Sozialismus wirkt: Auf dem Weg in die arbeitsscheue Gesellschaft

Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen (2 Thess 3,10: zweiter Brief des Paulus an die Thessalonicher).

Viele halten den Sozialstaat und dessen adipösen Bruder, den Wohlfahrtsstaat, für die größten Errungenschaften seit der Erfindung des Rades. Die Vorstellung, dass es nicht auf die Produktion von Wohlstand, sondern auf dessen gerechte (in der Ideenwelt der Sozialisten bedeutet das: gleiche) Verteilung ankommt, ist nicht umzubringen. Die vermeintlich segensreiche Wirkung "sozialer Umverteilung" wird heute auch von den Vertretern bürgerlicher Parteien nicht mehr ernsthaft in Frage gestellt.

Dass am Beginn der Entwicklung des Wohlfahrtsstaates keineswegs der Gedanke stand, benachteiligten Mitmenschen unter die Arme zu greifen und ihnen etwas Gutes zu tun, sondern schlicht und ergreifend die handfeste Absicht, den damals rasanten Aufstieg der Sozialdemokratie zu bremsen, ist heute weithin vergessen. Der gerissene Machtmensch Bismarck war der Überzeugung, mit der Einführung von "Sozialgesetzen" im eben erst gegründeten Deutschen Reich den Roten den Wind aus den Segeln nehmen zu können, was ihm bis zu einem gewissen Grad ja auch gelang. Die Langfristwirkung seiner später auch von anderen Staaten umgesetzten "Sozialgesetzgebung" war und ist indes verheerend. Schließlich geht von ihr die systematische Setzung falscher Anreize aus.

Selbst überzeugte Marxisten bestreiten die Effizienz des "Kapitalismus" nicht – das tat nicht einmal Karl Marx selbst. Sie behaupten allerdings, dass es in einer liberalen Wirtschaftsordnung mit in privater Hand befindlichen Produktionsmitteln, zwangsläufig zu einer ungerechten Verteilung des erwirtschafteten "Mehrwerts" kommt. Dieser Gedanke wurde alsbald von den christsozialen Parteien übernommen, die versuch(t)en, einen dritten Weg zwischen Markt- und Planwirtschaft zu etablieren, der den Namen "Soziale Marktwirtschaft" trägt. Angeblich bedarf es eines hoheitlichen Korrektivs, das die Märkte "zähmt".

Indessen besteht die Wahl einzig und allein zwischen Markt und Plan. Lebendig oder tot. Mann oder Frau. Ein Drittes gibt es nicht. Das Problem besteht nämlich darin, dass solche, in einer idealen Welt funktionierende Mischformen in der Realität chronisch instabil sind und – dank der in der zeitgenössischen Form der Demokratie herrschenden Mehrheitsdiktatur – langsam, aber sicher in den Sozialismus abgleiten.

Die seit Beginn der Demokratie in Deutschland und Österreich stetig steigenden Staats- und Steuerquoten liefern den schlagenden Beweis dafür. Und nicht nur diese beiden Länder: Die EU steht dem untergegangenen Sowjetsystem heute wesentlich näher als dem Laissez-faire-Kapitalismus des 19. Jahrhunderts.

Das Grundübel besteht in der Fehleinschätzung, dass materielle Gleichheit gleichbedeutend mit "sozialer Gerechtigkeit" und deren Herstellung ein nobles Staatsziel wäre. Der Versuch einer Herstellung von Ergebnisgleichheit ist ohne den Einsatz von Zwang und Gewalt nicht zu haben, da die Produktiven nicht freiwillig dabei zusehen werden, wie die Früchte ihrer Arbeit von Unproduktiven geerntet und verzehrt werden.

