Da schönste Wort in allen Sprachen ist "Mutter". Das blödeste Wort, das menschlicher Ungeist je erfunden hat: Gebärmaschine. Es läuft nicht Gefahr, je von diesem Spitzenplatz verdrängt zu werden.
Leben heißt geboren werden und sterben und – das ist elementar – das Leben weitergeben. Leben nicht weiterzugeben, ist der Tod einer Gesellschaft und ihrer Kultur.
Zu dieser Erkenntnis bedarf es keiner großartiger philosophischer Studien. Wo Leben nicht weitergegeben wird, hat auch der Tod ausgedient. So einfach ist das. Niemand mehr wird "Leben wie Gott in Frankreich" oder sonstwo.
Das Leben wird auf diesem Planeten Erde vom Pflanzenreich über die Stubenfliege und das Zebra bis zum Elefanten durch zweigeschlechtliche Zeugung erhalten. Werden und Geburt sind der Anteil der weiblichen Existenzen. Das ist so, ob das jemand nun als Nach- oder als Vorteil empfindet. Eine Frau im fortgeschrittenen Alter antwortete auf die Frage nach dem wahren Glück: "Ein neugeborenes Kind im Arm halten."
Nur Frauen ist nach der Verfassung der Natur dieses Glück geschenkt, das "Nicht-Gebärmaschinen", die sich der Weitergabe des Lebens bewusst und gewollt entziehen, nie fühlen werden. Daran kann die Verfassung eines Staates nichts ändern.
Es nützt der Gesellschaft und dem einzelnen Menschen nichts, wenn bei manchen einst Reue aufkommen sollte. Es gibt Entscheidungen, die unumkehrbar sind. Und Folgen haben.
Vor ein paar Jahren erschien in einer Zeitschrift eine Glosse, die ein lebhaftes Echo ausgelöst hat:
"Die Kinderarmut in den reichen Industriestaaten Europas hat viele Gründe, gute, traurige – und etliche ärgerliche. Die Ausrede auf die Familienpolitik gilt nicht. Es gab Zeiten geringeren Wohlstands, geringerer Beihilfen und schlechterer Wohnverhältnisse – und trotzdem mehr Nachwuchs. Die Bevölkerungszahl Österreichs stieg früher ohne ausufernde Zuwanderung.
Abgesehen von staatspolitischen Überlegungen folgt auch menschlich eine bittere Strafe für die Unterbrechung der Kette des Lebens. Sie lässt sich auf die Formel bringen: keine Kinder – keine Enkel. Nur Großeltern erleben die Freude, die übernächste Generation heranwachsen zu sehen, sich in deren Fähigkeiten und Talenten wiederzufinden, die schulischen, musischen, sportlichen, beruflichen Erfolge fördern, genießen und ein wenig belohnen zu können.
Kommen Großmütter und Großväter in die Jahre, tut es der Seele unglaublich wohl, wenn bei einer Krankheit oder einem Spitalsaufenthalt neben den Kindern die Enkelgeneration herhält. Professionelle Hilfe lässt sich in vielen Fällen nicht vermeiden. Wenn aber eine Enkelin mit dem Staubsauger durch die Zimmer geht und ein Enkel aus aktueller Notwendigkeit den Keller ausräumt, lassen sich manche altersbedingte Beschwerden leichter ertragen."
"Europa – was ist das?", wird in – sagen wir – 120 Jahren, ein Kind in Kairo fragen. "Genau weiß ich das auch nicht", wird der Vater antworten, "aber ich glaube, Westchina hat einmal so geheißen."
Willi Sauberer, Schüler Hugo Portischs, war ab 1961 Mitarbeiter von Alfons Gorbach, Josef Klaus und Hermann Withalm und von 1971 bis 1994 Chefredakteur einer kleinen Salzburger Tageszeitung. Der konservative Publizist schreibt vorwiegend über gesellschaftspolitische, zeithistorische und lokal-geschichtliche Themen.