Von allen guten Geistern verlassen: Quo vadis, Europa?

Bevor man über eine Antwort zu dieser Frage im Titel spekulieren kann, ist es notwendig, sich zuerst Gedanken darüber zu machen, wo Europa war und herkommt. Der Untergang des Römischen Reiches im und um das 5. Jahrhundert war unter anderem zeitlich verbunden mit der Völkerwanderung, zu einem Zeitpunkt, als das Klima der römischen Wärmeperiode zu Ende ging und im Norden Europas eine Kälteperiode einsetzte, die erst im 8. Jahrhundert endete, als die Mittelalterliche Wärmeperiode einsetzte.

Hat schon jemand diesen Temperatursturz mit dem Einsetzen der Völkerwanderung und damit wahrscheinlich der Ursache letzterer und der Zerstörung des Römischen Reiches in Verbindung gebracht?

Die Zivilisation und Kultur des Römischen Reiches erlebte einen Niedergang in eine wahrlich dunkle Periode, in der wissenschaftliche und speziell astronomische Kenntnisse in Vergessenheit gerieten und von religiösem Fanatismus verdrängt wurden. In endlosen Kriegen, die oft nicht viel mehr als Stammesfehden waren, versuchten sich Länder zu formen und zu bilden, bis sich unter dem Frankenkönig Karl, der später der Große genannt worden ist, sich um das Jahr 800 wieder ein europaweites Reich formierte. Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation sah sich als Nachfolgereich des Römischen Reiches. Karl der Große, vom Papst zum Kaiser gekrönt, sah sich aber unter anderem auch genötigt, die störrischen Sachsen mit Schwert und Axt erst zum Christentum zu bekehren.

Während der Mittelalterlichen Wärmeperiode, die von etwa 700 bis 1200 dauerte, gab es wieder Bedrohungen vom Osten durch die Avaren und mit der Invasion Europas durch den Islam. Diese erfolgte zunächst ab 711 in die Iberische Halbinsel und zwischen 1354 und 1526, als das Ottomanische Reich die Gebiete des heutigen Griechenlands, Bulgarien, Rumänien, Albanien, Kosovo, Nordmazedonien, Serbien, Montenegro, Bosnien und Ungarn eroberte.

Dazu kamen in dieser größeren Zeitperiode auch die Kreuzzüge, mit gemischt religiösen und politischen Zielen.

Sprung in die Neuzeit, nominell beginnend mit der Entdeckung Amerikas 1492, zuerst fälschlicherweise als Indien angesehen, durch Kolumbus. Danach setzte, trotz aller innereuropäischen Kriege, inklusive des 30-jährigen Krieges, eine Eroberung und/oder Ausdehnung der Macht europäischer Länder auf Nordamerika, Südamerika, Afrika, Indien und den pazifischen Raum ein.

In diese Zeit fällt auch die Regierungsperiode des Kaisers des Hl. Römischen Reiches Deutscher Nation Karl V. (König Karl I. von Spanien) von 1519 bis 1556 mit europaweiter Ausdehnung. Es gab aber immer wieder Einfälle aus dem Osten, wie die der Türken, die 1529 und 1683 Wien belagerten.

Zeitsprung ins 19. Jahrhundert: Die europäischen Länder wie Großbritannien, Frankreich, Spanien, Portugal, Belgien, die Niederlande, als Nachzügler die Kolonialmacht Deutschland, sowie das Zarenreich Russland mit der größten Ausdehnung seines Gebietes und die österreichisch-ungarische Monarchie erreichten den Gipfelpunkt ihrer Macht und ihres Einflusses in der Welt.

Unersättlicher Hunger nach Macht und Vormacht verursachten unter Vorgabe aller möglicher Ideale im 20. Jahrhundert die gegenseitige Zerfleischung dieser Länder in zwei extrem blutigen und zerstörerischen Weltkriegen. Damit war der Verlust ihrer Macht und ihres Einflusses in der Welt verbunden.

Zwei Werke können über die Ursachen diese Ereignisse tiefgründig Aufklärung geben: "Die Schlafwandler", von Christopher Clark und "Churchill, Hitler und der unnötige Krieg. Wie Großbritannien sein Empire und der Westen die Welt verspielte" von Patrick Buchanan.

