In El Paso, das nur durch den Rio Grande von der mexikanischen Millionenstadt Juárez getrennt ist, sind die Zustände bereits jetzt katastrophal. Die "Texas Tribune" schreibt: "Migrants are sleeping on the streets after thousands crossed the border last weekend." Jeden Tag kommen allein in El Paso mehr als 2300 Migranten, viele aus Venezuela, an. Das sind mehr als doppelt so viele wie noch im September.
Selbst Denver in Colorado, das mehrere hundert Kilometer von der mexikanischen Grenze entfernt liegt, hat aufgrund des Ansturms den Notstand ausgerufen. Die Unterkünfte und Einrichtungen für Asylsuchende aus Lateinamerika sind völlig überlastet. Im amerikanischen Fiskaljahr, das von Oktober bis Ende September dauert, sind laut US-Grenzbehörden 2,4 Millionen Migranten registriert worden.
Das ist ein neuer Rekord, und um 27 Prozent mehr als im Fiskaljahr 2021. Allein im Oktober kamen mehr als 230.000 Menschen über die mexikanische Grenze in die USA.
Das ist aber nur der Vorgeschmack auf das, was auf die Amerikaner zukommt. US-Präsident Joe Biden will die Grenzen weiter öffnen, auch wenn er und die Demokraten das nicht explizit sagen. Sie agieren ähnlich wie die EU bzw. Berlin oder Wien, schieben gesetzliche Regelungen, internationale Abkommen, humanitäre Verpflichtungen etc. vor, um die unkontrollierte Massenzuwanderung vor den Bürgern zu rechtfertigen und als unabwendbar darzustellen.
Bidens Vorgänger Donald Trump hatte 2020 während der Corona-Pandemie die sogenannte "Title 42"-Regelung erlassen, auf deren Grundlage Migranten sofort und ohne bürokratischen Aufwand an der Grenze abgewiesen werden konnten. Diese Klausel aus dem Jahr 1944 soll die "Verbreitung übertragbarer Krankheiten aus dem Ausland" verhindern. Schon 2020 sind Demokraten, linke Medien und NGOs gegen die Aktivierung dieser Regelung Sturm gelaufen, weil sie ein effektives Mittel ist, den Migrantenzustrom aus Lateinamerika einzudämmen.
Biden wollte im April dieses Jahres die Regel aufheben, dies wurde aber von einem Bundesrichter in Louisiana nach einer Klage konservativ regierter Bundesstaaten blockiert. "Title 42" blieb vorerst bis 20. Dezember diesen Jahres in Kraft. Nun hat ein Einspruch konservativer Bundesstaaten die Aufhebung weiter verzögert.
Dass die Regel fallen wird, ist aber nur eine Frage der Zeit. Der Druck der Linken ist massiv. Die "Washington Post" titelte am 21. Dezember: "Title 42 Must End." Das linke Leitmedium zählt dafür mehrere Gründe auf, die auch von Österreichs Vizekanzler Werner Kogler oder der Caritas stammen könnten: "Title 42" sei illegal – weil er das Asylrecht ausheble –, würde eine alte Regelung zweckentfremden, diskriminiere Ausländer und bringe Menschen in Gefahr. Kein Wort über die negativen Folgen einer De-facto-Grenzöffnung für das eigene Land und seine Bürger.
Sobald "Title 42" fällt, befürchten die Republikaner, aber auch viele gemäßigte Demokraten, eine gewaltige Asylwerberwelle. Der Gouverneur von Texas, der Republikaner Greg Abbott, warnt vor einem "totalen Chaos". Selbst der demokratische Senator Joe Manchin forderte Biden auf, die Restriktionen für Einwanderer zu verlängern. Der republikanische Abgeordnete im Repräsentantenhaus für Texas, Tony Gonzalez, warnt ebenfalls vor einem "Hurrikan von Migranten".
Biden und der Großteil der Demokraten wollen aber genau das. Sie verfolgen ähnliche Ziele wie ihre Politkollegen auf der anderen Seite des Atlantiks: Sie wollen die USA mit Migranten aus der Dritten Welt fluten. Experten rechnen damit, dass mit dem Auslaufen der "Title 42"-Regelung die Zahl der Armutsmigranten, die über die mexikanische Grenze kommen, um hier um Asyl anzusuchen, auf 14.000 bis 18.000 pro Tag ansteigen wird.
