„Flüchtlinge“: Europa in der selbstverschuldeten Falle

Unter deutschem Einfluss wird in der EU an einem neuen Asylsystem gearbeitet, das ein ganz neues Verfahren anstelle des bisherigen Dublin-Systems vorsieht. Das neue, wiederum für ganz Europa gültige Verfahren sieht eine kurze Vorprüfung in den Frontstaaten vor gerechter Verteilung in den europäischen Binnenstaaten vor. Das Verfahren soll zuerst klären, ob ein Schutzanspruch auf Asyl überhaupt "hinreichend wahrscheinlich" ist.

Nun existiert möglicherweise eine EU-Website, die dem EU-Bürger von heute, der gern einer von morgen geworden wäre, paragraphengenau über den Unterschied von ‚hinreichend‘ und ‚nichthinreichend‘ aufklärt. Falls nichtexistent, müsste ein verbesserter Hinreichenden-Unterschied nach dem Scheitern des jetzigen nachgereicht werden, - spätestens nach dem Scheitern von Dublin II oder Seehofer I.  Politische Kategorien sind grundsätzlich fallibel (offen für Irrtum und Täuschung), dies unterscheidet sie von philosophischen und wissenschaftlichen Kategorien.

Überhaupt zieren viele Konjunktive das "non-paper-Papier"- Die neue Speise muss erst noch gekocht werden, auch aus einem politischen Non wird nicht über Nacht ein entschiedenes Sic, das wenigstens einer Minderheit in der obersten EU-Etage einleuchten könnte.

Das zweite Kriterium des neuen Vorprüfungsverfahrens fordert, dass der zur Einreise entschlossenen Person rechtliche Unbescholtenheit zuerkannt wird. Sie darf nicht als "Gefahr für die öffentliche Sicherheit" verdächtig sein. Und da die neue Behörde "rechtlich umfassender" agieren soll als die alte, darf man annehmen, dass sie mittlerweile über genauere und besser vernetzte Dateien verfügt als die der vielen altgewordenen Behörden von Dublin I.

Dennoch gilt moralische Neutralität auch für die neuen Behörden. Fern sei ihnen der (böse) Gedanke, unter den Migranten könnten sich Verbrecher oder gar – horribile dictu: Terroristen alias Dschihadisten – eingereiht haben, um zu versuchen, nach Europa zu gelangen. Aber Neutralität schützt vor Naivität nicht: An den Nasenspitzen der Migranten, die Kontrollpunkt Punkt 1 und 2 passiert haben, lässt sich nicht ablesen, ob sie Groß- oder Kleinverbrechen, heilige oder unheilige Taten im Schilde führen.

Sind aber beide Migranten, die friedliebenden wie auch die durchgeschlüpften und unentdeckten Scheinmigranten einmal in das europäische Paradies der Menschenrechte gelangt, haben sie gleicherweise Anspruch auf Asyl oder doch auf "geschützten Aufenthalt". Befunden und attestiert von Richtern der obersten EU-Gerichtshöfe, die über die aktuelle Entwicklung der Menschrechte genau Bescheid wissen. Denn in ihren Herkunftsländern hätten straffällig Gewesene oder künftig in Europa noch Werdende keinerlei Anspruch auf menschengerechte Behandlung.

Womit Punkt 2 des Vorprüfungsverfahrens offenbar nicht so ernst gemeint war, wie die Denker des neuen Abkommens zunächst ausgedacht hatten. Europa gönnt auch immigrierenden Verbrechern und Dschihadisten die Chance auf ungeahnte Aufstiege.

(Auf diese glänzende Idee waren die alten Trojaner noch nicht gekommen. Hätten sie den Haudegen um Achilles Asyl und wohlwollenden Aufenthalt gewährt, aller Zorn der Götter wäre ihnen erspart geblieben. Die alten Haudegen des Trojanischen Pferdes mussten noch kämpfen, um Troja zu besiegen, die heutigen werden gebeten, das Pferd des drohenden Unheils über die Sicherheitsstiege zu verlassen. Die moderne Analogie zum europäischen Experiment ist näherliegender: die "Amis" sind wie ahnungslose antike Haudegen in den Irak und den Nahen Osten eingefallen, die klugen "Europis" versuchen das genaue Gegenteil. Die neuen Götter der modernen Welt, mag diese nun aus den Fugen oder nicht aus den Fugen sein, mögen über das künftige Schicksal Europas entscheiden.)

Wäre es möglich, dass das neue Abkommen (Dublin II oder Seehofer I) den bisher besonders in Deutschland "umstrittenen" Unterschied zwischen Wirtschafts- und wirklichen Flüchtlingen übersehen hat? Das wollen gelernte EU-Europäer vermutlich nicht einmal vermuten müssen.

Hat unser Mustermigrant beide Kontrollbarrieren seiner Vorprüfung an der EU-Außengrenze passiert, wird er als moderner Odysseus seiner globalen Fluchtreise in einen "anderen EU-Staat" überstellt, "menschlicher" formuliert: einem anderen EU-Land "zugeteilt".  Dies muss notwendigerweise ein europäischer Binnenstaat sein, weil die Frontstaaten, so die Absicht des neuen Abkommens, "grundsätzlich" zu entlasten sind. Doch folgt als Klausel zum zuzuweisenden Staat, ein verdächtig verschämter Konjunktivsatz: "Das kann ein Land sein, in dem nahe Angehörige leben."

