßige Beschäftigung mit Kickl hat diesem wahrscheinlich eher geholfen, als geschadet. Alleine dass er jetzt in einem »Kanzlerduell« steht, unterstreicht meine Sicht.
Ich habe nichts gegen eine linke Regierung; erhält diese eine demokratische Mehrheit, dann soll sie arbeiten. Wünschen tät ich mir eine konservative. Was den Naturschutz betrifft, bin ich sowieso bei der Volkspartei gut aufgehoben, diese hat die ökosoziale Marktwirtschaft erfunden und Österreich 1995 in die EU geführt. Wäre es nach dem damaligen Gewissen der Grünen gegangen, wären wir gar nicht dabei.
Wahlentscheidendes Thema wird aber die »Migration« sein. Hier braucht es einen ganz klaren Kurswechsel. Und dieser sollte unter Führung der ÖVP verantwortungsvoll und konsequent umgesetzt werden. Eines kann ich ausschließen: am 29. September eine Partei zu wählen, die die Grünen wieder in Regierungsverantwortung holt. Und ich denke, damit bin ich nicht ganz alleine.
Christian Klepej ist Unternehmer und gibt in Graz das Monatsmagazin Fazit heraus. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt mit seiner Familie in Hirschegg-Pack und Graz.