Aus Schutt und Asche, sowie dem unendlichen Leid und Blutverlust dieser Kriege erwuchs jedoch in Europa, mit Hilfe der USA und Kanadas, durch eine Renaissance von Wissenschaft, Technik und Industrie ein nie vorher dagewesener Wohlstand. Dagegen erhob sich im Osten ein neuer Feind, die UdSSR, deren diktatorischer Nachfolgestaat nach dem Kollaps des Kommunismus immer noch die größte Gefahr für Europa darstellt.

Unter dem Druck dieser Gefahr fand Europa zum ersten Mal ein Gefühl der Gemeinsamkeit, geboren aus der Notwendigkeit zu überleben und zu gedeihen. Die EWG/EU und Nato wurden zu den Instrumenten dieser Überlebenspolitik, unterstützt von den USA und Kanada, beruhend auf einer gemeinsamen Wertebasis sowohl geistiger als auch materieller und strategischer Natur.

Parallel dazu verfiel Afrika ins immer noch vorherrschende Chaos und in Korruption, während Indien sich um Selbsterhalt und wirtschaftlichen Aufschwung müht und China zur wirtschaftlichen und militärischen Weltmacht wurde.

Aber dann begaben sich viele Länder des neuen Europas und allen voran Deutschland in eine Energieabhängigkeit von Russland – was mit Nachsicht nur als Folge von Kurzsichtigkeit und nicht als Dummheit oder Absicht gesehen sei.

Der Wiederaufbau Europas hatte in dem Tempo, in dem er stattfand, zunächst die unangenehmen Erscheinungen der Verschmutzung und schweren Belastung der Umwelt zur Folge. Die Qualität der Gewässer, Luft und Landschaft wurde schwer in Mitleidenschaft gezogen. In den industriellen Ballungszentren war die Luft von Rauchgasen, Schwefeldioxyd, Ruß, Feinpartikeln von Eisenoxyd, unvollständig verbranntem Diesel und Benzin, letzterer noch dazu mit Blei versetzt, in unerträglichem Ausmaß verdreckt. In den 50er und 60er Jahren konnte man in manchen Gegenden keine Wäsche auf die Leine hängen, weiße Hemdkrägen waren zu Mittag bereits grau und tiefes Luftholen machte keinen Spaß. All dem wurde bis gegen Ende des 20. Jahrhunderts mit Erfolg Abhilfe geschaffen. Die Umwelt ist in Europa, den USA und Kanada wesentlich besser geworden und wird mit strenger Gesetzgebung weiterhin überwacht.

Vor allen China, Indien und Afrika sind allerdings noch weit von dem Standard der westlichen entwickelten Länder entfernt.

Gegen Ende des 20. und zu Beginn des 21. Jahrhunderts erhob sich im Westen eine skurrile Bewegung der Klimahysterie mit gravierenden Folgen für die Wirtschaft, vor allem für die Energieversorgung der Länder und ihrer Einwohner. Diese Klimahysterie beruht auf der These, dass anthropogen erzeugtes CO2 zu einer katastrophalen Klimaerwärmung und dem Untergang des Planeten Erde führt. Sie wurde geschürt von dem UN-IPCC, dem Klimarat der Vereinten Nationen, der letztlich sogar Ablasszertifikate an CO2-Sünder verkauft. Ursprünglich beruhte sie auf einer nachgewiesener Maßen gefälschten Grafik, der sogenannten Hockey-Stick Kurve des Amerikaners Michael Mann. Inhalt und Schlussfolgerungen dieser Grafik sind schon von angesehenen Wissenschaftlern u.a. der Nasa und einem Nobelpreisträger der Physik widerlegt worden. Dieser Widerlegung haben sich allein in den USA 31.000 Wissenschaftler angeschlossen.

Dennoch ist diese Hysterie ausgeartet und von der Politik ausgenützt worden. Diese geschah hauptsächlich in Europa, den USA und Kanada. Es hat angefangen mit NGOs und linken und grünen Parteien. Heute glauben Regierungen aller Farbgebung, sich damit erstens die Stimmen der uninformierten und der Hysterie verfallenen Wählermassen erkaufen, und zweitens gleichzeitig die gleichen Massen mit sogenannten CO2-Steuern, inklusive Abgaben auf Brennstoffe zum Kochen und Heizen belegen zu können. Unter der Behauptung, den Planeten retten zu müssen, wollen sie damit die Staatskassen füllen und überschlagen sich in Verschwendung.

