Dollfuß ist ein ehrendes Angedenken zu bewahren

Nicht nur steht das (noch) sehr sehenswerte Dollfuß-Museum in Texingtal, dem kleinen Geburtsort dieses großen Patrioten, medial stark unter Beschuss, auch der Schriftzug auf einer Kapelle in Korneuburg wird in der vorgeblich "bürgerlichen" Wochenzeitschrift "NÖN" vom historisch leider erstaunlich unbewanderten "Journalisten" Michael Pfabigan an den Pranger gestellt. Noch betrüblicher erscheint uns, dass eine weitere Gemeinde, die Weinviertler Gemeinde Niederleis, eine Dollfuß-Gedenktafel von einer Kapelle in Nodendorf abschlagen ließ, was vom genannten "NÖN"- Journalisten prompt mit einem zusprüchlichen Gefälligkeitskommentar unter dem Titel "Kein Herumgeeiere" begrüßt wurde.

Eine Entwicklung, die im Zentrum der Volkspartei selbst ihren Ausgang genommen hatte, indem man sich 2017 nach fortwährender medialer Distanzierung einzelner Parteifunktionäre dazu veranlasst sah, das Porträt des gefallenen Heldenkanzlers aus den Klubräumen der Bundespartei zu wegzuhängen, mit der fadenscheinigen Begründung, man hätte dort nach einer Renovierung keinen Platz mehr gefunden. Mag es Dr. Dollfuß zwar eine Ehre sein, dem Treiben der rückgratlosen und in Teilen korrupten schwarzen Bundespolitiker nicht mehr täglich zusehen zu müssen, so ist dieser Umgang mit einem der mutigsten Märtyrer dieses Landes dennoch eine zutiefst respektlose und zugleich anrüchige Kapitulation vor dem linken Zeitgeist. Offenbar verstehen sich einzelne ÖVP-Funktionäre nicht nur als "Huren der Reichen" (Thomas Schmid), sondern vor allem als "Huren" des Zeitgeists, der Gesinnungslosigkeit und der Medien. Anstatt sich der Diskussion zu stellen und die eigene Geschichte gebührend zu verteidigen, erkauft man sich in der ÖVP um den Preis der Verleumdung und der Feigheit eine genehme mediale Berichterstattung.

Was uns allerdings besonders schmerzlich trifft, ist die Tatsache, dass unter dem Zuruf einer angeblichen "bäuerlichen" und "bürgerlichen" Regionalzeitung, der "NÖN", nun eine wilde Hetzkampagne unter Federführung eines Amateur-Journalisten mit mangelnder Geschichtskenntnis gegen Dr. Dollfuß geritten wird; einer Zeitung, die im Mehrheitseigentum jener Institutionen steht, für die Dr. Dollfuß seinerzeit vieles bewirkt hatte: Die Katholische Kirche verdankt ihm nicht nur den Abschluss eines Konkordats, das der Katholischen Kirche wieder eine öffentlich-rechtliche Stellung im Lande einräumte, sie verdankt ihm auch die Rückführung zahlreicher von Joseph II. zweckentfremdeter Sakralbauten (man denke etwa an die St. Pöltener Prandtauerkriche), sie verdankt ihm die Errichtung eines Staatswesens auf Grundlage der Enzykliken "Rerum Novarum" (1891) und "Quadragesimo anno" (1931), die eine Überwindung klassenkämpferischer Parolen mittels ständisch-sozialer Ordnung vorsahen, sie verdankt ihm die Abwehr des Kommunismus, des internationalen Klassenkampf-Sozialismus sowie des erstarkenden Nationalsozialismus. Und sie verdankt ihm nicht zuletzt eine Politik, die ihren Maßstab noch am göttlichen Recht nahm, die sich ihre Macht von oben, nicht von unten geben ließ – was so auch im ersten Satz der Bundesverfassung vom Mai 1934 steht: "Das Recht geht von Gott aus!".

Engelbert Dollfuß diente im Ersten Weltkrieg Volk und Vaterland als tapferer Soldat; das trug ihm acht Tapferkeitsmedaillen ein. Auch danach stellte er sein Wirken als Landes- und später Bundespolitiker in den Dienst der Österreicher.

