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Erfindungen und Rohstoffe im Krieg und Frieden

Es ist zwar eine betrübliche Erkenntnis: Neue Technologien werden zum guten Teil in Kriegen geboren, aber auch friedlich genutzte Technologien werden in Kriegen eingesetzt. Im Kaiserreich China wurde um 1044 das Schwarzpulver erfunden und diente zunächst friedlichen Zwecken. Aber schon um 1161 wurde es erstmals vom Kriegsmandarin Yu Yunwen im Krieg eingesetzt. Es dauerte bis 1326, bevor es in Europa als Treibmittel in Kanonen bekannt und 1331 bei der Belagerung von Cividale durch deutsche Ritter eingesetzt wurde. Wieder vergingen einige hundert Jahre, bevor Schwarzpulver 1627 auch zu friedlichen Zwecken im Goldbergbau in Schemnitz, damals Ungarn, Verwendung fand.

Ein jüngeres bekanntes Beispiel sind die Kettenfahrzeuge. Diese wiederum zunächst friedliche Technologie, die im frühen 19. Jahrhundert bekannt wurde, mutierte im Ersten Weltkrieg 1916 zu einer Kriegswaffe, den britischen Tanks. Heute findet diese Technologie in der Industrie Anwendung, als Schubraupen oder in der Präparation von Skipisten.

Das Düsentriebwerk der Me 110 wurde im Zweiten Weltkrieg erfunden, und unser Flugverkehr wäre ohne dessen Weiterentwicklung undenkbar.

In Jáchymov, in Tschechien, früher im Kronland Böhmen als Sankt Joachimsthal bekannt, wurde einst ein sehr ertragreicher Silberbergbau betrieben. Dort wurde auch im frühen 16. Jahrhundert der Joachimstaler geprägt, der später zum Maria-Theresien-Taler wurde, und der unter den Beduinen Saudi-Arabiens bis mindestens 1964 als Zahlungsmittel Verwendung fand.

Neben anderen Elementen kam auch das Element Uran in der Pechblende und deren Folgeprodukten vor. Zunächst war Pechblende, ein Uranoxyd, das in Joachimsthal als schwarze Blende, Teufelsstein oder Pechblende bekannt war, nicht verwertbar. Allerdings war es ein Indikatormineral, das anzeigte, dass in weiterer Teufe kein Silber mehr zu erwarten war.

Im Jahr 1789 entdeckte Martin Heinrich Klaproth, dass Pechblende Uranoxid ist. Er benannte dieses neue Element nach dem Planeten Uranus, der von Herschel entdeckt worden war. Es sollten noch Jahrzehnte vergehen, bevor für dieses Mineral/Element eine Verwendung in der Herstellung von farbigem Uran-Glas gefunden wurde. Der Montanist und Chemiker Adolf Patera perfektionierte die Herstellung reiner Uranverbindungen aus Pechblende. Das führte 1856 zu einer gewinnbringenden Uranfarbenindustrie. Diese Entwicklung führte zu planmäßigem Uranerzbergbau.

1896 entdeckte H. Becquerel die Radioaktivität, und 1898 entdeckten Pierre und Marie Curie Polonium und Radium aus dem Abfall der Farbproduktion. Die Entdeckung von Radium resultierte in der Entwicklung zahlreicher Produkte. Diese wurden weitgehend in der Medizin angewendet, jedoch ist Radium heute auch ein Bestandteil der Atombomben. Mit der Entdeckung der Kernspaltung durch den deutschen Chemiker Otto Hahn und die Österreicher Lise Meitner und Otto Frisch 1938/39 wurde ein neues Kapitel in der Verwertung von Uran geöffnet. Diese führte zunächst zum Bau von Atombomben und später zum Bau von Kernkraftwerken. Heute ist Uran der meistverwendete Brennstoff in den gegenwärtigen Kernkraftwerken.

In jüngster Zeit und in einigen Staaten scheint Thorium zusehends Uran in Kernkraftwerken zu ersetzen.

Thorium, ein Actinoid, wurde 1829 vom schwedischen Chemiker Jöns Jakob Berzelius entdeckt und nach dem germanischen Gott Thor benannt. Es kommt nach Aussagen von Walter L. Pohl, Economic Geology, in der Erdkruste viermal häufiger vor als Uran. Thorium-Lagerstätten gibt es weltweit. Die größten in Indien, gefolgt von Brasilien, Australien und den USA. Auch in Europa gibt es bedeutende Th-Vorräte. Bekannt sind Norwegen, Finnland, Schweden und Grönland. Es ist auch bergbaulich, vor allem aus Strandsanden, die unter anderem das Hauptmineral Monazit führen, leicht zu gewinnen. Sie sind in den Sanden an den Küsten mit granitischem Hinterland angereichert. Die Ressourcen werden auf etwa 6,6 Millionen Tonnen Thorium geschätzt.