Brandon Judd, der Präsident des National Border Patrol Council (NBPC), befürchtet zudem, dass aufgrund der damit verbundenen Überforderung der US-Grenzbeamten die mexikanischen Drogenkartelle die vollständige Kontrolle über die Grenze erlangen. Die Drogen-Bosse nutzen die illegale Masseneinwanderung, um ihre Ware im großen Stil an den überforderten Grenzschützern vorbei in die USA zu transportieren. Schon jetzt erwirtschaften die Kartelle dank der lockeren Grenzpolitik der Demokraten Rekordeinnahmen. Sie dürften mit dem Ende des "Title 42"-Regelung weiter steigen.
Judd macht Biden für die seit dem Regierungswechsel stark gestiegene Zahl an Drogentoten im Land verantwortlich. Die USA werden mit Drogen aus Lateinamerika regelrecht überschwemmt.
Ähnlich wie an den EU-Außengrenzen, etwa im Mittelmeer, sind auch in den USA die NGOs, die von den Demokraten finanziell massiv unterstützt werden, maßgeblich daran beteiligt, möglichst vielen Migranten über die Grenze zu helfen und zu sorgen, dass sie auch in den USA bleiben können.
An Biden und den meisten Demokraten prallen die berechtigte Kritik an der Masseneinwanderung dank breiter Unterstützung der linken Medien ab. Man bestreitet die negativen Folgen der Massenzuwanderung unqualifizierter Menschen, und auch, dass es überhaupt zu einem noch größeren Ansturm kommen wird. Bidens Beraterin Keisha Lance Bottoms behauptete, der Wegfall von "Title 42" hätte nichts mit einer Öffnung der US-Grenze zu tun. Man verfolgt eine ähnliche Strategie wie die Linke in Europa: verharmlosen, verschweigen, sich auf gesetzliche Regelungen, internationale Abkommen und Formalismen zu berufen, die allesamt einen effektiven Grenzschutz unterlaufen und verhindern.
Wie skrupellos man dabei vorgeht, haben Biden und seine Getreuen im September vergangenen Jahres bewiesen. Als der konservative Nachrichtensender Fox News mit einer Drohne zigtausende Migranten, die an der Grenze campierten, gefilmt hat und die Bilder für großes Aufsehen in den USA gesorgt haben, war die erste Reaktion der Biden-Administration, den Luftraum für Drohnen über dem Grenzgebiet zu sperren. Sie wollte die Bürger nicht mit Bildern, die das gesamte Ausmaß dieses vom politmedialen Establishment verharmlosten Massenansturms zeigten, aufschrecken.
Seit seinem Amtsantritt befeuert Biden mit seinem Zick-Zack-Kurs die Massenzuwanderung. Lange vor "Title 42" hat er bereits andere effektive Grenzschutz-Regelungen von Trump aufgehoben und damit deutliche Signale an Millionen von ausreisewilligen Lateinamerikanern gesendet. Unter anderem hat er Trumps "Remain-in-Mexico"-Politik beendet, nach der Asylbewerber einen Asylantrag von Mexiko aus stellen mussten. Dadurch hat verhindert werden können, dass abgelehnte Asylwerber illegal in den USA bleiben. Ebenso haben die Demokraten Abkommen, mit denen die Trump-Administration zentralamerikanische Durchreiseländer als "sichere Drittländer" anerkannte, aufgekündigt.
Wenn die "Title 42"-Regelung fällt – und das ist nur eine Frage der Zeit – werden die Migrantenströme aus Lateinamerika dramatisch anschwellen und – ähnlich wie in Europa – die Bevölkerungsstruktur des Landes völlig verändern. Das ist auch eines der Ziele dieser linken Politik. Was für Europa Afrika und der Islamgürtel, ist für die USA Lateinamerika.
Die Entwicklung ist auf beiden Seiten des Atlantiks ähnlich: Anfang der 1970er Jahre lebten weniger als zehn Millionen Hispanics in den USA, 2021 waren es bereits 62,5 Millionen. Das sind rund 20 Prozent der US-Bevölkerung. Tendenz stark steigend.
Doch ein Teil der Strategie der Demokraten scheint nicht aufzugehen: Sich mit der Massenzuwanderung von Armutsmigranten sein linkes Wählerreservoir aufzufüllen. Bei den Midterm-Elections im November haben die Demokraten viele Hispanics-Stimmen an die Republikaner verloren.
Werner Reichel ist Journalist und Autor. Sein aktuelles Buch "Die kinderlose Gesellschaft" ist im Frühjahr 2022 im Freilich-Verlag erschienen.