Wie lange Seehofers diplomatische Non-Paper-Mannen und -Frauen an dieser Formulierung gebastelt haben, um jede politische Inkorrektheit zu vermeiden, ist unbekannt. "Angehörige" finden sich jederzeit und überall: Wo liegt das Problem? Wurde keines gefunden, ist jeder Satz erlaubt, der nicht verboten wurde.

Dennoch wurde der Sprengsatz dieses Satzes nicht tief genug vergraben. 

Denn jeder EU-Europäer weiß oder sollte wenigsten annäherungsweise ahnen, wie viel "Angehörige" es mittlerweile schon geschafft haben, nicht nur in das Land des "Wir schaffen das". Nach Deutschland mittlerweile bereits via "Flughafenverfahren". Abermals erhebt sich der Verdacht, das neue EU-Abkommen an den "EU-Außengrenzen" plane insgeheim die Nachführung unbestimmbar vieler "Angehörigen"-Migranten. Mit einem Wort: geregeltes und kontrolliertes Durchwinken, schon weil "sich 2015 nicht wiederholen soll".

Dass Angehörige und Nicht-Angehörige in der großen Schar der Migranten, die nach Europa strömen, mit denen, die nicht mehr strömen müssen, weil sie entweder Asyl erhalten haben oder wenn nicht, entweder auf ihre medial "umkämpfte" Abschiebung warten oder als "U-Boote" untergetaucht sind, in permanenter Verbindung stehen, sollte evident sein. 

Das globale Digitalnetz zwischen denen, die es schon geschafft haben, mit denen, die es noch schaffen sollen, ist dicht geflochten. An der weltumspannenden Macht des digitalen Zaubergerätes für globale Kommunikation wird sich im 21. Jahrhundert, trotz klimatischem Weltuntergang, nichts mehr ändern.

Sollten sich aber unter den Muster-Migranten ausnahmsweise doch einige Nichtangehörige befinden, die in ihren europäischen Zielländern keine Angehörigen haben, hat das neue Abkommen bereits vorgesorgt. Es könnte sich um Waisenkinder oder andere "Total-Singles" handeln, die schon ihren heimatlichen Stammes-Gesellschaften, aus welchen Gründen auch immer, nicht zu nahe kommen durften.  Ein "Zufallsgenerator" wird für sie ein "passendes" Land auswählen und zuteilen. Doch dieser nach "künstlicher Intelligenz" klingende Begriff wird noch unter Anführungszeichen gesetzt, als sei der Sanktus oberster Gerichtshöfe noch einzuholen. Hinter "Zufall" könnten sich einige Gerechtigkeitslücken verstecken, sie könnten mit der EU-Menschenrechte-Gerechtigkeit unvereinbar sein.

Gelangt nun der eine "unbegleitete Jugendliche" etwa in die Speckgürtel um Hamburg und Berlin, ein anderer aber, möglicherweise sein Freund, der ihn auf der gemeinsamen "Flucht" begleitet hat, in die Magergürtel um Städte in Bulgarien oder Rumänien, dürfen sich die Schlepperbanden in den europäischen Mager-Staaten auf erhöhten Umsatz freuen. Und in den Rechtsberaterbüros der EU-NGOs tut sich ein neues Feld für Migrations-Studien und Hilfeleistungen auf.

Mit der Erfüllung des neuen Punkteprogramm sei nun der "entscheidende Punkt" gewonnen, berichten deutsche Journalisten, in der Angelegenheit "Migration" bekanntlich äußerst unvoreingenommene Beobachter und Ausdeuter. Nämlich: dass sich Migranten "nicht mehr aussuchen können, wohin sie gehen". Deutschgründlich gedacht: Ordnung muss sein, wo kämen wir hin, wenn sich jeder aussuchen könnte, wohin er gehen will? 

Besonders deutsche Migrationsexperten lieben Forschungsprogramme, die die Migration nach Europa als nur einen von vielen Migrationsfällen in der heutigen Welt untersuchen, vergleichen und vergleichend beurteilen. Vermutlich auch deshalb, weil es unter diesem globalen Aspekt leichter fällt, die baldige Wiederherstellung des "objektiven" Sicherheitsgefühls in den Städten und an den Grenzen Deutschlands vorherzusagen. Daher der optimistische Ton und Duktus ihrer Forschungsresultate, ganz im Gegensatz zu den katastrophal betrüblichen, die den langjährigen Statistiken über sterbende Gletscher und überfließende Meere zu entnehmen sind.

Daher kaum verhaltener Jubel der einen, ebenso kaum verhaltenes Entsetzen der anderen: Korrekt gute und inkorrekt böse Journalisten sind schon an der Nasenspitze ihrer ersten Sätze erkennbar. Diese möchten immer noch an einen mehr als nur "besseren" Schutz der "EU-Außengrenzen" glauben, jene haben erkannt: So viele Millionen Zuwanderer können kein Irrtum sein. Die Wiederauferstehung Europas als verjüngter Neukontinent könnte schon um 2050 gefeiert werden. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands von 1989/1990 eine globale Steigerung von "Wiedervereinigung" auf dem richtigen Weg zur Endrettung und Endvereinigung der ganzen Welt.

