Unlängst, die Kinder waren aus dem Haus, die beste Ehefrau von allen auch, ich am Geschirrversorgen, hab‘ ich mir das "Journal um acht" im Radio fertig angehört, um mich nach der Morgendusche um das Bettenmachen zu kümmern. Da durfte ich ebenfalls noch auf Ö1, der ultralinken Radiostation meines Vertrauens, einer Frauenstimme anhörig werden, die mir einiges über irgendwas erzählte. Ich kann mich an die zugrundeliegende Thematik gar nicht mehr genau erinnern und zum Nachhören im Netz hatte ich mir in den nächsten Tagen mangels tieferen Interesses keine Zeit genommen. Jedenfalls hat mich eine Aussage dieser Frauenstimme – ihre jeden Satz umrankenden »Ähs« und die vielen selbstbestätigenden »Jas« haben sie mir sofort als (eher) wienerische Expertin für Alles und Jenes und vor allem fürs Darüberhinaus zu erkennen gegeben – tief beeindruckt: »Wir wissen aus allen Studien, die wir dazu haben, dass Druck nie zu etwas führt.« Sinngemäß – denn wie der Satz genau formuliert war, hab‘ ich selbstredend vergessen.
Aha. Aus allen Studien, die wir dazu haben. Das ging runter wie Öl. Und wäre ich nicht ich, ich hätte mit dem Aufklopfen der Bettdecken meiner Kinder weitergemacht und in mich hineinsickern lassen, Druck ist also was Böses. (Womöglich sogar Rechtes!) Ich bin aber ich und sage und schreibe Ihnen hier, das ist Schwachsinn. Gut gedacht, nur eben Schwachsinn.
Ohne eine einzige auf Kosten der Allgemeinheit erstellte Studie dazu parat zu haben, wage ich zu behaupten, Druck ist die Mutter allen intelligenten Lebens. Das beginnt schon morgens, wenn die Kindsmutter dankenswerterweise das Frühstück vorbereitet und ich mich dann um nullsechsfünfundvierzig zum Tisch schleppe, um dort die Brote für die Kinder zu streichen. Wenn ich Glück habe, ist es zehn vor sieben. Hätte ich nicht »den Druck« zweier schulpflichtiger Kinder, die allmorgendlich versorgt werden müssen, ich würde mich nicht einmal im Bett umdrehen um diese unchristliche Zeit, ich liebe es nämlich, lange zu schlafen. Vor allem eben am Morgen, weil da der Schlaf am süßesten ist. Meine kleine Kleine gerät da nach mir, die Große hingegen trällert schon ab sechsfünfzehn vergnügt durch die Wohnung. Eine Verhaltensweise, die mir ganz und gar fremd erscheint.
Dieser Druck war es auch, der mich nach der Schule mit Umwegen über ferne Länder hat selbständig werden lassen. Ich wollte nie zu einer bestimmten Uhrzeit in einem unbestimmten Büro sein müssen. Dass ich dafür – von nichts kommt nichts – über zwanzig Jahre jeden Tag bis spät in die Nacht in meinem eigenen Büro gesessen bin, bis auf Urlaube auch wochenends, ist eine andere Geschichte. Und ohne diversen Druck – Abgabetermine, finanzielle Engpässe, wohlmeinende oder auch lästige Kunden – würde es mein Unternehmen schon lange nicht mehr geben.
Böser Druck soll es übrigens auch sein, der unsere Kinder am Ende einer höheren Schule in Form der Matura einholt. Die SPÖ oder zumindest der radikallinke Flügel um »Piccolo Guevara« Andreas Babler will da jetzt Einhalt gebieten. Und diese Abschlussprüfung abschaffen. Pippi Langstrumpf, diese vollkommen aus der Zeit gefallene Figur Astrid Lindgrens, hätte ihre Freude. Jedem vernunftbegabten Nettosteuerzahler hingegen kann es bei dieser abstrusen Idee nur hinter den Ohren schlackern. Eine weitere – wieder sicher gut gedachte, aber eben nicht durchdachte – Idee zur Verwirklichung des sozialistischen Ideals der Gleichmacherei aller Ergebnisse.
Gegen den Aberwitz, die Matura abzuschaffen, kann ich aus Respekt vor mir selbst nicht anschreiben, dabei gäbe es im schulischen wie universitären Bereich genug Handlungsbedarf. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass (Abschluss-)Zeugnisse von neuen Mittelschulen überhaupt keinen Erkenntniswert ob der Fähigkeiten eines jungen Menschen mehr bieten. Sprich, ein Befriedigend etwa in Deutsch oder Mathematik deutet auf strukturellen Analphabetismus bzw. Unfähigkeit zum einfachsten Kopfrechnen hin. Und was die Absolventen von Fachhochschulen in Journalismusfächern betrifft, bin ich über die letzten Jahre mit fundamentalen Rechtschreibschwächen konfrontiert worden.
Ja, bei unserer Bildung ist Feuer am Dach, und den Sozialisten fällt nicht einmal mehr ein, Benzin ins Feuer zu gießen, nein, sie wollen einfach das Gebäude abreißen lassen. Das wird nicht funktionieren.
Christian Klepej ist Unternehmer und gibt in Graz das Monatsmagazin Fazit heraus. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.