Die Verstaatlichung der Kinder

Die Menschheit ist bei skurrilen Grenzüberschreitungen angekommen. Immer öfter finden sich menschenversklavender Marxismus und menschenverachtender Kapitalismus zu Gemeinsamkeiten.

Wo verlief bisher die Hauptkampflinie zwischen den nicht mehrheitsfähigen "Linken" aller Schattierungen und den mehrheitlich "Nicht-Linken" aller Schattierungen?

Schlag’ nach bei Friedrich Engels, der die Phantasmen des Karl Marx in praktische Anweisungen für das politische Handeln umgesetzt hat. Engels wusste, dass der Marxismus nur siegen kann, wenn die "Aufzucht, Pflege und Erziehung" der Kinder den Familien entzogen und dem Kollektiv, das heißt dem Staat und nach dessen Zerschlagung dem Zentralkomitee der Kommunistischen Partei überantwortet wird. Er kannte den Hebel, die demokratische Gesellschaftsordnung zu kippen.

Denn das kann nur mit dem familienlosen "neuen Menschen" funktionieren, wie ihn Lenin schaffen wollte. Ein solcher lässt sich aber nicht einmal, wie Lenin rasch gemerkt hat, mit der Verstaatlichung aller Produktionsmittel produzieren.

Schlag’ nach bei Aldous Huxley: Wie eine Gesellschaft solcher "neuer Menschen" aussehen würde, hat der Brite in dem beklemmendsten und deshalb vielleicht wichtigsten Buch des 20. Jahrhunderts "Schöne neue Welt" so geschildert:

Eine Weltregierung steuert die Geburt von fließbandoptimierten Menschen der verschiedenen Intelligenzgrade. Dazu werden durch ein komplexes System von der künstlichen Befruchtung über Aufzucht und Ausbildung Hundertschaften identischer Klone dazu gebracht, ihre unentrinnbare Bestimmung zu akzeptieren und "zu lieben, was man tun muss".

Tiefere emotionale Bindungen zwischen zwei oder mehr Personen (Ehe, Familie) sind tabu. Wer dabei verzweifelt, bekommt die tägliche Glücksdroge "Soma" (griechisch: "Körper").

Ein wichtiger Schritt in diese "schöne neue Welt" ist die Verstaatlichung der Kinder. Doch wer glaubt, dass Einjährige von der Bezugsperson Mutter getrennt glücklich aufwachsen können, hat nie Kinder gehabt, hat nie Enkel heranwachsen sehen.

Damit sollen Kinderkrippen nicht verteufelt werden – sie sind notwendig und unverzichtbar, wo ein schlimmes Schicksal schlimme Fakten geschaffen hat, aber sie dürfen nicht zum Regelfall werden, wie Spitäler für Kranke notwendig und unverzichtbar sind, aber ein Daueraufenthalt dort nur die Ausnahme sein kann.

Womit das zentrale Merkmal einer humanen Gesellschaft deutlich wird, nämlich die Familie – samt ihren Existenznotwendigkeiten, nämlich Leistung und Eigentum. Nur auf dieser festgefügten Dreiheit kann ohne Glücksdroge ein Leben in Freiheit, Wohlstand und Sicherheit gelingen.

Schlag’ nach bei Papst Pius XII., als der Vatikan noch katholisch war: Der einzige menschliche Fortschritt besteht in der Schaffung immer besserer Bedingungen für die Familien. Zeitzeugen wissen: In den Tagen des Kriegsendes 1945 brach wirklich alles zusammen, und zumindest in den großen Städten gab es nur Blut und Hunger, Tote, Tränen und Trümmer, und sonst nichts. Nichts!

Als das alte "großdeutsche" Regime vernichtet und eine neue österreichische Ordnung noch nicht entstanden war und nicht einmal die einmarschierenden Sieger den Ansatz einer Verwaltung über Nacht etablieren konnten, funktionierte als einzige Institution nur noch die Familie.

Unzählige Menschen überlebten nur durch ihre naturgegebene Einbettung in ihren Familienverband, wie auch der Autor der vorliegenden Überlegungen, der heute, in der Zeit eines seit Menschengedenken nie gekannten Wohlstands Angehörige der alten und ältesten Generation leiden sieht, denen mit oder ohne eigene Schuld jede familiäre Beziehung fehlt.

Die Bindungslosigkeit im Kleinkindalter als Vorstufe der späteren Unfähigkeit, Bindungen einzugehen, ist das wesentliche Erziehungsprinzip des Marxismus – von der Kinderkrippe bis zur Ganztags-Gesamtschule. Links, wo der Zwang ist, wäre ein Wolfgang Amadeus nie zu einem Mozart geworden.

Wir erleben jetzt, wie der Marxismus an der Demokratie vorbei die Macht auszuüben versucht. Dazu braucht er den Zugriff auf die Kleinkinder zur frühzeitigen Indoktrination in Richtung antifamiliärer Lebensformen bis hin zum Geschlechtswechsel der deutschen Ampelkoalition, obwohl diesem Jahrmillionen der Entwicklungsgeschichte widersprechen, und ebenso zur Indoktrination in Richtung eines radikalen Atheismus. Wo bleibt eigentlich der Aufschrei der christlichen Kirchen?