Zuerst will aber Afrika als bessere Hälfte Europas geheiratet sein. Doch ist Unfriede in der neukolonialen Ehe und Familie vorhersehbar: Millionen aus Asien und dem Nahen Osten wollen gleichfalls bedient und nicht verraten sein, von den "Flüchtlingen" aus den abtrünnigen ehemaligen Sowjetstaaten nicht zu reden, obwohl oder weil deren Zurückgebliebene (Angehörige und Nicht-Angehörige) neuerdings wieder russische Staatsbürgerschaften empfangen. Heim ins russische Großreich dort, fort ins europäische Globalreich hier. Manchen Tschetschenen bleibt keine Wahl. 

In welche Abgründe welcher Polarisierungen der deutsche Mitläufer-Journalismus mittlerweile das öffentlich Meinen in Deutschland abgeführt hat, ist bekannt. Europa weiß schon heute, wie es bis 2050 die ganze Welt vorm Klimatod, ansonsten unvermeidlich, retten wird, aber die Vorschläge des Non-Paper-Embryos für ein neues Asyl- und Migrationsabkommens für das künftige Europa, sind entweder rührend naiv oder von berechnender Hinterlist. Oder beides, falls immer noch die Weisheit eines alten Satzes altgewordener Großväter gilt: Dummheit und Stolz wachsen auf demselben Holz.

Doch das neue Modell werde nur funktionieren, wird mit zweckpessimistischer Vorwarnung zugestanden, "wenn die Mitgliedstaaten genügend Plätze anbieten." Eine Mitteilung, die erneut Verdacht erweckt: Denn das beschwichtigende Gute-Note-Wort "genügend" ist entweder bezogen auf einen spontanen oder einen jährlichen oder einen immerwährenden (zumindest bis zum Jahr 2050) Bedarf, Flüchtlingsströme zu lenken, wenn erneut "Fluchtursachen" (neue und alte) ihre mehr als "dramatischen" Wirkungen nach Europa tragen.

Und auch "Plätze" ist ein vernebelndes Gute-Nacht-Wort: Wie ein prominenter Künstler kürzlich in Paris bewies, wo er nach einem Spaziergang oder nach einer Spazierfahrt durch die Stadt per Interview bekannte: Hier und in Frankreich (noch größer und weiter als Paris) ist noch "genügend Platz" für viele Migranten. Platz ist Platz, eine geometrisch-geographische Größe, besonders in Paris, der großen Kapitale der immer noch oder nicht mehr großen Grande Nation verflossener Tage.

Deren imposante Plätze machen leicht vergessen, dass auch Künstler sich erbarmen sollten, beim wohlwollend gemeinten Mengenbegriff "Migranten"  nicht an Plätze zum Spazieren und Befahren, sondern an Versorgungsplätze, Krankenhaus- und Ordinationsplätze, Untersuchungshaft- und Gefängnisplätze, Zelt- oder Wohnungsplätze und ähnlich prosaische "Plätze" des alltäglichen Lebens eines Migranten zu denken. Gleichgültig, an welche Art von "Integration" diese selbst denken oder nicht denken, welche sie wünschen oder nicht wünschen. Künstler denken über Migration wie Päpste: in ganz Europa stehen doch genügend Liebe und Plätze bereit. 

Und noch ein Verdacht ist nicht abzuweisen: Ein Behörden-Monster (die EU-Zentrale in Brüssel), das in ganz Europa jede Transaktion jeder Bank, jedes ökonomische Gebaren jeder Firma, jeden förderungswürdigen Bauernhof, jeden Millimeter Gletscherrückgang, jedes Gramm CO2 Ausstoß exakt observiert, sollte über die künftige Entwicklung einer möglichen Völkerwanderung nach Europa bis 2050 keine prognostischen Statistiken führen?  Auch nicht in verborgenen Schubladen und lesegeschützten Dateien?

Oder enthält man sich der chronischen Sammlung für künftige Feiern und Selbstbelobigungen, weil man am fernen Erfolg der globalen EU-Migrationspolitik (durch UNO und deren Mitläufer gefordert und gefördert) doch nicht recht glauben kann und will? Auf diese Frage wäre eine Antwort wohl nur möglich, wenn ein heutiger Augur mit alleshörenden Ohren und allessehenden Augen durch die Brüsseler Wandelgänge spazieren könnte.

Dass die Nationalstaaten Europas von Statistiken über die "laufenden Ereignisse" und Entwicklungen der aktuellen "Flüchtlingspolitik" nicht ablassen können, erklärt sich aus ihrem Selbsterhaltungstrieb. Zum Unwillen Brüssels, das über die Entwicklung der "Verläufe" und "Vorfälle" am liebsten nicht oder nur ungenau Bescheid wissen möchte, führen sie im Schengenraum neuerlich national geschützte Grenzen ein. 

Zur aktuellen Unsicherheit trägt das Pressewesen der offiziell "verlautbarenden" EU nicht wenig bei. Unvermeidliche Pressekonferenzen und Medienaussendungen über die "Flüchtlingsfrage" versuchen das Fragen nach den Gründen und Ursachen entweder peinlich zu umschweigen oder mit Phrasen von und zu Merkel zuzudecken oder gar den üblichen Verdächtigen "von rechts" in die Schuhe zu schieben.

