Eine ereignisreiche Ziffernkette

Als Folge des Überfalls, der zum Yom-Kippur-Krieg von 1976 führte, kollabierte Israels Linke, und die Rechte übernahm. Jetzt aber haben die Rechten den Überfall der Hamas nicht verhindert. Dass deshalb die Linken wieder ans Ruder kommen könnten, ist eher unwahrscheinlich, denn mit der friedliebenden Linken an der Macht, wäre Israels Ende vermutlich besiegelt. Wie schon Obama vorführte, lassen sich sogar mit den Mullahs friedliebende, aber selbstmörderische Verträge "dealen". Und die EU-Europäer in ihrer unsterblichen Dummheit sind sofort mit von der lustigen Partie . . .  

Die ereignisreiche Ziffernkette lautet: 1973-1976-2005 (Gaza-Rückzug) – 2006 (Libanonkrieg) und nun 2023. 

Aber was zeigt diese Zahlenkette durch 50 Jahre hindurch? (Sie verschweigt die Anschläge von Buenos Aires, München, Bombay, um nur diese drei aus einer langen Liste zu nennen.) 

Und was zeigt sie für wen? Für die "orientalisch tickenden" Araber und Schiiten vermutlich eine ansteigende Linie von Erfolgen: Immer näher sei man an das große Ziel gerückt, und schon beim nächsten Treffen werde die zionistische Entität im Nahen Osten getilgt sein. 

Für die teils westlich, teils alttestamentarisch denkenden Juden Israels und der Diaspora zeigt sie vermutlich das Gegenteil: Noch jeder Angriff der Todfeinde konnte ins Land der Angreifer getragen und in einen Sieg umgewandelt werden. Zwar gab es immer auch Versuche, Frieden zu stiften, die jedoch, auch das zeigt die Zahlenkette jedem vernünftigen Bürger Israels und der Diaspora, jedes Mal wieder "stiften" gingen. Einzig der Frieden mit Ägyptens Sadat hielt, wofür dieser jedoch als Opfer der Dschihadisten sein Leben lassen musste. 

Die Fragen der Zukunft lauten: 

  1. Wie kann Israel in Zukunft jeden Überfall durch seine Todfeinde unmöglich machen?
  2. Wie lässt sich eine jüdische Demokratie organisieren, die frei und zugleich jüdisch bleibt?
  3. Wie lässt sich die westliche Diplomaten-Lüge einer "Zweistaatenlösung" verabschieden?

Sollten linke Parteien und Denkgemüter diese Fragen beantworten oder wenigstens zu einer Antwort beitragen können, sind sie in Israel vielleicht sogar wieder mehrheitsfähig. Wenn nicht: siehe vorhin.

Doch ist die Epoche nach 2023 eine radikal andere – denn der größte Brocken wartet noch: Es ist nicht die Hisbollah in Libanon und Syrien, es ist der große, nun aber islamische "Nebukadnezar" im Zweistromland. 

Im Westen wenig Neues: Die Biden-Administration der USA wird sich vor den Novemberwahlen von 2024 in keinen Krieg mehr verwickeln lassen. Für Israel eine günstige Gelegenheit, das "Finish them" (Harris) zu vollstrecken. Alle Nahost-Vorschläge der jetzigen USA stehen unter Vorbehalt: Sie sind nicht zukunftstauglich. Ob "man" (ob die Mehrheit der US-Amerikaner) die US-Demokraten nochmals ans Ruder lässt, ist fraglich.  Israel und kritische Stimmen im Westen beklagen, dass die USA auch im Roten Meer gegen die angreifenden Houthis nur halbherzig reagieren. Noch ein Vakuum mehr oder weniger, scheint egal zu sein.  

Ob sich der Iran dadurch ermuntert fühlt und zu einem größeren Angriff bereit macht? Was auch kommen mag auf der müden Ebene ermüdeter Diplomaten: eine Niederlage auch der Hisbollah wird immer unvermeidlicher. Immer vorausgesetzt: Israel wäre an seinem Erhalt und seiner Existenz weiterhin interessiert. 

Woran seine Todfeinde interessiert sind, das ist zur Genüge bekannt ­– sollte man glauben. Obwohl man zu zweifeln beginnt, wenn man die Statements der EU-Reisepolitiker vernimmt: "Deeskalation – Koste es, was es wolle." 

 

Leo Dorner ist ein österreichischer Philosoph.

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