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Wenn die Kompetenz der Wiener SPÖ nur noch für Kleingärten reicht

Da kann man sich nur verwundert die Augen reiben: Innerhalb weniger Tage schlittert die Stadt Wien – und damit die einst mächtige und unantastbar wirkende Wiener SPÖ – bei gleich zwei Prestigeprojekten in ein veritables Desaster. Sowohl beim Milliardenprojekt "Neue Stadthalle" als auch beim Großvorhaben "Neuer Busterminal" führen die Investoren die Rathausverantwortlichen in einem Streit auf offener Bühne regelrecht vor – unter dem Gejohle der mit Inseratenmillionen gefütterten Printmedien. Was ist da los in Wien?

Die beiden Beispiele sind jedenfalls mehr als bloß Ausdruck planerischer und visionärer Inkompetenz im roten Wien, vielmehr sind sie durchaus ein Fanal für den Niedergang der Partei und eines ihrer größten Hoffnungsträger, nämlich des Finanzstadtrats Peter Hanke.

Zunächst zu den Fakten: Das Projekt Event-Halle in St. Marx, die künftig die Stadthalle ersetzen soll, wurde vorige Woche vom Verwaltungsgericht gleichsam zurück an den Start geschickt – damit sind jahrlange Vorplanungen futsch, und ein gewaltiger Zeit- sowie Geldverlust realisiert. Zwar erfolgte diese Gerichtsentscheidung bloß aus formaljuristischen Gründen, doch der unterlegene Bieter (CTS Eventim) hatte handfeste Gründe, gegen den Zuschlag an OVG Bristol Limited vorzugehen. Es gibt nämlich den begründeten Verdacht, dass Letztere ihr Projekt mit unrealistischen Dumpingpreisen angeboten hat, nur um den Zuschlag zu erhalten (und um möglicherweise nachträglich eine Kostenkorrektur, selbstverständlich nach oben, geltend zu machen).

Nun verzögert sich die Event-Arena wieder um ein paar Jährchen, nachdem der ursprüngliche Fertigstellungstermin schon einmal von 2025 auf 2029 verschoben worden war. Selbiges Szenario wurde hier im Tagebuch erst vor kurzem prophezeit, wo auch die dubios anmutende Vertragskonstruktion kritisch beäugt wurde.

Das jahrzehntelange Versagen beim Busbahnhof

Und kaum ist die mediale Aufregung ob dieses Desasters bei einem roten Prestigeprojekt abgeebbt, wird schon die nächste Blamage für die Wiener Genossen bekannt: Auch das zweite kommunale Großbauvorhaben dieses Jahrzehnts, das so titulierte "Leuchtturmprojekt" Fernbus-Terminal neben dem Ernst-Happel-Stadion, ist geplatzt.

Eigentlich hätte der Bau des internationalen Busbahnhofs – zusammen mit einem 105-Meter-Büroturm – im kommenden Jahr begonnen werden sollen und 2027 fertiggestellt sein. Aber auf Grund der wirtschaftlichen Umstände ist es der Investorengruppe rund um Ariel Muzicant derzeit nicht möglich, dieses Vorhaben finanziell im vereinbarten Zeitrahmen zu stemmen. Daher hat die Stadt Wien (respektive die wie bei der Event-Halle zuständige Wien-Holding) wegen "unüberbrückbarer Differenzen" die Verträge gekündigt.

Und damit haben die Probleme erst so richtig begonnen: Denn nun richten sich Muzicant und die Rathaus-Repräsentanten über die Medien allerlei Unfreundlichkeiten und Klagsdrohungen aus – etwas, das früher völlig undenkbar schien (zumindest für alle, die jemals noch einmal in Wien etwas bauen wollen).