So landen sie – die endlos wiedergekäuten Phrasen – wie hohle Knochen im Rachen der ab- und nachschreibenden Zunft. Dabei wären die Ungeheuerlichkeiten der realen EU-Nichtpolitik in der früher noch "Flüchtlingskrise" genannten Agenda mit  Händen zu greifen und noch für den gehorsamsten Hund des Hofes zu erschnappen, wenn er nur fähig wäre, seiner investigativen Spürnase nochmals unvoreingenommen zu folgen. Stattdessen berichtet er treuherzig über "unhaltbare" Zustände in den "Lagern" von Griechenland bis an die Grenzen Kroatiens und Ungarns.

Über die "Einhaltung" eines Merkel-Erdogan-Deals zwischen der Türkei und Griechenland wird gelogen, was das Papier hält. "Balkanroute", "Binnenmigration" und quasisakrale "Seenotrettung" stehen unter Denktabu samt Krokodilstränen. Schon gerät die besonders in Deutschland beliebte Seenotrettung (Oster- und sonstige Friedensmärsche werden nur noch aus Traditionsgründen gepflogen) unter Überbietungsdruck. Die oberste Weltflüchtlingsorganisation der UNO fordert: Landnotrettung in Afrika sei dringlicher als nur Seenotrettung auf dem Meer.

Angesichts dieser chaotischen und unberechenbaren Gesamtlage kann man jene Eliten in Brüssel verstehen, die am Erfolg noch zweifeln und abwarten möchten. Man will nicht zu genau wissen und beobachten, was geschieht, untergeordnete "Zuständige" sollen gutreden, was nicht gutgehen könnte.

Offen verstörend werden Berichte oder Visionen von journalistischen Querschlägern empfunden, die ein "Narrativ" ins öffentliche Meinen Europas einschleusen, das für möglich hält, dass "Millionen Afrikaner auf ihren Koffern sitzen." Da wird auch Kardinälen und Bischöfen für einen Augenblick schwarz vor den Augen, und nur die Augen der strammsten Visionäre eines ganz neuen und ganz anderen Europas leuchten immer noch beglückt auf. Vermutlich Grund genug für die leitenden Eliten der EU, diese Visionen vorerst auf niedriger Flamme zu halten.

Außerdem hat die EU zu viele andere Sorgen am Hals, um sich auch noch gründlich und "nachhaltig" um das in die Jahre gekommene Thema "Migration", "Flüchtlingskrise", "Völkerwanderung" zu bekümmern. Ohnehin ein Chamäleon von Thema, das ständig Farbe und Gestalt wechselt: von hoffnungshell zu verzweiflungsdunkel. Andere Themen und Sorgen binden die Kräfte der EU durch Monate, wenn nicht Jahre: die Weltklimarettung wird noch einige kolossale Weltkonferenzen und Unsummen an umzuschichtenden Geldern erfordern, um die EU als führende Weltretterin in die Weltgeschichte eingehen zu lassen.

Für die seit Jahren angedachte Transaktionssteuer will sich keine Nationen-Mehrheit finden. Ebenso geteilt ist die EU in der Frage, ob man aus Klimarettungsgründen die Atomkraft generell ächten soll oder nicht. Wie und ob überhaupt die Balkanstaaten einer abermals erweiterten EU zugeführt werden sollen, muss nun mitten in den langwierigen Verhandlungen um die Folgen des Brexits entschieden werden, der Ende Januar 2020 erfolgen soll. Unter diesen Entwicklungen, die eher zu kumulierten Verwerfungen führen könnten, dürfte auch das bisher geltende 
EU-Einstimmigkeitsprinzip schon demnächst in den Papierkorb wandern.

In dieser Notlage – zu viele Bären los, als dass man sie wieder einfangen könnte, – scheint die Notlüge zu helfen, dass in der Migrationsfrage ohnehin alles gut gehen würde, besonders nachdem Dublin I demnächst erfolgreich repariert sein wird, wenn nur endlich die Geister des Widerspruchs verstummen würden. Wenn nur endlich aufhören würde, dass "das Nationale" und "die Rechtspopulisten" und ähnliche Dunkelmächte das gute und große Projekt zu Fall zu bringen versuchen.

Und sollte es am Ende wirklich schief gehen und Europa als Dritte-Welt-Leiche zu bestatten sein, kann man immer noch "nachweisen", dass das global und gut gedachte Projekt wirklich gut gegangen wäre, wenn nur die widerstrebenden Geister nicht permanent opponiert hätten. Dieses zurückblickende Umdeuten des eigenen Fehlentscheidens und Chaoshandelns folgt einem bekannten Muster aus der Vorgeschichte der jetzigen Migrationsgeschichte. Diese ist aus jener als unmittelbare Nachfolgeschichte hervorgegangen, somit unmittelbare Wirkung von jener Vorgeschichte als Ursache.

Das Muster (mit deutscher Politiker-Gründlichkeit erklärt) lautet: Hätte Bush die Büchse der Pandora im Irak nicht geöffnet, würde Saddam dank Friedensfürst Schröder immer noch friedlich regieren, und die von Bush für den "Nahen und Weiteren Osten" prophezeiten Dominosteine wären nicht umgestürzt. Folgt man diesem beliebten Gerücht, ist die Spur des Fehlhandelns der wahren Übeltäter, die den Katastrophenweg der beginnenden Völkerwanderung über Obama zu Assad und Merkel, Erdogan und Konsorten eröffnet haben, erfolgreich verwischt und vergessen.