All das wird von den heutigen Denkmalstürzern ebenso missachtet, wie die Tatsache, dass er im Kampfe gegen den dräuenden Hitler-Sozialismus sein Leben gab. Dollfuß war das erste österreichische Opfer der Nationalsozialisten, und es kommt nicht von ungefähr, dass Hitler unmittelbar zu Anfang seiner Herrschaft sämtliche Dollfuß-Büsten und Dollfuß-Denkmäler in den Staub stürzen ließ. Und es ist auch kein Zufall, dass ausgerechnet aus jener Gedenktafel, die der geschichtsvergessene ÖVP- Gemeinderat der Gemeinde Niederleis nun unter Applaus eines "NÖN"-Schreibers hat abtragen lassen, einst der Kopf des Dollfuß von Nationalsozialisten herausgeschlagen worden war.

Wir fragen die Bundespartei, die Landesparteiorganisationen, die Gemeindevertreter der ÖVP: Wollen Sie es dem "Führer" gleichtun? Wollen auch Sie nun, 80 Jahre nach Überwindung des NS-Regimes, die letzten Tafeln und die letzten Inschriften zu Ehren des Märtyrers und Österreich-Verteidigers Dr. Engelbert Dollfuß austilgen? Ist es tatsächlich Ihr Bestreben, nun zu vollenden, was Adolf Hitler 1938 begonnen hat – nämlich einen Auslöschungsfeldzug gegen einen leidenschaftlichen Kämpfer für ein unabhängiges Österreich? Sie sollten sich schämen! Während die Sozialdemokraten ihrem euphorischen Anschluss-Jubler und Hitler-Kollaborateur, dem Opportunisten Karl Renner, mittels Denkmals an der Wiener Ringstraße noch immer die Treue halten, reißen Sie die Gedenktafeln Ihrer eigenen Altvorderen von den Portalen unserer Kirchen und Kapellen.

Nun, weil fortwährend von "Austrofaschismus" die Schreibe ist, zu den historischen Fakten: Die Geschäftsordnungskrise des Parlaments vom 4. März 1933 ist durch die Rücktritte der Nationalratspräsidenten, in erster Linie durch jenen Karl Renners, ausgelöst worden. In der Geschäftsordnung hat es damals keine Regelungen für den Fall eines Rücktritts aller drei Präsidenten gegeben. Demnach wäre die Wiederzusammenkunft genauso im gesetzlosen Raum erfolgt wie die Verhinderung derselben. Eine Krise hatte einen Zustand hervorgerufen, der die Regierung zum Handeln zwang.

Aus damaliger Perspektive war die Verhinderung des Wiederzusammentritts durch die Regierung Dollfuß ein Gebot der Stunde. Manche werden fragen: Warum? Hätte man das Parlament nicht einfach wieder zusammentreten lassen können? Klar hätte man! Aber werfen Sie doch einen Blick auf die damaligen Wahlergebnisse, vor allem auf jene der NSDAP, die einen kometenhaften Aufschwung nahm: Ein Jahr vorher erzielte sie 8 Mandate in Niederösterreich, 15 in Wien und bei der Gemeinderatswahl in Innsbruck 1933 gar 40 Prozent. Wäre Ihnen angesichts dieser Perspektive eine Nationalratswahl zum regulären Termin 1936 tatsächlich lieber gewesen? Dann wäre Österreich mindestens zwei Jahre früher ins Reich eingegliedert worden – Karl Renner hätte sich gefreut.

Wissen Sie nicht, dass ein autoritär geführter Staat aus damaliger Perspektive die einzige Möglichkeit war, dem erstarkenden Nationalsozialismus in Deutschland etwas entgegenzusetzen? Schließlich war es das Bestreben der damaligen Regierung, mittels Gründung der Vaterländischen Front dem NS-Regime den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Übergangszeit sind sämtliche Gesetze und Verordnungen auf Grundlage des KWEG 1917, des Kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetzes, erlassen worden. Von rechtsfreiem Raum kann also keine Rede sein, vielmehr bediente man sich eines gesetzlichen Rüstzeugs, das die damaligen inner- wie außerstaatlichen Umstände zwingend erforderten.

