Wer der Berichterstattung der Medien und den Aussagen der politischen Eliten Eurolands glaubt, muss die Massenzuwanderung aus Afrika und dem Orient einerseits für ein unvermeidliches Phänomen und andererseits für einen Segen für die unter Geburtenmangel leidende Alte Welt halten. Wer soll denn schließlich einmal unsere Pensionen zahlen und uns im Alter pflegen? Zuwanderung sei demnach ebenso unvermeidbar wie wünschenswert.
Eine gründliche Auseinandersetzung mit den Fakten im Hinblick auf historische Wanderungsbewegungen zeigt indes ein völlig anderes Bild. Beinahe durchgängiges Muster ist nämlich, dass Migration nur den "Wanderern", nicht aber denjenigen nützt, die bereits dort leben, wohin jene streben.
Das Schicksal der nord- und südamerikanischen Ureinwohner ist das wohl krasseste Beispiel. Eingeschleppte Seuchen haben – Hand in Hand mit brutaler physischer Gewalt und überlegener Waffentechnik der (diesfalls europäischen) Eindringlinge – die Indigenen drastisch dezimiert. In einigen Regionen sogar um mehr als 90 Prozent. Von Landraub und Unterdrückung ganz zu schweigen.
Auch Hunnen, Araber, die Horden Dschingis Khans oder später die Osmanen, kamen nicht in kulturbereichernder Absicht nach Europa, sondern wüteten auf schreckliche Weise unter denjenigen, "die bereits länger hier lebten", und konnten nur unter erheblichen Opfern (und zum Teil auch mit viel Glück) zurückgeschlagen werden.
Es stellt sich die Frage, weshalb die Zuwanderung in unseren Tagen weniger nachteilige Folgen für die Autochthonen haben sollte, als anno dazumal. Zwar überwinden die Migranten dieser Tage, die durchwegs aus vormodernen Gesellschaften stammen, nicht mit überlegener militärischer Technik die Grenzen Europas, sorgen aber mit ihrer schieren Zahl dafür, dass der Charakter Europas bereits im Begriff ist, sich dramatisch zu verändern. Und das nicht zu dessen Vorteil, wie mit Blick auf die horrenden (nicht nur materiellen) Kosten der Zuwanderung festzustellen ist.
Dass Wanderungsbewegungen grundsätzlich nicht begrenzt werden können, wie das etwa die deutsche Kanzlerin wiederholt behauptet hat, ist ebenfalls ein Mythos. Der Hadrianswall im Norden Englands, der römische Limes entlang von Rhein und Donau, die Chinesische Mauer oder – gegenwärtig – die israelischen Grenzbarrieren rund um Gaza und das Westjordanland beweisen das Gegenteil. Es geht nur um den Willen, die Zuwanderung zu begrenzen, nicht aber um die technischen Möglichkeiten dazu.
Hauptursache der rezenten Massenmigration nach Europa ist der dramatische Geburtenüberschuss in Afrika, sowie im Nahen und Mittleren Osten. Das flächenmäßig verhältnismäßig kleine Europa kann diesen Überschuss weder aufnehmen, noch ist es dafür in irgendeiner Weise verantwortlich. Die Kolonialzeit hat vor 60 Jahren geendet – nicht nur in Afrika. Singapur war damals ein armes Fischerdorf und stand wirtschaftlich auf dem gleichen Niveau wie Ghana. Heute ist Singapur das reichste Land der Welt, und die meisten Staaten Subsahara-Afrikas sind seit den 1960er Jahren kaum einen Schritt weitergekommen. Afrika und der Orient müssen ihre Probleme selbst lösen. Europa kann es nicht tun.
Thilo Sarrazin hat mit einem neuen Buch zu diesen Themen erneut eine von gut dokumentierten Fakten überquellende Schrift vorgelegt. Bei der linken Schickeria Eurolands wird er damit keine Freudenstürme auslösen. Doch Tatsachen verschwinden eben nicht, indem man sie ignoriert! Der Autor beschränkt sich übrigens nicht auf die Darstellung des dramatischen Istzustandes, sondern präsentiert auch ein Bündel von Maßnahmen, wie die Massenzuwanderung nach Europa zu begrenzen und damit dessen Charakter zu erhalten ist. Der politische Gestaltungswille dazu ist allerdings Bedingung. Lesenswert! (Thilo Sarrazin: "Der Staat an seinen Grenzen: Über Wirkung von Einwanderung in Geschichte und Gegenwart"; Langen Müller Verlag)
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.