Die Pandemie und der dräuende Wohlstandsverlust

Geld, so scheint es, ist derzeit im Überfluss vorhanden. Keine Rede mehr von einem ausgeglichenen Budget als Staatsziel. Pensionisten, Arbeitslose, Kurzarbeiter, Künstler, Gewerbetreibende, Medienschaffende – sie alle kommen derzeit in den Genuss großzügiger Gaben aus dem scheinbar übervollen Füllhorn des Wohlfahrtsstaates.

Die geradezu geniale Strategie: Zuerst ruiniert die Regierung mit zum Teil verfassungswidrig verhängten Zwangsmaßnahmen und wirtschaftlich verheerenden Aktivitäten erhebliche Teile des Mittelstands, und lässt sich anschließend als deren Retter feiern, weil sie an die Geschädigten schuldenfinanzierte Almosen verteilt. Wer am Ende für den nicht vom Virus, sondern von der Regierung angerichteten Schaden aufkommen soll, liegt im Dunkeln.

Es ist nicht ganz ohne Reiz, sich vorzustellen, wie ein aus dem Weltall zusehender, wirtschaftskundiger Außerirdischer dieses groteske Treiben wohl beurteilen würde!

Grundsätzlich gilt: Irgendwann kommt der Zahltag. Wer also seinen Unterhalt mit geborgtem Geld finanziert, braucht sich nicht der Illusion hinzugeben, er lebe im Überfluss. Genau dieser trügerische Eindruck aber wird gegenwärtig von der politischen Klasse vermittelt, die im Hinblick aufs Geldausgeben agiert, als gäbe es kein Morgen.

Zweierlei wird in der Berichterstattung über diverse "Corona-Rettungspakete" leider gänzlich ausgeblendet: Zum einen die unausweichliche Tatsache, dass für die aufgenommen Schulden irgendjemand geradestehen muss. Die im Rekordtempo aufgetürmten Schuldengebirge werden daher entweder im Zuge kräftiger Steuererhöhungen (die Schulden von heute sind die Steuern von morgen – eine Binsenweisheit), durch einmalige Vermögensabgaben oder durch Schuldenschnitte aus der Welt geschafft werden müssen, die von den Gläubigern zu tragen sind.

Schon lassen linke deutsche Politiker mit Forderungen nach Solidaritätsbeiträgen der "Reichen" und der Immobilienbesitzer aufhorchen. Die Vorlage dafür liefert die im Jahre 1948 in Deutschland durchgeführte Währungsreform, die zu einem Teil durch ein 1952 folgendes "Lastenausgleichsgesetz" finanziert wurde, das saftige Zwangshypotheken auf private Liegenschaften vorsah. Die Hälfte der jeweiligen Immobilienwerte wurde damals zugunsten des Staates enteignet und musste über einen Zeitraum von 30 Jahren über eine Art "Sondersteuer" zurückgekauft werden. Dieses historische Beispiel hat auch heute das Zeug dazu, die Phantasie der Sozialisten in allen Parteien zu beflügeln.

Die Hauptleidtragenden der Lockdowns und der dadurch bedingten Staatsschuldorgie werden in jedem Fall die Jungen sein, die auf Jahre hinaus unter stark verringerten oder gänzlich verbauten Karrierechancen zu leiden haben und ohne Erbschaften, die Hilfe der Eltern, oder Lotteriegewinne kein Eigentum mehr werden bilden können. Das wird gesamtgesellschaftlich außerordentlich negative Folgen haben.

Zum anderen fällt in der medialen Berichterstattung völlig unter den Tisch, dass das Herunterfahren ganzer Branchen zu einem derart großen Verlust an betrieblicher Wertschöpfung führen wird, dass es ohne kollektive Wohlstandsverluste nicht abgehen wird. Denn der derzeit herrschende Wohlstand kommt schließlich aus der betrieblichen Wertschöpfung und nicht vom Sozialminister. Gegenwärtig wird das vielfach übersehen – besonders von denjenigen, die über das Privileg verfügen, ihr Einkommen im Dunstkreis des Staats zu erwerben.

Außerhalb geschützter Werkstätten wird indes bald Heulen und Zähneknirschen herrschen, nämlich dann, wenn mit Auslaufen diverser Hilfs- und Rettungsmaßnahmen das böse Erwachen einsetzt und Serienpleiten und sich abzeichnende Bankenkrachs den allsorgenden Wohlfahrtsstaat vor Existenzprobleme stellen werden.

Ohne Geld ka Musi, sagt der Volksmund. Ohne Wertschöpfung kein Wohlstand, weiß der Ökonom. Man muss kein Soziologe oder Politikwissenschaftler sein, um zu erkennen, dass die dramatisch verschlechterte Wirtschaftslage schon demnächst brutale Verteilungskämpfe mit sich bringen kann. Vor uns liegen "interessante Zeiten".

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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