Besonders spannend ist dabei die Rolle Muzicants, der bisher ja stramm an der Seite der Genossen gestanden ist, wenn es galt, gegen den Antisemitismus in Stadt und Land vorzugehen (selbstverständlich nur jenen aus der blauen Ecke und nicht jenen aus der roten, wie man ihn in Form der zahlreichen Jung-Marxisten derzeit erlebt, die Seite an Seite mit islamistischen Hamas-Sympathisanten demonstrieren). Der frühere Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde wirft der Stadt jetzt sogar "grobes Managementversagen" vor und poltert ungeniert: "Mir reicht es. Das Projekt ist komplett falsch aufgestellt."

Fix ist damit schon jetzt, dass der Allgemeinheit der nächste beträchtliche Schaden erwächst: Denn zum einen verzögert sich das ursprünglich auf 250 Millionen Euro taxierte Projekt wieder um Jahre, zum anderen wird viel Steuergeld in Gerichtsprozesse und/oder Vergleiche fließen. Damit avanciert ein eigentlich so simples Bauprojekt wie ein bloßer Busbahnhof zu einem anschaulichen Symbol für die planerische Unfähigkeit der Wiener SPÖ, deren Kompetenz offenkundig nur mehr für Kleingärten ausreicht. Dort konnte man ja zumindest bis vor kurzem ungestört in die eigene Tasche umwidmen; doch an allem, was darüber hinausgeht und was an sich volkswirtschaftlich sinnvolle Projekte wären, daran scheitert man grandios.

Gerade beim Bus-Terminal muss man sich die Vergangenheit in Erinnerung rufen, um das ganze Ausmaß des Debakels zu erkennen: Denn der frühere Bahnhof – zentral gelegen und damit gut erreichbar – beim Bahnhof Wien-Mitte wurde im Zuge dessen Umbaus kurz nach der Jahrtausendwende, also vor mehr als 20 Jahre (!), aufgelassen. Seither gibt es mehrere Terminals und Provisorien, die dem Boom bei den Fernbusreisen nach der Marktliberalisierung nicht annähernd gerecht werden und einer inzwischen auf zwei Millionen Einwohner angewachsenen Metropole unwürdig sind (etwa der Schmuddel-Bahnhof in Erdberg).

In den vergangenen Jahren wurden in Wien sämtliche ÖBB-Bahnhöfe modernisiert, um- und ausgebaut – aber die Stadt Wien hat es nicht geschafft, an einer einzigen dieser Drehscheiben einen Bus-Knotenpunkt zu installieren. Dabei wäre etwa der neue Hauptbahnhof, wo gleich 100 Hektar neu bebaut wurden, prädestiniert dafür gewesen. Dafür hat man dort neue Germeindebau-Slums errichtet.

Und dann kommt man, nachdem man Jahrzehnte in der Pendeluhr verbracht hat, auf die grandiose Idee, den Busbahnhof am Handelskai zu errichten – aber natürlich nicht bloß einen Terminal, nein, da muss man dann natürlich einen Wolkenkratzer dazustellen, denn sonst rechnet sich das Ganze ja nicht.

Dabei gibt es ja überhaupt keinen sachlichen Zusammenhang zwischen Fernreisenden und Büronutzern, zwischen Bus und Turm. In der SPÖ-Logik natürlich schon, denn wo ein Großprojekt wächst, kann man natürlich kräftig Einfluss ausüben und die eigene Klientel zusätzlich bedienen – vom SP-nahen Architekten über den roten Verkehrsgutachter bis hin zum kleinen Genossen-Fliesenleger.

Derlei Praktiken bei sinnlos erscheinenden Hochhausbauten hat der Städtebauexperte Reinhard Seiß in "Wer baut Wien?" bereits vor mehr als 15 Jahren aufgezeigt – geändert hat sich seither nichts. Vielmehr hätte ebendort neben dem abgerissenen Dusika-Stadion ein singulärer Hochhaus-Spargel gar nichts verloren, weil die beiden nächsten Türme mit einer Entfernung von rund 800 Metern dem städtischen Hochhaus-Cluster-Gedanken klar widersprechen.