Nach wie vor steckt Europa in der unmittelbaren Nachgeschichte jener Vorgeschichte fest. Zurzeit an der Frage, wie jene Staaten, die entschlossen sind, an neuerlichen Deals über Aufnahmen und Verteilungen von "Flüchtlingen" nicht teilzunehmen, "harmonisiert" werden sollen. Irgendwie muss Brüssel Wege finden, jene, die sich dem geplanten Regelwerk von Dublin II oder Seehofer I verweigern, "anlassgemäß" zu bestrafen und jene, die Migranten aufnehmen, aus einer neu zu schaffenden "europäischen Kasse" zu entschädigen.

Diese "Lösung" steht zwar noch nicht im non-paper-Papier, da sie aber seit langem "informell" – unter den Diplomaten der EU-Staaten – diskutiert wird, ist mit baldiger Aufnahme und Kodifizierung der neuen Normen zu rechnen. Und da die EU zugleich plant, die "Sozialleistungen für Flüchtlinge" ("so weit möglich", wie der Souffleur des neuesten Gummiparagraphen im Hintergrund flüstert) "EU-weit zu finanzieren", ist die "neue Kasse" ein Geschenk des (selbsterdachten) Himmels. Jene, die nicht aufnehmen, zahlen, jene, die aufnehmen, kassieren. Zuckerbrot und Peitsche als neues Mittel, um das Vereinigte Europa so rasch wie möglich auf einen "gemeinsamen Weg" zu führen?

Jene, die nicht aufnehmen wollen, behaupten außerdem, unbelehrbar, wie sie nun einmal sind, das neue Regelwerk werde den globalen "Pull-Faktor" verstärken. "Pull-Faktor" lautet die aktuelle Verharmlosungsformel der wesentlich ungemütlicheren, wonach der "Magnet Europa" seiner "Willkommenskultur" zum Opfer fallen könnte.

Die neu zu regelnden Sozialleistungen werden selbstverständlich gleichfalls in das neue Verteilungssystem "eingespeist". Millionen in Afrika und Asien, die "auf ihren Koffern sitzen" und ihr tägliches Handy befragen, springen nun oder später wie magnetisiert von ihren Koffern herab, um den lebensgefährlichen Weg in das ferne und doch so nahe Europa anzutreten.

Wurde das neue Asylabkommen von Politikern ersonnen, die ihren Verwaltungstechnokraten zuviel kreative Mitarbeit zugestanden haben? Oszilliert es deshalb zwischen Wunsch und Realität, zwischen Märchen und neuem Chaos? Wurde abermals gepfuscht und verpfuscht? Der gelernte EU-Europäer wird immer hellhöriger, wenn ihm das Neueste vom Neuen als Erfolgsmeldung mitgeteilt wird.

Doch stehen die Politiker Europas unter großem Druck und Zwang, positiv formuliert: unter globaler Verantwortung. Nachdem sich eine Mehrheit der EU-Staaten bereit erklärt hat, dem von UNO-Gremien organisierten "globalen Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration" beizutreten, droht den Beigetretenen das Schicksal, zum "globalen" Befehlsempfänger degradiert zu werden.

Und da sich unter den Beigetretenen auch jene Staaten befinden, die in der EU das neue Abkommen für Asyl und Migration in Europa planen und durchzusetzen versuchen, wäre es nur natürlich, den neuen EU-Entwurf nach den Richtlinien des UNO-Migrationspaktes auszurichten. Denn dieser wäre der allgemeine und große Entwurf, der EU-europäische nur ein spezieller und gehorsamer Nachfolgefall.

Fast unnötig zu ergänzen, dass Deutschland bei der Konstruktion des UNO-Paktes, dem 151 Mitgliedsstaaten zustimmten, federführend beteiligt war. In Berlin wurde nach dem erfolgreich Abschluss verkündet: Die UNO sei demokratisch legitimiert, Kritik am Abkommen verbiete sich von selbst.

Auf jeden Fall handelt es sich um eine starke Koalition williger Williger, der zu widersprechen und zuwiderzuhandeln gefährlich ist, weil eine Institution, die sich als höchste moralische Macht der politischen Welt begreift, das höchste Gute (ein Verwandter des höchsten Heiligen) der aktuellen Weltgeschichte in Pacht genommen hat.

Sie ist der selbsternannte Hüter einer "Weltgemeinschaft", deren Name bei jedem großen Konflikt in aller Welt angerufen wird. Und sei es nur, um die Trümmer von Obamas USA-Fluchtpolitik als fruchtbaren Samen einer geheiligten Völkerwanderung zu segnen.

Jenen Staaten, die sich geweigert haben, den UNO-Pakt zu unterzeichnen, droht das Schicksal, vor einem UNO-Tribunal Rechenschaft über ihre bösen Absichten vorlegen zu müssen. Von wem denunziert und angeklagt? Entweder von den global umherschweifenden Organen der UNO selbst, von Genf bis Marokko, von Kairo bis Mexiko, oder in vorauseilendem Gehorsam von jenen, die das neue EU-Asyl-Abkommen in Europa aushecken und durchsetzen.

