Die Migration hat ein Ausmaß angenommen, das sie noch nie in der überschaubaren Menschheitsgeschichte gehabt hat. Jedes Jahr setzen sich Migranten zu Millionen auf der Suche nach einem besseren Dasein in Bewegung. Sie kommen an sich einzeln oder in kleinen Verbänden, und nicht wie früher bei Völkerwanderungen in einer organisierten Masse. Sie kommen auch nicht, wie die Auswanderer etwa im 19. Jahrhundert oder früher, bereit und fähig, in der neuen Heimat sofort fest zuzupacken und sich aus eigener Kraft eine selbständige Existenz aufzubauen.
Nein, die heutigen Migranten kommen mit ganz anderen Erwartungen in ihr Zielland. Sie wissen, wie die Situation ist, aus der sie kommen und in die sie sich begeben: Landsleute, die ihnen vorangegangen sind, haben berichtet, für Kommunikation gibt es ja keine Grenzen mehr, uninformiert ist keiner. Und viele lassen sich, vielleicht schon anfangs, aber sicher später, wenn sie ihre "Rechte" in Anspruch nehmen wollen, von besonderen "Hilfsorganisationen" beraten und betreuen. Von Hilfsorganisationen, die ihnen oft auch schon bei der Migrationsreise behilflich sind, sie unterwegs versorgen, sie in Lagern aufnehmen.
Und weil sie gut informiert und beraten sind, wissen sie genau, wo sie hin wollen: Aufnahme in irgendeinem neuen Land – auf der Migrationsreise durchqueren sie ja viele Länder – genügt ihnen nicht, sie wollen nicht nur Veränderung und ein neues Leben mit neuen Chancen irgendwo, nein, sie wollen dorthin, wo man ihnen die günstigsten Lebensbedingungen in Aussicht stellt. Dort, wo der Staat die volle Fürsorge für die Heimatflüchtigen übernimmt.
Sie wissen auch, wenn sie sich selbst als Flüchtlinge bezeichnen und um Asyl ansuchen, dann werden sie versorgt, dann sind sie jedenfalls für die Dauer eines Prüfungsverfahrens alle Sorgen um Unterbringung, Verpflegung, Gesundheitsfürsorge und Schulbildung der Kinder los. Und wenn sie ihre wahre Identität nicht angeben und vielleicht auch ihre Nationalität verschweigen, dann können sie selbst im Fall der Abweisung des Asylantrages nicht abgeschoben werden. Na, wenn das nicht jeden beflügelt, der dazu die Chance hat, es auch zu versuchen!
Die Migration hat demgemäß aufgrund der bestehenden Asylpraxis, nicht aber aufgrund des bestehenden Asylrechts, einen ungeheuren Umfang angenommen. Als Zielländer für weit reisende Migranten kommen nur wenige Länder in Frage, darunter vor allem auch die Länder der EU. Und alle berufen sich auf die Genfer Flüchtlingskonvention, die Schutz und Aufnahme für diejenigen vorsieht, die sich in Gefahr befinden, ein Opfer ungerechter Gewalt zu werden.
Aber mehr nicht. Nicht sieht die Konvention vor, dass Schutz und Aufnahme auch jemandem gewährt werden soll, der einmal in Gefahr war und sich nicht mehr weiter in Gefahr befindet. Und nicht sieht die Konvention vor, dass jemand, der einmal in Gefahr war, sich aussuchen kann, in welchem Land ihm Schutz und Aufnahme schließlich gewährt werden soll.
Rings um Österreich herrscht Frieden und Sicherheit. Wer es einmal aus der weiten Welt bis dorthin geschafft hat, der ist schon in Sicherheit. Der braucht nicht weiterzureisen. Wenn er das dennoch tut, wenn er nach Österreich einreist, ohne die nötigen Einreisedokumente zu haben, wenn er über die grüne Grenze einreist, dann tut er das illegal, dann verletzt er dabei österreichische Gesetze, dann macht er sich strafbar. Auf keinen Fall hat er Anspruch, dass hier für ihn ein Asylverfahren eingeleitet wird, er kann ja gar keinen Asylanspruch mehr haben!
Dr. jur. Peter F. Lang, Ex-Bezirksrichter, Wien