Es bedarf schon einer massiven Verdrängung aller wissenschaftlichen Erkenntnisse, wenn man glaubt, die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht an ein paar äußerlichen Merkmalen festmachen zu können. Sind es hundert oder sind es tausend Unterschiede, die Körper, Seele und Geist von männlichen und weiblichen Menschen bestimmen, bis hin zur Notwendigkeit verschiedener Arzneien, die Frauen und Männer für dieselbe Krankheit brauchen?

Die Linken ziehen militant gegen gen-veränderten Mais zu Felde. Gegen eine chemische Hormonveränderung von Menschen gibt es nicht nur keine Bedenken, sondern eine gezielte mentale Förderung im Alter der Pubertät, in dem der junge Mensch genug Probleme zu meistern hat, ohne die erforderliche Reife schon erreicht zu haben. Stalin hielt sich für die (ihm noch misslungene) Abschaffung des natürlichen Geschlechts sogar einen universitären Genetiker.

Wer sich hingegen zur Familie als Zelle jeder menschlichen Gemeinschaft bekennt, muss sich auch zur Leistung bekennen, das nächste Schrecknis für die Linke. Auch die Leistung gab es auf Erden schon vor dem Menschen. Von der Schwalbenatzung bis zum beutejagenden Löwen kann man in der Zoologie beobachten, dass Familie Verantwortung bedeutet, die sich in Leistung manifestiert.

Ohne Rücksicht auf ihre individuelle und soziale Wichtigkeit wird Leistung als "Arbeitsleid" diskriminiert. Von der 32-Stunden-Woche über die 20-Stunden-Woche zur 8-Stunden-Woche führt der Weg in den Untergang.

Das Ergebnis der Leistung kann nachhaltig nur im Erwerb von Eigentum bestehen, dem Unwort des Marxismus schlechthin, und zwar von Eigentum, das über den eigenen Unterhalt und die bloße Unterhaltung hinaus geht und weitergegeben werden kann. Genau deswegen wird schon wieder mit Forderungen nach mehr oder minder drastischen Erbschaftssteuern gegen die Familie mobil gemacht.

Denn hier fällt die politische Katze auf ihre vier Füße: Die Zielrichtung mag auch manche Umverteilungsabsichten einschließen, ausschlaggebend bleibt der Kampf für die Entmündigung der Eltern und die Verstaatlichung der Kinder, also der Kampf gegen Familie, Leistung und Eigentum. Doch wer wird durch Zusatzleistungen Eigentum schaffen, das ihm der Staat dann entreißt? Wer wird unter Mühen und Opfern einen Boden bearbeiten, der einem nicht gehört? Die Geschichte der sowjetischen Kolchosen und Sowchosen gibt die Antwort.

Wer auch nur einen Teil der untrennbaren Dreiheit aufgibt, treibt die Gesellschaft in Richtung der Horrorvision Huxleys: Schon die Kleinkinder sollen lernen, den Stiefel zu küssen, der sie tritt.

Dass neuerdings auch sogenannte Kapitalisten der Kinder-Verstaatlichung das Wort reden, liegt an Kurzsichtigkeit oder Gier. Wenn sie die Dreiheit Familie-Leistung-Eigentum aufgeben, bleibt ihnen aber nur eine kontraproduktive Interessenpolitik.

Man kann diese Realitätsverweigerer nur mit Waldbesitzern vergleichen, die ihren Erfolg darin sehen, alles Holz zu Geld zu machen und die Kosten einer Wiederaufforstung zu verjubeln. Oder mit Managern, die durch rücksichtslose Gewinnmaximierung ihren Bonus in die Höhe treiben, aber die Zukunft ihrer Unternehmen und der ganzen Wirtschaft verspielen – hinter uns die Sintflut.

Wir brauchen die jungen Mütter als Arbeitskräfte? Aber wo bleibt die "Aufforstung" der Gesellschaft? Wo kommen die Arbeitskräfte in 20 Jahren her? Wer wird noch Kinder in die Welt setzen, wenn diese nach zwölf Monaten vom Staat konfisziert werden?

Jetzt sollen viele Milliarden Euro für eine Tagesbetreuung locker gemacht werden, damit schon die Einjährigen dem Kollektiv überantwortet werden können. Wenn dieses Zuckerbrot keinen durchschlagenden Erfolg zeitigt, folgen zunächst die Manipulation durch Prämien und Benachteiligungen und zuletzt die Peitsche des dem Marxismus innewohnenden Zwangs.

Eine Politik, die sowohl die materiellen wie auch die seelischen Grundbedürfnisse der Menschen vernachlässigt, etwa die Verstaatlichung der Kinder, hat die Sozialdemokratie schon in vielen Staaten Europas überflüssig gemacht. Sie kann anderen Parteien nicht als Vorbild taugen.

Gott schütze die Familie!

 

Willi Sauberer, Schüler Hugo Portischs, war ab 1961 Mitarbeiter von Alfons Gorbach, Josef Klaus und Hermann Withalm und von 1971 bis 1994 Chefredakteur einer kleinen Salzburger Tageszeitung. Der konservative Publizist schreibt vorwiegend über gesellschaftspolitische, zeithistorische und lokal-geschichtliche Themen.

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