Die Erde lebt: Über das Wesen von Muren und Hangrutschungen

Voll sind in letzter Zeit die Zeitungen und Journale mit Nachrichten über anthropogen verursachte Katastrophen. Vor allem dem Eintrag von CO2 in die Atmosphäre durch Verbrennen fossiler Energieträger wird die Schuld zugeschrieben. Aber das trifft nur zu einem geringen Teil zu. Wohl aber kann man Katastrophen, die tausende Menschenleben forderten, den menschlichen Aktivitäten zuordnen. Bequemer ist es aber, alle Murenabgänge und Hangrutschungen dem Klimawandel zuzuschreiben. Wesentlich ist aber die Witterung und die Geologie/Geomorphologie der Gegenden, wo Schäden auftreten.

Muren treten meist dort auf, wo es über Jahrtausende hinweg, schon vor der menschlichen Besiedlung, zu Ablagerungen durch Muren gekommen ist. Sie bilden sogenannte Schwemmkegel, meist leicht erkenntlich an deren Morphologie. Diese Schwemmkegel wurden aufgebaut aus Felsblöcken, Geröll und Schlamm, das höher oben infolge Hangrutschungen, Felsabbrüchen, einfach geologischen Prozessen, entstand. Diese entstehen durch Wasser, Schnee, Eis und CO2, das natürlich vorkommt und schon lange vor den menschlichen Eintrag in der Atmosphäre vorhanden war.

Bekanntlich ergibt CO2 mit Regenwasser eine milde Säure, die zum Beispiel Kalkstein löst und u.a. verantwortlich ist für die Höhlensysteme in unseren Alpen. Der Faktor Regen, Schnee und Eis trägt ebenfalls bei zur Spaltenbildung in den Gebirgen, und letztendlich Steinschlag, sichtbar und erkennbar an den ausgedehnten Geröllhalden, z.B. rund um den Grimming in der Steiermark.

Ein wahrlich gigantischer Bergsturz war heuer in Vorarlberg zu beobachten. Dort wurde in der Silvretta-Gruppe das Fluchthorn, das ursprünglich 3.398 Meter hoch war, um 100 Meter abgetragen.

Und in diesen Geröllhalden arbeitet die Natur so ganz ohne menschliches Zutun weiter. Wasser wird zu Eis, Eis braucht mehr Raum als Wasser und bewegt die Gesteinsbrocken gegeneinander - täglich, über Jahrtausende hinweg. Ein Mühleneffekt stellt sich ein. Abrieb entsteht, es bilden sich Sand und Schluff. 

Die Halden werden perfekt aufbereitet für eine Mure. Kleine Wasserkanäle bilden sich. Bei großen und andauernden Regen entstehen zunächst kleine Rinnsale, diese werden zu Bächen und endlich zu reißenden Wildwassern, die eine Mure in Bewegung setzt und alles, was sich im Weg befindet, auf dem Weg ins Tal mitnimmt. Riesige Gesteinsblöcke schwimmen in einer Masse aus Wasser Geröll, Gesteinsmehl und Sand. Diese strebt dem Tal zu und endet letztendlich in größeren Wassern oder kommt zum Stillstand und bildet die genannten Schwemmkegel. Jahrhunderte, Jahrtausende können vergehen, diese Bildungen werden bewachsen und wieder gerodet und oft werden darauf ganze Dörfer errichtet. Bis eben wieder ein Unwetter kommt und immensen Schaden durch Muren anrichtet.

Glimpflich verlief der jüngst gemeldete Murenabgang oberhalb von Kolm Saigurn im Pinzgau, für den vermutlich das Auftauen des Permafrosts verantwortlich ist. 24 Hektar sind von Geröll bedeckt.

Große Schäden entstanden in Mittersill im Pinzgau: Der Rettenbach sorgte für gewaltige Muren und Ablagerungen. Es ist geplant Schutzbauten zu errichten, um bei künftigen Unwettern den Abgang von Muren zu behindern.

Alle diese Ereignisse werden dem Klimawandel zugeschrieben, obwohl das - wie erörtert - natürliche Prozesse sind, die der Mensch bei der Besiedlung gewisser Flächen nicht kannte oder aber auch die Gefahren einer Verbauung solcher Flächen nicht richtig einschätzen wollte oder konnte. 

Menschlicher Einfluss bei Hangrutschungen

Ein anderes Problem, das immer wieder auftritt, sind Hangrutschungen.