Vor dem Weltgericht zu New York nicht plaudern, sondern moralische Farbe bekennen zu müssen, ist allerdings solange eine nur politisch-symbolische Gefahr, als die oberste Weltgemeinschaft (noch) außerstande sein dürfte, geltendes Völkerrecht durch ein neues und "gütigeres" zu ersetzen. Kommt Zeit, kommt Rat?

Wir hören ein altes Lied wieder, aber in einer bisher unbekannten neuen Tonart: Eine neue Ideologie findet die neue Wahrheit, verkündet sie aller Welt und beginnt eine die Welt veränderte Praxis zu organisieren. Soweit und so viel von Altvater Karl Marx. Aber wieder wollen nicht alle Menschen, noch weniger alle Parteien dieser Welt der neuen Wahrheitspartei glauben, noch weniger ihr folgen. Jetzt ist der kritische Punkt erreicht: Wie mit den Unwilligen verfahren, wie umgehen mit den Rückständigen und Ungläubigen?

Umerziehen war seit alters die große Devise neuer Heilslehren, anders nicht waren Menschen mit falschem Bewusstsein und Parteien, die das erkannte Amoralische und Böse der bisherigen Welt nicht überwinden wollten, in den neuen Gral überzuführen.

Und für das "Umerziehen" liegt ein großes Besteck bereit, von permanenter Denunzierung und Drangsalierung, von rhetorisch korrekter Verbiegung normativer Begriffe bis hin zum richtigen – "antipopulistischen" – Sprachgebrauch. Umerziehung ist das heilige Mittel für den neuen heiligen Zweck, denn große Dinge sind zu bewegen und zu erreichen: Umerziehung dient der Umwälzung, der offenen und der hinterrücks zu organisierenden. Und Abwehr oder Notwehr gegen einen Angreifer, der von vorne und hinten zugleich angreift, bedarf beinahe übermenschlicher Kräfte und Klugheiten.

Aber noch existieren in Europa freie Demokratien, die stark genug zu sein scheinen, ihrer Auflösung durch globale Mächte und innere Erosionen standhalten zu können. Einige Demokratien in Europa haben auch noch den Luxus-Mantel einer Monarchie umgehängt, - das freie Europa befreiter Völker und Staaten scheint ungefährdet in das 21. Jahrhundert zu schreiten. Es ist stolz auf seine Befreiung von den beiden verhängnisvollen Ideologien, an deren mögliche Rückkehr vor allem jene zu glauben vorgeben, die daher und deshalb die neuen Gefahren für Europa und seine Staaten unterschätzen.

Jeder warnende Alarmismus, der sich nicht "gegen rechts" wendet, sei nichts als ein solcher: ein permanenter Fehlalarm in der Ersten Welt, deren Existenz weder von vorne noch von hinten und schon gar nicht durch eine "Völkerwanderung nach Europa" bedroht sei.

Zur globalistischen Bedrohung zählt mittlerweile auch das Vordringen einer "Richterdemokratie", die durch "Samenflug" aus den Machtzentren der EU in die EU-Staaten vordringt. Wie groß oder klein der Schritt von dieser neuen "Demokratie" zu einer Richterdiktatur sein könnte, ist eine Frage, die kein Sterblicher beantworten kann. Dass aber diese Frage gleichfalls unter "falschen Alarmismus" fallen muss, wenn man den globalistischen Prinzipien der neuen Ideologie folgt, versteht sich durch sich selbst: Die neue Lehre weiß sich als radikale Bekämpferin der alten Ideologien, sie sitzt mit reiner weißer Weste auf der großen Bühne.

Die oft sehr verschwommenen Bestimmungen des neuen EU-Abkommens für Asyl und Migration scheinen einerseits dem Status nascendi eines Non-paper-Papiers geschuldet. Als müsse man noch abwarten, wie die Verhandlungen mit der noch zu ernennenden Koalition der Willigen verlaufen werden, um zu endgültigen und "überzeugenden" Formulierungen zu gelangen. Auch eine Prüfung der Texte durch die alleroberste Migrationsbehörde in der UNO könnte hinter den Kulissen der hohen Politik schon im Gange sein. Ohne deren "informative" Mitarbeit ist ohnehin "kein Staat" mehr zu machen, da das Personal hüben und drüben dasselbe ist: Auch europäische Politiker zieren die Chefsessel der UNO-Behörden.

Aber wie auch immer diese unbeantwortbaren Fragen, die früher noch einen klugen und mutigen Investigativ-Journalismus interessiert hätten, in den analogen und digitalen Schubladen vermodern, entscheidend ist der Punkt der "Rechtsverbindlichkeit" dessen, was in den Politbüros ausgedacht und von den Politgremien in geltende Gesetzestexte gegossen wird.

Die Gesetze und Regeln des UNO-Migrationspaktes sollen bekanntlich nicht "rechtsverbindlich" sein, die des EU-Paktes müssen es unbedingt sein, weil sich ansonsten die EU selbst die Legitimation abgesprochen hätte, für ganz Europa ein neues Asyl- und Migrationsverfahren durchzusetzen zu dürfen. Wer Pakte für seine Mitglieder erlässt, kann sich von diesen nicht vorwerfen lassen, eben dazu nicht legitimiert zu sein. Die UNO ging bekanntlich anders vor, weil sie offensichtlich weiß, dass es um ihre "demokratische Legitimation" nicht so weit her ist, wie die Chefpolitikerin der Berliner Republik verkündet hat.