Monazit ist ein Phosphat, das hauptsächlich aus Cer, Lanthan, Neodymium und Thorium besteht. Thorium wird aber überall nur als Nebenprodukt bei der Raffination von Seltenen Erden gewonnen, wie zum Beispiel in China. Verwendet wurde Thorium zunächst für die Herstellung von Glühstrümpfen, später als Röntgenkontrastmittel. Auch als Zusatzstoff für Elektroden beim Wolfram-Inertgas-Schweißen und anderen Technologien wurde Thorium eingesetzt.

Die Radioaktivität des Thoriums wurde 1898 von Marie Curie und Gerhard Schmidt zeitgleich entdeckt. Es kann zur Herstellung des spaltbaren Uranisotops 233U verwendet werden.

Indien hat die größten Thorium-Vorräte, aber nur geringe Uran-Ressourcen. Daher wird dort intensiv in Reaktortechnologien geforscht, die als Energierohstoff Thorium verwenden.

"World Nuclear Association” berichtet, dass der erste Thorium-Reaktor 1962 im Indian Point Energy Center in Buchanan, USA, gebaut wurde. Eine Renaissance in der Anwendung von Thorium als Kernbrennstoff begann 1996. Der Forschung im großen Stil widmeten sich zahlreiche Staaten, allen voran China, das dabei am weitesten fortgeschritten ist. Vor allem sind es die Molten Salt Reactors, (MSR), zu deutsch Salzschmelzen-Reaktoren. Mit dieser vielversprechenden Technologie, in der Thorium als Brennstoff verwendet werden soll, soll auch Abbrand aus Leichtwasserreaktoren (LWR) verwertet werden können. Mit dieser Technologie könnte man auch das Volumen der Abbrände der LWR für die Endlagerung reduzieren.

Vier Konzepte von MSR werden derzeit untersucht:

  1. Das Konzept des Molten salt fast reactor (MSFR) in der EU, mit Frankreich an der Spitze. Dieser Reaktor verwendet LiF (Lithiumfluorid) als Lösung für ThF4 (Thoriumfluorid) und spaltbarem Uran und Plutonium.
  2. Das von Russland entwickelte Wieder-Verarbeitungs- und Transmutations-Konzept für Flüssig-Salz, das die Transurane in den Abbränden aus UO2 und aus LWR, ohne Unterstützung von Uran oder Thorium, vernichtet.
  3. Das Thorium MSR-Konzept, das von China untersucht wird und das Thorium als Brennstoff verwertet.
  4. Der indische MSBR, der Thorium verwendet, um spaltbares Uran 233 zu brüten.

Ihnen allen eigen ist, dass die Kühlung nicht durch Wasser, wie in LWR, sondern durch geschmolzene Salze erfolgt. Diese enthalten auch den Brennstoff. Sie sind thermisch stabil und erlauben einen sicheren Betrieb bei hohen Temperaturen und geringem Druck. Sie können sowohl für die Erzeugung von elektrischer Energie als auch für Prozesswärme verwendet werden. Ein GAU-ähnlicher Reaktorunfall ist nicht möglich.

Russland betreibt bereits seit 2016 einen Flüssig-Salz-Wieder-Verarbeitungs- und Transmutations-Reaktor. In Deutschland wird dieses Konzept abgelehnt, nicht so in Frankreich oder in Japan.

China meldete den Bau eines MSR-Reaktors in Wuwei City, Gansu Province, am Rande der Wüste Gobi. Dieser wurde vom Shanghai Institute of Applied Physics (SINAP) geplant und vergangenen August am Rande der Gobi in Betrieb genommen. Geplant ist diese Technologie zu patentieren und ab 2030 weltweit zum Verkauf anzubieten.

Indien plant 2050 mittels Th-Reaktoren 30 Prozent des Bedarfs an elektrischer Energie zu erreichen. Bereits 2014 wurde von Bhabha Atomic Research Centre in Mumbai der neueste "Next generation nuclear reactor" vorgestellt, der Thorium als Brennstoff verwendet.  

In jüngster Zeit sind es nicht nur Staaten, die in MSR-Technologie forschen, sondern auch Start-up-Gesellschaften in Kanada, den Vereinigten Staaten, ja sogar in Österreich. Ich hoffe, wir sind erfolgreich und müssen nicht für unsere zukünftige Energieversorgung neben Photovoltaik-Paneelen auch noch Reaktoren aus China kaufen.

Was ist aus dem Vorgestellten ersichtlich:

  1. Dass Technologien oft für friedliche Zwecke entwickelt, um später in der Kriegstechnologie verwendet zu werden und auch umgekehrt. Es ist zu hoffen, dass Thorium nicht diesem Schema folgt.
  2. Dass trotz der negativen Einstellung unserer Gesellschaft, jedenfalls unserer Regierung, gegenüber Atomkraft in Österreich in einer Start-up-Gesellschaft in Nukleartechnologie geforscht wird.

 

Dr. Gerhard Kirchner ist Bergingenieur und liebt die Umwelt.

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