Der zivilisatorische Aufstieg

Das Christentum hat einen schönen Anfang gemacht: Es hat die Nächstenliebe gepredigt. Wie würde diese Nächstenliebe, wenn sie tatsächlich immer praktiziert würde, das Zusammenleben der Menschen im christlichen Abendland doch friedfertig und erfreulich machen! Die Kaiserin Maria Theresia hat die Schulpflicht eingeführt. Das hat bei uns in Österreich die Massen auf ein Niveau der Bildung gehoben, das ihnen den Blick erweitert und kulturelle Entwicklung ermöglicht hat. Dann die Aufklärung, die Französische Revolution, die von Brüderlichkeit spricht, die großen Geister Goethe, Schiller, Beethoven: "Alle Menschen werden Brüder" wird mit Begeisterung gesungen.

Nicht nur Zivilisation, auch Humanität und Toleranz gehören zu unserer Kultur. Die bürgerliche Revolution des 19. Jahrhunderts, die sozialen Reformen des 20. Jahrhunderts, all die zivilisatorischen Errungenschaften dieser beiden Jahrhunderte: Da steht – bzw. stand – unsere europäische Kultur, das ist – bzw. war – ihr Niveau.

Und wie ist es heute? Der Einfluss, der auf uns von fremden Kulturen einströmt, wird immer stärker, diese fremden Kulturen sind im Alltag immer stärker präsent. Und diese Kulturen haben die Entwicklung nicht durchgemacht, die wir hier in Europa, in Österreich nicht nur durchgemacht, sondern auch verinnerlicht haben.

Ja, nicht einmal eine annähernd vergleichbare Entwicklung! Sie sind in vielfacher Hinsicht auf einem Niveau stehen geblieben, das bei uns vor Jahrhunderten gegeben war. Vor allem gilt das für den religiösen Fanatismus mit der Ablehnung, nein stärker: der Bekämpfung des Fremden. Und was es dort an kulturellem Aufschwung gibt, das betrifft eine begrenzte Elite und nicht die breite Masse wie bei uns.

Und mit dem Umsichgreifen dieser Entwicklung sind wir alle zurückgeworfen. Wie weit? Da wird sich jeder Betroffene seine besondere Meinung dazu bilden, die einen sehen das arg und andere wieder weniger schlimm. Aber eine Einschätzung kann wohl niemand abstreiten: Die Entwicklung geht weiter in diese Richtung.

Dr. jur. Peter F. Lang, Wien.

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