Der UNO-Pakt für Massenmigration (Global Compact for Migration development process: "Globaler Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration (GCM)") soll nur politisch, er soll nicht rechtlich verbindlich sein. Warum diese Konzilianz einer "unverbindlichen Rechtlichkeit" scheinheilig und verführend ist, haben kluge und mutige Politiker und Journalisten bereits entdeckt und vorgeführt.

Unverhältnismäßig auf den Punkt gebracht: Jeder Staat, jede Staatenunion, jede Institution, welche auch immer, die aus einem auserwählten Teil Afrikas oder Asiens statt einer Million Menschen nur eine halbe Million jährlich nach Europa überführt, bekommt schlechte Presse. Das globale Heer der Medien-Hyänen heult den nachlässigen Überführer als amoralisches schwarzes Schaf in der Gemeinde der neuen Weltretter-Religion an, er wird in den Augen der "Weltgemeinschaft" als Paria erkannt und ausgestoßen, - aber er kann vor kein Gericht, vor keinen "Gerichtshof" gezerrt werden. Er kann nur mundtot geschlagen werden, in jenen Medien, die das große Sagen und Berichten vorerst gepachtet haben.

Da sich die EU mit Dublin II (Seehofer I) abermals auf den Weg der Rechtsverbindlichkeit begeben muss, sind neue Exzesse einer wachsenden Richterdemokratie zu erwarten. Diese hat das politische Pouvoir, auch und speziell in der Migrationsfrage alle Bereiche der westlichen Gesellschaft und Demokratie um endlose Streitpotentiale zu "bereichern", die auch das politische System selbst ins Wanken bringen können. Das Beispiel des Nationalkonvents der französischen Revolution sollte mahnen: Er war das selbsternannte demokratische Hegemonial-Institut und zugleich die säkulare Inquisition des Volkes. Eines in der Geschichte Frankreich erstmals demokratisch verfassten Volkes, das sich einer weltgeschichtlich neuartigen Gerechtigkeit anvertraut hatte. (Die erste Aufklärung nimmt Fahrt auf.)

Dem Anschein nach begründet primär die Vision einer neuen Weltgerechtigkeit den Aufstieg von Recht und Richtertum in der modernen Demokratie. Noch bis vor Kurzem schien die moderne Demokratie am System der Gewaltenteilung einen Garanten dafür zu haben, dass die Justiz der Demokratie niemals über den Kopf wachsen könne. Aber ein zweiter Grund ist kaum weniger bedeutend und vielleicht sogar der eigentliche: die aberwitzig gestiegene Komplexität der rechtlich verankerten Gerechtigkeit. 

Kaum ein moderner Demokratiebürger, der nicht schon über das Labyrinth der Gesetze seines Staates, vermehrt "seiner EU", geklagt hätte. Nur noch "eingelesene" Experten der unendlich differenzierten Rechtsmaterien beherrschen die Kunst, den roten Faden in den endlosen Gängen und Etagen des Rechtsgebäudes nicht zu verlieren. Wenn aber schon die Juristen selbst über einen Wildwuchs an Paragraphen klagen und stöhnen, wie erst Politiker, denen das Wohl des Ganzen einer regierbaren Demokratie anvertraut wird?

Ob sich die Verwalter der neuen Gerechtigkeit insgeheim an ihrem modernen Hybridwesen von Recht und Ordnung nicht auch erfreuen, bleibe dahingestellt. Sie verfügen jedenfalls über ein Pracht-Schloss an Wissen und Macht, in deren endlos verzweigten Gängen und Archiven sich nicht wenige Bürger als Nachfolger Kafkas erfahren und empfinden.

Ein anschauliches und zugleich aktuelles Beispiel liefert das Rechtssystem einer sogenannten "Verteilungsgerechtigkeit", die im Zentrum des geplanten neuen EU-Abkommens für Asyl und Migration stehen soll. Nach welchen rechtsgültigen Kriterien sollen wie viele Flüchtlinge auf welche aufnahmewilligen Staaten verteilt werden?

Bekanntlich sind die Sozialleistungen in den Staaten Europas sehr unterschiedlich dotiert. Weshalb auch die EU weiß, dass und warum die "meisten Migranten in eine Handvoll Länder streben." Wie ist das Problem zu lösen, ohne eine "Gerechtigkeitslücke" entstehen zu lassen? Kein Problem für die zuständige EU-Behörde: Sie bemisst die Aufnahmefähigkeit der willigen Staaten nach den Faktoren von Wirtschaftsgröße und Bevölkerungsgröße. Sind diese ermittelt, ergibt sich ein Wert, Index genannt, der eine "indexierte" Auszahlung der Sozialleistungen für Flüchtlinge ermöglicht. Prosaischer formuliert: In reicheren Ländern fällt die Alimentierung durch den jeweiligen Staat reichlicher, in ärmeren Staaten fällt sie dürftiger aus.

