Brücken sollten der Vereinigung dienen, nicht zur Flucht!

"Dieses Schreiben ist eine Mitteilung der Ansichten von İstanbul St Georg Kolleg Absolventen der Klassen 89-90-91 und ein Dementi zum Artikel von Peter Toplack vom 21.07.2020, das im www.andreas-unterberger.at Blog mit dem Titel "Sind Alle Türken in Europa vollständig integrierbar?” erschien. Wir fordern Sie auf, im Rahmen der europäischen Tradition von demokratischen Zusicherungen, unser Schreiben als Ganzes in Ihrem Blog zu veröffentlichen und uns darüber zu informieren". (Ich veröffentliche diesen Text hier in völlig unveränderter und unredigierter Form, obwohl es natürlich keinerlei rechtliche Ansprüche auf eine Veröffentlichung gibt, weil er überaus bezeichnend für die Ansichten und Einstellungen offenbar einer Vielzahl von Absolventen der – von Österreich betriebenen! – Schule in Istanbul ist).

"Wir sind der Meinung, dass die Mehrheit der Gesellschaften mit den rechtsextremistischen Winden nicht zufrieden sind, die sich in den letzten 20 Jahren in verschiedenen Ländern der Welt entwickelt und weltweit einen negativen Einfluss sowohl auf die Lebensqualität und den Wohlstand als auch auf den gesamten Planeten verursacht haben.

Unsererseits ist es ganz offensichtlich, dass rechtsextreme Politiken und Politiker vom 21. Jahrhundert zu Eingriff in Sozialrechten der Menschen beigetragen haben, insbesondere in Ländern sowie Deutschland und Österreich, aber auch in restlichem Europa und auch der Türkei, wo die liberale und demokratische Linkspolitiken nach und nach verlassen wurden. Andererseits haben dieselben extremen Politiken eine enorme Eskalation an der Anzahl von Menschen, die aus ihren Häusern vertrieben wurden, verursacht.

Trotz angesichts oben genannter Tatsachen würde keine vernünftige Person unter uns Österreich zur politischen Einsamkeit oder zu einer historischen Hinrichtung verurteilen, nur wegen Adolf Hitler in diesem Land geboren ist. Sogar in heutigem Deutschland gibt es Einschränkungen vom Verfassungsgericht gegen NS-Propaganda. (s. Bundesverwaltungsgericht Zustimmungsentscheid 2005).

Andererseits stammt einer der wichtigsten Meister von europaeischer Romankunst, Robert Musil aus Österreich, bei dieser Gelegenheit werden Österreicher zu Recht stolz darauf, Landsmann mit ihm zu sein, da aber sein berühmter Romancharakter "der Mann ohne Eigenschaften” zu einer Inspiration für viele Menschen auf der Erde wurde, genau das bringt Musil außerhalb der österreichischen Grenzen hinaus und macht ihn gleichzeitig zu einem Weltbürger.

In Peter Toplacks voreingenommenem, vorsätzlichem und lückenhaftem Artikel können wir seinen Ansatz, der sich von Diskriminierung bis Rassismus ausbreitet, selbst in einem einzigen Tatsachenirrtum sehen. Er erwähnt von der "angeblichen Türkischen Besetzung Nordzyperns", die aus Sicht der Türkei als "Friedensmission auf Zypern” vom 1974, das Jahr, in dem er zum ersten Mal in die Türkei kam, gesehen wird. Selbst wenn man annimmt, dass diese Definition vom Türkischen Blickwinkel voreingenommen ist, ist es doch jedem klar, der sich mit diesem Thema auskennt, wie unvermeidlich es war, den Hilferuf der zypriotischen Türken wegen unaufhaltbaren Ermordungen entgegenkommen zu müssen. Türkei musste sich für die Militäraktion auf Kosten von jahrzehntelangen Embargos von westlichen Ländern, die die Türkische Wirtschaft auf Dauer in eine schwierige Lage brachten, entscheiden. Um nicht von unserem Hauptthema abzulenken, beschränken wir uns nur darauf, einen Literaturverweis zu nennen. Der interessierte Leser, der verlässliche Information zu dem Thema erhalten möchte, kann sich auf das Buch "In 30 Höllischen Tagen” von Mehmet Ali Birand beziehen, der die Operation als unabhängiger Journalist beobachtet hatte.

Äußerste Mission unserer Schule hat sich mit der Zeit zur Entwicklung der Beziehungen zwischen Österreich und der Türkei evolviert, welche seit Jahren erfolgreich ausgeführt wird. Obwohl das auch Herrn Toplack ganz gut bekannt ist, hat er in seinem Schreiben sabotierende Ideen gegen diese Mission ausgesprochen.

Ende 80er Jahre besuchte Präsident Kurt Josef Waldheim unsere Schule. Er war vor dem 2.Weltkrieg der NS Studentenvereinigung, während des Krieges der NS Sturmabteilung und in der Nachkriegszeit ÖVP angehörig, sogar er sagte in seinem Besuch, "St Georg Kolleg diene als eine Brücke, die Österreichische und Türkische Völker zusammenbringt, damit sie sich kulturell und sozial ausführlicher kennenlernen und diese Brücke solle von beiden Ländern gut behütet und unterstützt werden." Peter Toplack war zum Zeitpunkt des Besuches von Präsidenten auch dabei als einer des Lehrkörpers unserer Schule. Anscheinend denkt Herr Toplack, dass diese Brücke zur Flucht dient und nicht zum Kennenlernen der anderen Seite.