Die Maiverfassung von 1934 war alles andere als faschistoid. Im Gegensatz zur jetzigen Bundesverfassung sah sie ein sehr feingliedrig ausziseliertes Standesvertretungsparlament verschiedenster Berufsgruppen vor – ein System, das mittelalterlich und deutsch im föderalen Sinne war. Denn auch im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation war die Gesellschaft in Zünften und Gilden untergliedert, nicht in klassenkämpferisch verfeindete Parteilager, die in erster Linie das Wohl ihrer Funktionäre im Sinn haben und deren politischer Gestaltungshorizont sich auf Vierjahresperioden erstreckt. Auch ein Höchstgericht, der Bundesgerichtshof, wurde eingerichtet und mit ehrbaren und namhaften Richtern besetzt – ob da noch von Diktatur die Rede sein kann, sei stark in Zweifel gezogen.

Die eigentlichen Faschisten der damaligen Zeit waren, neben Kommunisten und Nationalsozialisten, die "Sozialdemokraten", die sich im Linzer Programm nicht nur zu einer faschistoiden Ausformung des Marxismus bekannt hatten, sondern die entgegen gesetzlicher Bestimmungen in Gemeindewohnungen Waffenlager horteten und sich damit, in Kollaboration mit Nationalsozialisten aus dem Untergrund für einen Angriff auf Staat und Regierung bereit hielten, was schließlich in die Februarkämpfe des Jahres 1934 mündete. Es waren damals die Schutzbündler, die vor dem Hotel Schiff in Linz das Feuer auf die Polizei eröffnet hatten – und auch an allen anderen Kriegsschauplätzen griffen die Sozialdemokraten als Erste zu ihren illegal gelagerten Waffen. Genauso im Jahre 1927, als Schutzbündler und sonstige Sozialisten den Justizpalast infolge der Nichtakzeptanz rechtskonformer Gerichtsurteile gestürmt und in Brand gesteckt hatten.

Außerdem ist die Entwicklung der Dreißigerjahre im gesamteuropäischen Zusammenhang zu sehen: In ganz Europa wurden damals die Systeme autoritärer – eine Entwicklung, die aus damaliger Perspektive gerade in Österreich ein Gebot der Stunde war, um dem radikalen Sozialismus der Straße genauso Einhalt zu gebieten wie dem NS-Terror, der schnelle und klare Entscheidungen erfordert hatte. Es ist kein Zufall, dass einer der ersten Österreicher, bei dem die Gestapo unmittelbar nach dem Einmarsch vorstellig wurde, die rechte Hand von Dollfuß, der Verfassungsjurist Dr. Robert Hecht war, der noch im selben Jahr in Dachau in den Tod getrieben wurde. Dazu kamen zahlreiche andere namhaften Beamte, Juristen, und Vaterlandsverteidiger. Es waren auch die christlich-sozialen Politiker, die bis zum Anschluss weitgehend geschlossen erbitterten Widerstand gegen das NS-Regime geleistet hatten.

Wir bitten nicht, wir verlangen, das historische Umfeld der damaligen Zeit bei der Bewertung der Ereignisse der Jahre 1933-1938 mit in Rechnung zu stellen, anstatt sich einer primitiven Polit- und Medienpropaganda unter dem Beifall sämtlicher Oppositionsparteien hinzugeben! Die Geschichte ist perspektivisch zu bewerten, Denkmäler sollten im wahrsten Sinne des Wortes "kontextualisiert", sprich: eingebettet in den systemzeitlichen Kontext, gesehen werden, und, seien sie uns nun Mahnung, seien sie uns Ermutigung, als Zeugnisse ihrer jeweiligen Zeit unberührt gelassen werden. Wir warnen davor, das Selbstverständnis des Jahres 2021 zum alleinigen Maßstab von Recht und Unrecht zu erklären.

Kultur erschöpft sich nicht in der Subvention von Donaubühnen und Blutschüttern, Kultur ist das beständige Pflegen, Erhalten und Stärken unseres Erbes – von der Küche über die Tracht bis hin zur Denkmalpflege. Wir fordern daher namens einer breiten patriotischen Zivilgesellschaft, aber auch namens zahlreicher enttäuschter Mitglieder der Österreichischen Volkspartei, jenem rechtschaffenen Manne ein ehrendes Andenken zu wahren, der, von nationalsozialistischer Mörderkugel hingestreckt, sein Leben gab für die Unabhängigkeit und Freiheit Österreichs!

Anton Lang ist Jusstudent aus Wien

 

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