Elon Musk soll nicht mehr der reichste Mensch der Welt sein. Dafür besitzt er seit Oktober den Microbloggingdienst »Twitter«. Musk leitet zahlreiche Firmen, am bekanntesten ist dabei wohl sein Elektrofahrzeugunternehmen »Tesla«. Seitdem er Twitter übernommen hat, wird er mehr und mehr zur meistgehassten Person der westlichen Welt. Zumindest deren selbstgerechter Hälfte. Und seitdem kann man sich nur schwer des Eindrucks erwehren, Twitter wäre – neben richtigen Pronomen und neben der Korruptheit aller konservativen Parteien –, die wichtigste Sache der Welt.
Es vergeht kein Tag, an dem keine Sensationsnachricht erscheint, die die »Ungeheuerlichkeit« seines Vorgehens ausgiebig darstellt. Dabei wird der Ton immer rauer, und die Vorwürfe werden immer substanzloser. Eine »intellektuelle« Abneigung gegen den »aus reichem Haus« stammenden Milliardär zeichnet sich schon länger ab.
Als etwa das Time-Magazin vor einem Jahr bekanntgegeben hatte, Musk wäre zur Person des Jahres 2021 erkoren worden, konnte ich bei der Sendung »28 Minuten« des (sehr zu empfehlenden) Senders »Arte« einer Diskussion über ihn und dieses Time-Cover von fünf Journalisten und Kulturschaffenden ansichtig werden. Im Grunde waren sich alle in ihrer Empörung einig, lediglich die Nuancen der Hysterie wurden gegenseitig abgeklopft. Den Vogel schoss die Bemerkung eines Sendungsgastes ab, der die Runde beruhigen wollte und verdeutlichte, eine Entscheidung für eine Person seitens der Time-Redaktion sei ja keine Sache von Sympathie, Wertschätzung oder gar Zustimmung. Denn immerhin sei ja auch Adolf Hitler Person des Jahres gewesen. Selbst eingedenk des Sendungsmottos »Humor und Polemik sind erlaubt« war das eine ungeheure Entgleisung – den mörderischen Diktator verharmlosend und voller Niedertracht! –, die niemanden in der Runde auch nur zu leisem Widerspruch verführen konnte.
Mittlerweile – Sie können es in zahlreichen SZ-, Standard- oder sonstigen Artikeln über das neue Twitter nachlesen – wird Musk mangelnde Managementfähigkeit, Skurrilität und im schlechteren Fall Narzissmus oder eine andere Persönlichkeitsstörung (dezent) angedichtet. Die Schmutzarbeit in der Kampagne gegen ihn leisten dann die Fußtruppen in den Kommentarsektionen, dort wird er schneller zum Gottseibeiuns, als ein durchschnittlicher User braucht, sein Facebook zu öffnen.
Mich erinnert die Entwicklung in der »medialen Darstellung« der Person Elon Musk ab seiner Twitter-Übernahme stark an jene, die der ebenfalls milliardenschwere Donald Trump ab der Realität seiner Präsidentschaftskandidatur, also in den Jahren 2015 und 2016, bei uns genommen hat. Trump war von Start seiner Berühmtheit an als »skurriler« Milliardär bekannt, und in einer Dokumentation über ihn aus dem Jahr 2013 wird dieser Skurrilitätsfaktor auch nicht verborgen. Ansonsten ist es aber ein Portrait eines erfolgreichen Entrepreneurs, für den im Übrigen viele gezeigte Mitarbeiter aus allen Schichten und Ethnien durchaus gerne gearbeitet haben.
Mir sind in deutschsprachigen Medien spätestens ab dem Jahr 2016 nur Texte oder Berichte geläufig, in denen er bestenfalls geistig derangiert aber üblicherweise als Reinkarnation des Bösen dargestellt wurde. Jetzt kann man bei Trump sicher zu Recht sagen, als Politiker, noch dazu als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, gelten andere Maßstäbe, und man kann wahrscheinlich zu Recht sagen, dass Donald Trump wenig dazu getan hat, dieses diabolische Image zu entkräften, mir geht es aber um das gleiche Muster, dem mir nun Elon Musk ausgesetzt scheint. Mit dem Moment, mit dem ein nicht unbedingt als links einzustufender Milliardär das Spielzeug der pseudodemokratischen Netzelite übernommen hat, wird auf ihn aus allen Rohren geschossen. Nicht konzertiert natürlich, ich wittere hier keine Weltverschwörung.
Nein, es ist der viel gefährlichere Automatismus einer immer stärker versozialisierten Welt, in der alles und jeder, der mehr hat, der gar reich ist, verdächtig ist. Und damit asozial, korrupt und unmenschlich. Das ist fatal. Wie so oft beten Linke ihre Dogmen lediglich dann an, wenn es in ihren Kram passt. Dass eine Gesellschaft auch Menschen wie Musk braucht, mit Unternehmergeist ausgestattet, ja sogar mit Lust auf monetären Erfolg, das geht ihnen beim ganzen sonstigen Diversitätsgeschwafel nicht in den Kopf. Schade.
Christian Klepej ist Unternehmer und gibt in Graz das Monatsmagazin Fazit heraus. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.