Aber selbst in der totalitärsten aller totalitären Welten wird eine völlige Gleichheit der Individuen nicht zu erreichen sein – einfach, weil sie aufgrund ihrer angeborenen Talente, ihres Charakters und ihrer Neigungen grundverschieden sind und zusätzlich durch die Sozialisation in ihren Elternhäusern unterschiedlich geprägt werden. Den uniformen Einheitsmenschen wird es erst dann geben, wenn der Traum aller Linken wahr wird, alle Menschen in der Retorte zu züchten und anschließend einer rigorosen staatlichen Zwangsbeschulung zu unterzieren, vermittels derer ihnen jede menschliche Regung ausgetrieben wird.

Wer Leistung vom Entgelt entkoppelt – und genau darin besteht die zerstörerische Funktion des Sozial- und Wohlfahrtsstaates –, belohnt die Faulheit und bestraft den Fleiß. Wer aber derart verfehlte Anreize setzt, wird mehr von Ersterer und weniger von Letzterem erhalten. Genau das bestätigt sich jetzt, nach zwei Jahren katastrophal gelaufener Pandemiepolitik: In vielen Branchen suchen die Betriebe ebenso verzweifelt, wie erfolglos nach Mitarbeitern, während gleichzeitig beim AMS Hunderttausende Arbeitslose gemeldet sind. Offensichtlich ist der Bezug des aus öffentlichen Mitteln gewährten Arbeitsersatzeinkommens derart attraktiv, dass von vielen Beschäftigungslosen gar nicht erst versucht wird, ein sozialversicherungspflichtiges Dienstverhältnis zu begründen.

Die Rechnung ist – besonders in Branchen mit niedriger Wertschöpfung, in denen entsprechend geringe Löhne bezahlt werden – sehr einfach: Da das in einem normalen Beschäftigungsverhältnis zu erzielende Einkommen nur marginal über dem Arbeitslosenentgelt liegt, bleibt man lieber zu Hause, geht eventuell drei oder viermal pro Monat "pfuschen" und ist damit deutlich besser dran als ein Vollzeitbeschäftigter. Fazit: Das Sozialsystem fördert die Arbeitsscheu.

Das ist aber noch nicht alles. Dem Wirtschaftsnobelpreisträger Milton Friedman verdanken wir die Erkenntnis, dass man entweder offene Grenzen oder einen Sozialstaat haben kann, nicht jedoch beides zur selben Zeit. Denn natürlich übt das Angebot eines großzügigen Versorgungsversprechens durch den Staat auf jedermann einen unwiderstehlichen Reiz aus, der seine wirtschaftliche Lage auf fremder Leute Kosten zu verbessern trachtet. Daher bildet die Massenimmigration beruflich schlecht qualifizierter Menschen, die bevorzugt aus Afrika und dem Islamgürtel stammen, einen zusätzlichen Treiber für den Müßiggang.

Denn da nur wenige Migranten über Qualifikationen verfügen, die eine Integration in den Arbeitsmarkt einer hochentwickelten Volkswirtschaft wie Österreich zulassen, entsteht im unteren Qualifikationssegment zusätzliche Erwerbslosigkeit: Die Beschäftigungschancen älterer heimischer Geringqualifizierter sinken dramatisch, wenn sie mit jungen Ausländern um einen Job konkurrieren müssen. Werden dann auch noch Beschäftigungsbarrieren in Form gesetzlicher Mindestlöhne errichtet, wie sie von der Zwangsinteressenvertretung der Arbeitnehmer, von Gewerkschaften und linken NGOs routinemäßig gefordert werden, bedeutet das de-facto-Arbeitsverbote für Geringqualifizierte. Erzwungener Müßiggang ist die logische Konsequenz.

Höchste Zeit für beherzte Reformen: Müßiggang darf nicht mit Steuergeldern gefördert und belohnt werden. Erwerbsarbeit muss sich wieder auszahlen!

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

zur Übersicht

Kommentieren (leider nur für Abonnenten)

Teilen:
  • email
  • Add to favorites
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Twitter
  • Print




© 2024 by Andreas Unterberger (seit 2009)  Impressum  Datenschutzerklärung