Es war einmal ein Bundeskanzler gegen den ermittelt wurde, ob er seinerzeit als Verkehrsminister die zu ihm ressortierenden Staatsbetriebe ÖBB und ASFINAG unter Druck setzten ließ, in Medien seines Vertrauens – allen voran in der auflagenstärksten "Kronen Zeitung" – großzügigst mit Steuergeldern zu inserieren. Womit sich dieser Bundeskanzler positive Berichterstattung erkaufen wollte.
Er hatte dazu erklärt, dass durch ihn beziehungsweise sein Ministerium keine Aufträge gegeben wurden, da derartige Entscheidungen "dort fallen, wo sie getroffen werden müssen". In einem Revisionsbericht der ASFINAG hieß es jedoch: "Die Leistung wurde nicht von der ASFINAG schriftlich in Auftrag gegeben. Der Auftrag wurde vom Büro Faymann an die ‚Kleine Zeitung‘ erteilt." Irgendjemand hat hier offenbar nicht die Wahrheit gesagt.
Da hat doch sicher die wegen Untreue und Amtsmissbrauch ermittelnde Staatsanwaltschaft umgehend die zuständigen Funktionäre der ASFINAG befragt, zwecks Klärung der Auftragsdokumentation eine Hausdurchsuchung angeordnet sowie die Handys von Faymann und Co beschlagnahmt?
Nichts von alledem - die involvierten Ex-Vorstände der ASFINAG wurden überhaupt nicht vernommen – unvorstellbar, aber wahr! "Es bestand also kein Interesse daran, die Authentizität von Unterlagen, (die die Staatsanwaltschaft vom Bundesamt für Korruptionsbekämpfung erhalten hatte) bestätigt zu bekommen" – so die "Presse". Kein Wunder, dass uns von damals keine "Leaks", keine vertraulichen Chatprotokolle in Erinnerung sind.
Ähnlich lustlos wurde auch in Bezug auf massive Inseratenkampagnen der ÖBB ermittelt, wozu die ‚Salzburger Nachrichten‘ 2012 trocken feststellten: "Faymann wird in Etappen weißgewaschen". Und so kam es – das Verfahren wurde eingestellt.
Welch ein Unterschied zum Vorgehen der Staatsanwaltschaft heute, die die Instrumente der Strafprozessordnung auch tatsächlich anwendet. Ob die unterschiedliche Behandlung etwas mit der Couleur der betroffenen Personen zu tun hat? Ein Schelm, der sich dabei etwas denkt – und im Übrigen gilt natürlich die Unschuldsvermutung.
Keinerlei Interesse an Aufklärung
Aber da gab es doch auch noch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss! Für den hatte ein gewisser Peter Pilz (damals noch bei den Grünen) schon 46 Fragen an den Kanzler vorbereitet, wie etwa: "Warum haben Sie als Verkehrsminister im Jahr 2007 hinter dem Rücken von ÖBB und ASFINAG auf deren Rechnung Inserate um hunderttausende Euro an Boulevardzeitungen vergeben?" oder "Warum haben Sie dazu bei Ihrer Vernehmung falsch ausgesagt?".
Die Antworten wären interessant gewesen, denn es herrscht ja Wahrheitspflicht, aber es kam leider, leider nicht dazu. Die Parlamentsmehrheit, also die Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP, verhinderte einen Auftritt des Kanzlers und drehte auch wenig später den Ausschuss ganz ab, (denn Untersuchungsausschüsse sind erst seit 2014 ein Minderheitsrecht). Nicht alle in der ÖVP waren damals der Meinung, dass man den Boulevard-Kanzler so einfach vom Haken lassen sollte, aber wie so oft sorgten ein "Deal" und die bekannte Koalitionsdisziplin dafür, dass die Wogen nicht zu hoch gingen.
Soweit die "gute(?)" alte Zeit: damals hatte sich die Opposition zu Recht darüber empört, dass ein U-Ausschuss brutal abgewürgt wurde, heute zeigt die Opposition wie man einen solchen Ausschuss durch Denunziationen, Unterstellungen, Flegeleien und Betonung von Nebensächlichkeiten konsequent missbrauchen kann.
Von großer demokratischer Reife zeigt weder das eine, noch das andere.
Dr. Herbert Kaspar ist Publizist und Kommunikationsexperte und hatte lange wichtige Funktionen im Österreichischen Cartellverband inne.
Der Beitrag stellt den erweiterten Gastkommentar in der Mai-Ausgabe der "Academia" dar.