In Europa, vornehmlich in der EU, ist die Klimahysterie zu einem Hauptthema geworden. Der Streit um die Atomkraft oder das Verbrenner-Aus wird mit fast größerer Aufmerksamkeit bedacht als die Gefahr aus dem Osten.

Die EU, heute unter dem Vorstandsvorsitz einer abgehalfterten und als Verteidigungsministerin in Deutschland als inkompetent erwiesenen Frau, hat sich schon lange in das Mikromanagement der Affären seiner Mitgliedstaaten verzettelt, anstatt ihnen in vielen Bereichen Souveränität zuzugestehen. Das hat unter anderem zum Brexit Großbritanniens geführt, dessen Schlamassel auch nach Jahren noch die EU plagt. Bei einer Wahlbeteiligung von 72,2 Prozent haben 51,9 Prozent der Abstimmenden, also nur 37,47 Prozent aller Wahlberechtigten für den Brexit gestimmt.

Zugleich lassen sich die EU und die europäischen Natomitglieder vom psychologischen Pokerspiel des Aggressors Putin und seiner Drohung mit dem Atomkrieg einschüchtern. Sie zögern, kleckern und schicken unzureichende Militärhilfe an die Ukraine, dem Verteidigungsbollwerk Europas. Dadurch geben sie Putin Zeit, nochmals 1300 Panzer auf- und nachzurüsten, während sie nur zögernd und zaudernd ein paar Dutzend Panzer schicken, noch immer Kampfflugzeuge zurückhalten, während Putins Vertrauter Medwedew mit einem Raketenschlag auf Berlin droht. Putin selbst will, nach eigenen Aussagen, die Ausdehnung des zaristischen Russlands und der UdSSR wiederherstellen, was große Teile des heutigen Europa betrifft.

Merkt Europa nicht, was auf dem Spiel steht? Hat denn keiner dieser Zögerer jemals von Sun Tzu oder Carl von Clausewitz gehört, geschweige denn sie studiert? Clausewitz schrieb seine Grundgedanken über Krieg und Kriegführung schon vor etwa 200 Jahren nieder, welche zuerst 1832 erschienen und dann später zusammenfassend in einem kleinen Büchlein 1915 herausgegeben worden sind. In seinen Betrachtungen finden sich ein paar Passagen, die einem in ihrer Aktualität die Gänsehaut über den Rücken laufen lassen:

"Es ist eine Eigentümlichkeit der Kriegsführung Verbündeter, die nicht von der äußersten Gefahr zur  Einheit und Konsequenz gedrängt wird, daß die geteilten politischen Interessen ihr Spiel treiben, Uneinigkeit, Widersprüche und zuletzt völligen Unsinn hervorbringen. Wenn eine Macht allein Krieg führt, mag sie Zeit und Kräfte nach Gefallen verschwenden. Es entsteht wenigstens kein zweiter Nachteil daraus. Aber bei einem Bündniskriege kann es nie fehlen, daß auffallende Untätigkeit des einen den anderen entweder zu ebensolcher veranlaßt oder so empört, daß ein baldiger Bruch des Bündnisses erfolgt."

Und etwas später noch:

"Wenn blutige Schlachten ein schreckliches Schauspiel sind, so muß dies eine Veranlassung sein, den Krieg mehr zu würdigen, aber nicht die Waffen, die man führt, nach und nach aus Menschlichkeit stumpfer zu machen, bis einmal wieder einer dazwischenkommt mit einem scharfen Schwerte und uns die Arme vom Leibe weghaut.”

Oder, wie es bei den alten Römern schon hieß: Si vis pacem para bellum.

Da muss man das heutige Europa fragen: Quo vadis, Europa? Weißt Du selbst überhaupt, wohin Du gehst?

 

DI Helmut Wöber ist Diplom-Bergbauingenieur, lebe in einem Vorort von Vancouver, Kanada, und war beruflich auf allen fünf Kontinenten und Grönland tätig, u.a. auch auf dem Gebiet Uranexploration und Uranbergbau.

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