Zahlreiche Hangrutschungen und Muren wurden dieses Jahr in Österreich registriert. Man schreibt sie dem anthropogen verursachten Klimawandel zu. Sicherlich haben einige der Rutschungen, wie in einer Studie nachgewiesen, ihre Ursache dem Klimawandel zu verdanken.  Die Frage ist aber auch, ob der anthropogen verursachte Klimawandel – sofern ein solcher existiert, er wird nun vermehrt von Physikern und Nobelpreisträgern angezweifelt – überhaupt einen Einfluss hatte für die heftigen Regenfälle oder ob diese dem natürlichen auftretendem Wetter zugeschrieben werden müssen.

Der menschliche Einfluss der Ursachen für Muren und Hangrutschungen ist vorhanden. Es wurden Wälder gerodet, es wurden Bauten im langfristigen, unstabilen Gelände errichtet. Die Erde lebt, Permafrost führt zu Bergstürzen. Aber auch Kunstbauten sind Ursache.  Siehe Frejus und Vajont.

Im Münchner Merkur wurde berichtet, dass ein Bergrutsch in Österreich Häuser um bis zu sieben Meter Richtung Bayern verschoben hat. "Nach den heftigen Regenfällen in Österreich der vergangenen Wochen ist der Pfänder jetzt aber selbst in Bewegung geraten: Am 28. April ist im Weiler Hochreute in der Gemeinde Hörbranz der gesamte Berghang ins Rutschten geraten – und ist seitdem in Bewegung. Geröll, Erde und abgebrochene Baumstämme sind im Zeitlupentempo unterwegs und haben bereits drei Anwesen unbewohnbar gemacht".

Oder, in der Südsteiermark, wo es ziemlich sicher zu einer vom Menschen verursachten Hangrutschung kam. Dort wurde Wald für die Anlage eines Weingartens gerodet. Ein Teil des Weingartens und Straße rutschten ab.

Obwohl Naturschützer, wie auch das Forstfachreferates der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz, Bedenken hinsichtlich einer Rodung hatten. Ein beigezogener Geologe stellte fest, "dass der Wald am Graßnitzberg durch seinen schutzwaldartigen Charakter eine erhöhte Wirkung hat und daher ein erhöhtes öffentliches Interesse besteht, ihn zu erhalten. Das agrartechnische Gutachten mit dem öffentlichen Interesse des Rodungszwecks hinsichtlich der Errichtung eines Weingartens überwog. Das umstrittene Projekt wurde bewilligt."

Wer für die Behebung des Schadens aufkommt, wird wohl von Gericht festgestellt werden.

Eine interessante Studie eines Forscherteams unter Leitung der Universität Graz, widmete sich der Frage: "Wie stark beeinflusst die globale Erwärmung schon jetzt die Häufigkeit und Intensität von Hangrutschungen?"

In dieser Studie hat das Team nun eine vollständige Analyse der Ursachen vorgenommen.

Sie untersuchten exemplarisch Hangrutschungen, die durch extreme Regenfälle im steirischen Feldbach im Jahr 2009 ausgelöst wurden. Mehr als 1.000 Muren verursachten Schäden von rund 13,4 Millionen Euro. Anschließend verglich man diese Ergebnisse mit Daten aus einer simulierten Welt ohne globale Erwärmung. Das Ergebnis ist eindeutig: Der Klimawandel ist schon jetzt für eine erhöhte Anzahl von Hangrutschungen und Muren verantwortlich.

Ein Zehntel der Hangrutsche kann eindeutig auf den vom Menschen verursachten Klimawandel zurückgeführt werden. Es wurde aber auch betont: "Man kann keine genaue Aussage darüber treffen, welche der mehr als 1.000 Erdrutsche durch die globale Erwärmung verursacht wurden.”

Besonders interessant an der Studie ist aber, dass neun Zehntel dieser Ereignisse auch ohne den Klimawandel stattgefunden hätten. Auch sollte betont werden, dass der Schaden durch vom "Menschen" verursachten Klimawandel sich in Grenzen hält. (1340 €/Rutschung)

Siehe: https://link.springer.com/article/10.1007/s10584-023-03593-2

Wirklich katastrophale Ereignisse sind eindeutig der menschlichen Aktivität zuzuschreiben und haben nichts mit dem Klimawandel zu tun. Hier seien zwei Ereignisse erwähnt. Jenes in Frejus, Frankreich, wo 1959 insgesamt 423 Menschen umkamen. Die Katastrophe in Vajont, Italien 1963, kostete 2000 Menschen das Leben, von den Verwüstungen ganz zu schweigen.