In den Türkischen Schulen die Nationalhymne zu singen ist eine Tradition dieses Landes. Es ist eine Übertreibung von Herrn Toplack, dass jede Woche Texte an die Nation vorgelesen und Reden vorgetragen werden. Es ist keine alltägliche Situation außer an nationalen Feiertagen.

Herr Toplack meint, dass junge Menschen in den Schulen nationalistisch beeinflusst werden (wie z.B. Gedenktag von Atatürk), und auch vom Fernseher und die, die es schaffen das Lesen und Schreiben zu erlernen, würden von Zeitungen beeinflusst, die heldenhafte Nationalismus verbreiten. Hingegen hält er es für nicht notwendig in seinem Artikel zu erwähnen, dass er sowie manche anderen Lehrer, die extremistisch waren und ihre orientalistische, imperiale / koloniale Mentalität nicht überwinden konnten, dieselben jungen Menschen auf ihre Art zu beeinflussen versuchten. In der Realität waren St Georg Kolleg Studenten mit überwiegender Mehrheit beider Tatsachen bewusst und haben innerhalb der Möglichkeiten jener Zeit dagegengehalten. All dies hat jungen Menschen bestimmte Schaden angerichtet, hat aber ihnen auch geholfen, sich selbst zu erziehen, obschon das außer der Absicht von "Schadenverursacher" war.

Von Herrn Peter Toplack gelobter Integrationsheld Akif Pirinçci ist in vielen Kreisen für seinen Hass gegenüber Immigranten bekannt. Vermutlich tut er sich nicht gern, an seine Türkischen Wurzeln erinnert zu werden. Herr Toplack hat mit diesem Beispiel eigentlich seine Gedanken und Gefühle offenbart, die er während seiner 30 Jahre in der Türkei verheimlicht hatte.

Natürlich gibt es kein Wort über Toplacks Meinungsfreiheit im Einklang mit Voltaires vorgeschlagenen Grundsätzen. Wir denken dagegen, wir sollten uns vor Augen halten, dass die Grenzen dieser Freiheit den Rechten und Gedanken der verleumdeten Menschen auf der anderen Seite überlassen bleiben können. Wir können Herrn Toplack keine Vorwürfe machen, letztlich ist er nicht der Erste, der das Interagtionsproblem der türkischen Gesellschaften, die in den europäischen Ländern die Arbeitskraft bilden, im Hinblick auf deren Tendenz, Absichten und die angeblich negative Einstellung verurteilt. Allgemein ist dies als primitive Orientalismus unter den Intellektuellen zu sehen und als imperiale Krankheit unter den Extremisten Europas. Der "Osten” war niemals ein Land, ein Ort, eine Gesellschaft, die sie sich weder besinnen, noch verstehen oder sich noch vorstellen konnten.

Die 3. Türkische Generation, die in Europa, insbesondere in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, ist mit ihrem Bildungsniveau, ihrer Berufe und Besitzanzahl ihrer Unternehmen, nicht mehr als angebliche "Gastarbeiter” zu betrachten. Damit ist es schon glasklar, dass wir von einer Gesellschaft reden, die bestimmte Aufgaben, Bedürfnisse und Rollen in den Gesellschaften der jeweiligen Länder übernommen und die "Gästeschaft” schon längst hinter sich hat.

Ist es ein Zufall, dass ein Intellektueller aus Europa, da wo die Kausalitätsprinzip und die historische Dialektik geboren wurden, den Ausgangspunkt dieses Problems derart verfehlt (ineffiziente Migrationspolitik und Unerfahrenheit in der Integration während dem Wiederaufbau der europäischen Industrie nach dem 2.WK) hat oder ist es die bewusste Absicht, die fast jede politische Tendenz / Fraktion dieses Thema zu eigenem Gunsten verwendet? Herr Toplack mit seiner diskriminierenden, fast faschistischen Haltung dient unzweideutiger Weise der zweiten Meinung.

Herr Toplack hat nicht nur 30 Jahre in der Türkei verbracht, nach seiner Lehrtätigkeit hat er sich weiterhin für die Türkei und für Länder im Mittleren Osten interessiert. Bis 2017 ca.15 Jahre lang hat er Reisegruppen geführt. Falls ein Mann, der einen bedeutenden Teil seines Lebens in unserem Land verbracht hat, denkt und behauptet, dass dieses Land und dessen Menschen Europa und seiner Kultur erhebliche und unwiderrufliche Schäden zufügen können, hat er sein "Gastland” und dessen Mitbürger nur für das viele Geld und für das Leben ausgehalten, wovon er sich in seinem eigenen Heimatsort nicht hätte weder verdienen noch führen können? Hierzu haben wir keine Antwort, außer "Schande!”.

Abschließend möchten wir mitteilen, dass St Georg Kolleg mit seiner Schultradition, Studenten, Lehrern und Absolventen eine große Gemeinschaft ist und bei jeglichem Bedarf immer zusammenhält. Mit diesem Schreiben hat Peter Toplack gezeigt, dass er nicht unserer Gemeinschaft gehört, dies ist seine Entscheidung, man soll respektieren. Wir, die Absolventen hingegen teilen der öffentlichen Hand mit, dass wir notwendige Schritte in unserer Gemeinschaft schon eingeleitet haben und sie verfolgen werden, damit unsere neuen Generationen nicht von Lehrern unterrichtet werden, die die gleiche Einstellung haben wie Peter Toplack."

İstanbul St Georg Kolleg Absolventen der Klassen 89-90-91

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