Aber die Ironie der Geschichte will es eben nun, dass just dieser Büroturm das ganze Busbahnhof-Projekt zu Fall und die Stadtpolitiker in die Bredouille bringt, weil eben das Zinsniveau aktuell zu hoch ist, eine Rezession ante portas steht, der Wiener Büromarkt auch unter dem Home-Office-Trend leidet und offenbar das Rathaus nicht mehr genügend Magistrats-Abteilungen übrig hat, um den Turm zu einem erklecklichen Teil zu besiedeln (und damit indirekt zu finanzieren).

Hätte im Rathaus noch irgendwer (positive) Visionen, würde man statt des vielen Klein-Klein und der permanenten Bedachtnahme darauf, was am Ende für die eigene Partei (oder nach Andreas Babler "für unsere Leit‘") herausspringt, viel größer denken:  Dann würde man zu Busbahnhof im Prater und Event-Arena in St. Marx auch noch ein neues Happel-Stadion (in Form einer Ganzjahresarena) mit- und zusammendenken, dann ließe sich ein wunderschönes Gesamtgroßprojekt entwerfen. Doch während im ganzen ehemaligen Ostblock schmucke Nationalstadien stehen, hat erst jüngst Sportstadtrat Peter Hacker zum Leidwesen des derzeit wieder halbwegs erfolgreichen ÖFB das mehr alt- als ehrwürdige Happel-Stadion für das nächste halbe Jahrhundert einzementiert.      

Das große Problem des Peter Hanke

Die Wurzel allen Übels liegt in der politischen Dimension des Planungsdesasters begraben, zumal sich seit dem Bauskandal beim Krankenhaus-Nord die Stadtpolitiker nicht mehr die Finger verbrennen wollen. Sonst ergeht es ihnen wie den damals indirekt zum Rücktritt gezwungenen Stadträtinnen Sonja Wehsely und Sandra Frauenberger. Erstere galt immerhin als Kronprinzessin von Michael Häupl. Daher werden Projekte wie Event-Arena und Busbahnhof weit, weit aus dem Verantwortungsbereich weggeschoben, damit man ja nicht die politische Verantwortung übernehmen muss, wenn sich wieder einmal die Kosten verdoppeln oder irgendein Energetiker Unsummen für esoterischen Blödsinn verrechnet. Das Risiko sollen bitteschön private Investoren tragen. Außerdem soll die ausgegliederte Wien-Holding die Abwicklung übernehmen, damit natürlich die Kontrollrechte der oppositionellen Gemeinderatsmandatare streng limitiert sind.

Doch da hat sich Peter Hanke, bisher Strahlemann der rot-pinken Regierungsriege, ordentlich verkalkuliert. Denn nun hat er – man entschuldige das Wortspiel – erst recht den schwarzen Peter. Er ist als Finanzstadtrat politisch für die beiden Debakel verantwortlich, er hat beide Projekte zu seinen Prestigevorhaben erkoren und er ist als Ex-Chef der Wien-Holding noch mehr in der Ziehung für diese Schmach. Sein Image, das vergangenen Sommer mit der Milliardenlücke bei der Wien-Energie schon schlimme Kratzer bekommen hat, ist jetzt ordentlich ramponiert – ebenso sein Verhältnis zu Bürgermeister Michael Ludwig, den er damals in den Strom-Skandal mithineingezogen hat und der zwei Jahre vor der Wien-Wahl und ein Jahr vor der Nationalratswahl nun wirklich keine zwei so brisanten Baustellen mit dem Zeug zu permanenten Negativschlagzeilen gebrauchen kann.

Außerdem war Hanke in der Vergangenheit schon als die große rote Personalreserve auf Bundesebene genannt worden, deren Stunde vielleicht schlagen könnte, wenn das Experiment mit dem Klassenkampfsozialisten Babler schiefgeht. Doch ein Nadelstreifsozi und gestriegelter Managertyp, der schon bei simpel scheinenden Kommunalprojekten scheitert, wie soll der Kanzler können?

Und noch eine Frage, die alle Wiener angeht: Wie bitte soll die Wiener SPÖ die großen Probleme dieser Zeit lösen – Integration, Bildung, Gesundheit, Pflege –, wenn sie schon bei der Planung eines Busbahnhofs versagt?

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