Sintflutartige Regenschauer füllte den Stausee Malpasset erschreckend schnell. Die Wächter öffneten die Notschleusen viel zu spät. Der Damm brach. Eine Flutwelle 40 Meter hoch toste talwärts und vernichtete Siedlungen und Teile von Frejus.

Seriöse geotechnische Studien für den Bau wurden nicht durchgeführt. Ein beteiligter Geologe hatte von dem Standort abgeraten. "Die Staumauer war zwar solide, sie verlief aber nicht quer zu den Gesteinsschichten, wie das üblich ist, sondern nahezu parallel dazu. Damit konnte der Druck des gestauten Wassers das Mauerfundament verschieben. Das war der Hauptgrund für die Katastrophe. Übrig blieben zur Erinnerung einige Betonblöcke, den größten Teil der Mauer beförderte die Flut talwärts.

Damals ließ diese Nachricht die Welt den Atem anhalten. Doch schon vier Jahre später ereignete sich eine weitere, vom Menschen verursachte, Katastrophe.

Der Fluss Vajont in Italien wurde durch eine Staumauer gedämmt. Der entstandene Stausee führte zu einem Bergrutsch vom Monte Toc in den See. Dieser verursachte eine große Flutwelle, die sich über die Mauerkrone in das enge Tal ergoss und das Städtchen Longarone, die Ortschaften Faé, Villanova, Erto sowie fünf weitere vollständig zerstörte. Bei der Katastrophe starben etwa 2000 Menschen. Die damals höchste Staumauer der Erde blieb bei der Katastrophe weitgehend unbeschädigt und ist heute noch vorhanden, der See wurde allerdings nicht wieder aufgestaut.

Schon während des Baus entstanden Probleme: Kleinere Bergstürze erfolgten, diese versuchte man mittels Zementinjektionen zu beheben. Weitere geologische Untersuchungen fanden auf dem Monte Toc die Reste eines uralten Bergsturzes aus paläolithischer Zeit. Diese Gesteinsmassen drohten bei ansteigendem Wasserspiegel am Fuße des Bergsturzes in den See zu rutschen. Diese neuen Befunde erreichten nie die zuständigen Kontrollorgane.

Schon nach einer ersten Teilfüllung des Sees kam es zu einem ersten Bergsturz von 700.000 Kubikmeter Lockergestein und Fels, die in den See stürzten, ohne jedoch große Schäden anzurichten. Weitere Studien wurden durchgeführt, während der See mehrmals aufgestaut und abgelassen wurde.

"Am 9. Oktober 1963 kam es zu einem katastrophalen Bergsturz, wobei 270 Millionen Kubikmeter Gestein vom Monte Toc in Richtung See rutschten und dessen Becken Großteils füllten. Die plötzliche Verdrängung des angestauten Wassers verursachte eine riesige Flutwelle, die die auf dem gegenüberliegenden Hang liegenden Dörfer Erto und Casso um wenige Meter verfehlte, bevor sie talaufwärts floss und dort einige kleine Ortschaften zerstörte. Etwa 25 Millionen Kubikmeter Wasser überströmten die Mauer und erreichten das am Ende des engen Tals abwärts gelegene Städtchen Longarone: Dieses und einige umliegende Ortschaften wurden vollständig zerstört. Etwa 2.000 Menschen starben unmittelbar. Die Mauer selbst blieb weitgehend unbeschädigt."

Wesentlich ist, dass Untersuchungen zu falschen Schlüssen führten und andere Erkenntnisse den Behörden nicht zugeführt wurden. Proteste der Talbewohner, die auf beobachtete Probleme aufmerksam machten, wurden unterdrückt.

Weitere Details zu den Ursachen des riesigen Bergsturzes sind in Wikipedia sehr detailliert beschrieben.

Was ist diesen Ausführungen zu entnehmen?

  1. Gegen Klimawandel ist man machtlos, aber man kann sich anpassen.
  2. Es ist schön, ein Haus am See zu haben, aber gefährlich eines am Ufer eines strömenden Gewässers.
  3. Ein Weg gegen Muren sind Schutzbauten.
  4. Gewisse Bereiche unseres Landes eignen sich nicht zum Siedeln.
  5. Für nur wenige Rutschungen ist der vom "Menschen verursachte" Klimawandel verantwortlich, wohl aber sind das vom Menschen errichteten Bauten.
  6. Eingehende geotechnische Studien sollten für jede Art von Bau verpflichtend sein.
  7. Grüne Energie hat bisher viele Todesopfer gefordert. Atomkraft dagegen nur wenige.

 

Dr. Gerhard Kirchner ist Bergingenieur und liebt die Umwelt.

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