Der Sozialismus und die Moral

Auch wenn er mit immer wieder neuen Namen geschmückt und noch so raffiniert getarnt wird – etwa als "ökosoziale Marktwirtschaft" oder als "Gemeinwohlökonomie" –, der Sozialismus ist ein stets ins Unglück führender totalitärer Versuch, eine Gesellschaft auf dem Reißbrett zu planen, zentral zu kommandieren und einen "Neuen Menschen" zu schaffen, der sich selbst nicht wertschätzt, sondern nur als unbedeutenden Bestandteil eines großen Ganzen versteht.

Der Sozialismus trat keineswegs erst mit Karl Marx und Friedrich Engels in die Welt, sondern existiert, wie der russische Mathematiker Igor Schafarewitsch es ausdrückt, vielmehr als "anthropologische Konstante", als "Todestrieb in der Geschichte", der sich – stets zum Scheitern verurteilt – immer wieder an verschiedenen Orten Bahn bricht.

Die Corona-Pandemie, besser: die Aktivitäten, die von den meisten Regierungen zu deren Eindämmung ergriffen werden –, beflügeln den Siegeszug des Sozialismus in einer Weise, wie man es vor einem Jahr noch nicht für möglich gehalten hätte. Die Abschaffung bürgerlicher Rechte, die Ausdehnung staatlicher Macht und ministerieller Willkür, die wirtschaftliche Vernichtung großer Teile des Mittelstandes und die explosionsartige Zunahme privater wie staatlicher Verschuldung – das alles bildet den Treibstoff für den Weg in die Knechtschaft.

Die Sozialisten in allen Parteien haben sich stets geschickt darauf verstanden, ihr unheilvolles Treiben moralisch zu begründen und zu rechtfertigen. Der große altösterreichische Ökonom und Sozialphilosoph Ludwig von Mises hat sein Leben lang wertvolle Beiträge zur Sozialismuskritik geliefert – so etwa in seinem Buch "Theorie und Geschichte", dem die drei folgenden Zitate entnommen sind und die im Lichte der rezenten Entwicklungen erstaunlich aktuell anmuten:    

Die Marxisten haben die Lehre von der Unvermeidlichkeit des Sozialismus entwickelt, und die Interventionisten, die ihrem Kielwasser folgen, sprechen von der Unumkehrbarkeit des Trends zu immer weiterer Einmischung der Regierung in ökonomische Angelegenheiten. Es ist offensichtlich, dass dieser Notbehelf nur dazu konstruiert wurde, ihre intellektuelle Niederlage zu verdecken und die Aufmerksamkeit des Publikums von den verheerenden Konsequenzen der sozialistischen und interventionistischen Politik abzulenken.

…es ist unverantwortlich, ein Gesellschaftssystem [den Kapitalismus, Anm.] zu verdammen und seine Ersetzung durch ein anderes zu fordern, ohne die ökonomischen Konsequenzen eines jeden voll untersucht zu haben. In keiner ethischen Lehre oder in den Glaubensrichtungen, die auf den Zehn Geboten fußen, findet sich etwas, was die Verurteilung eines ökonomischen Systems rechtfertigt, das die Bevölkerung vervielfacht hat und die Massen in den kapitalistischen Ländern mit dem höchsten Lebensstandard versorgt, der jemals in der Geschichte erreicht wurde.

Sie [die Sozialisten, Anm.] lehnen den Kapitalismus als ein ungerechtes System ab und verteidigen entweder den Sozialismus oder den Interventionismus als mit ihren moralischen oder religiösen Prinzipien übereinstimmend. Es ist abscheulich, sagen sie, die menschlichen Angelegenheiten vom Standpunkt der Produktivität, des Profits oder einem materialistischen Gesichtspunkt des Wohlstands und reichlicher Versorgung mit materiellen Gütern zu bewerten. Der Mensch soll nach Gerechtigkeit, nicht nach Wohlstand streben.

Es ist fatal, dass im Widerstreit zwischen Verstand und Gefühl stets letzteres obsiegt. Der Glaube an die Segnungen des Sozialismus, an erzwungene Gleichheit und "soziale Gerechtigkeit", vermittelt einfach – gegen alle historischen Erfahrungen – ein gutes Gefühl. Freie Marktwirtschaft und Kapitalismus dagegen werden – allen Fortschritten und Segnungen, die sie der Menschheit gebracht haben, zum Trotz – als ungerecht, kalt und inhuman wahrgenommen. Kein Wunder, dass der Marxismus den Kampf der Systeme daher längst gewonnen hat – auch wenn viele es (noch) nicht erkennen. Die Konsequenzen werden an Dramatik indes nichts zu wünschen übriglassen.

 

Zum Vorwort von Murray Rothbard:
"Theorie und Geschichte": Mises‘ großartiges Spätwerk, in dem er die Folgen falscher Wissenschaftlichkeit für unsere Freiheit offenlegt – Ludwig von Mises Institut Deutschland (misesde.org)

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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