Ein Asylsuchender, der demnach nicht dem reicheren Westen und Norden Europas, sondern dem ärmeren Osten und Süden zugewiesen wird, erhält weniger als sein Fluchtkollege, den die Göttin Europa inniger ins Herz geschlossen hat. Und zwar exakt weniger nach den Richtlinien des "EU-Korbes", in dem die Lebenserhaltungskosten quer durch ganz Europa, Staat für Staat, berechnet und fixiert vorliegen.

(Vermutlich für das Hier und Heute sowie das folgende Quartal; gleich daneben könnte man den Abrechnungszettel für die horrenden Verwaltungskosten, die durch die neue Verteilung entstehen, ablegen. Der Rechenzettel für "Integration" von Millionen Migranten mittels Milliarden Euro liegt vermutlich in einem anderen Korb.)

Durch die indexierte Auszahlung soll nun zugleich ein weiteres EU-Wunder ermöglicht werden. Denn das Index-System der Sozialleistungen für die gerecht verteilten Flüchtlinge, so das pythische Orakel zu Brüssel, werde bewirken, dass sich "die Sozialleistungen in Europa stark aneinander angleichen werden."

Warum und wie sich durch die Angleichung der Kosten für den Aufenthalt von Asylwerbern auch die Sozialkosten für die Inländer in den diversen Staaten Europas angleichen sollen, bleibt eines der vielen EU-Geheimnisse, die seit geraumer Zeit kräftig dazu beitragen, die Glaubwürdigkeit der EU nachhaltig zu untergraben. Denken die politisch Verantwortlichen der EU-Behörden in verkappten Fünfjahresplänen? Oder fällt von der beabsichtigten EU-Flüchtlingskassa ein Scherflein auch für die Volkswirtschaften jener Staaten ab, die sich an der EU-Willkommenskultur beteiligen möchten?

Auch EU-Eliten kann nicht verborgen geblieben sein, dass Millionen innereuropäisch "Ausgewanderte" (Goethe) ihre "Überschüsse", sofern überhaupt vorhanden, mittels Überweisungen oder sonstwie ihren Angehörigen zu Hause zukommen lassen: äußerst dürftige Investitionen in das Wachstum ihrer eigenen Volkswirtschaft. Dieses für jeden Ökonomen einsichtige Argument ist natürlich keines für jene EU-Eliten, die ohnehin planen, die noch bestehenden nationalen Volkswirtschaften Europas in eine kommende EU-Supervolkswirtschaft zu transformieren.

Spricht sich aber das neue Verteilungsverfahren unter den Migranten aus Afrika und Asien herum, speziell die Gefahr, in das falsche Land des erreichbaren Paradieses umverteilt zu werden, werden die modernen "Völkerwanderer nach Europa" fragen, wie man es schafft, nicht in die ärmeren Länder Europas versprengt zu werden. Und wie sich das "Herumsprechen" neuerdings vollzieht, sollte auch den Verteilungs-Eliten Europas bekannt sein: zugleich oder neuerdings "zeitgleich" mit der verlautbarten Pull-Nachricht.

Mit einem Wort, für die globale Handy-Gemeinde aller Fluchtreisenden nach dem reicheren Europa bleibt "Merkel-Kurs halten" die alternativlose Devise. Und von dieser können sich auch die global arbeitenden Schlepperbanden, aus nicht mehr zu "investigierenden" Gründen, nicht mehr absentieren.

Auch das nächste Märchen lässt sich hören, aber nur als Märchen verstehen: Durch das neue Abkommen werde die "unerlaubte Weiterwanderung innerhalb der EU wirksam bekämpft", denn die verteilten Flüchtlinge erhielten Sozialleistungen nur mehr in "ihrem" Staat. Unter Aufsicht der zuständigen EU-Asylbehörde, wie wir gelesen haben. Und wie lange soll dieser fabelhafte Zuteilungsplan durchhaltbar sein? Bis kein Geld mehr zum Verteilen da ist, oder bis die leidigen "Fluchtursachen" verschwunden sind, oder bis alle Asylanten, weil bestens "integriert", Staatsbürger in "ihrem" Staat oder "demnächst" im großen EU-Staat geworden sind? Und in der Zwischenzeit mit willigen Anwälten kluge Aus- und Reisezeiten von ihrem zugewiesenen Staat erkämpft haben?

Im bisherigen System (Dublin I) konnte ein Fluchtreisender, hatte er die "Einreise" in einen Staat Europas "geschafft", nach sechs Monaten Aufenthalt – so lange hatte er "schon hier gelebt" – auch die Rechtswege seines Einreisestaates verbindlich in Anspruch nehmen. Wie diese für oder gegen ihn arbeiteten, darüber wurde und wird kaum berichtet, zu groß könnte das Entsetzen über das Chaos sein, das Dublin I angerichtet hat.

Zwischen regulären Aufnahmen, geduldeten Aufnahmen, weil die Einreisenden ihre Personal-Papiere rechtzeitig entsorgt hatten, weiters zurückgewiesenen Anträgen bis hin zu sogenannten U-Booten, deren Anträge abgewiesen wurden, die aber eine drohende Abschiebung zu umgehen wussten und wissen, und den absurden Fällen, die das alte Verfahren gleichfalls nicht verhinderte: parallele Asylanträge in mehreren Ländern, erstreckt sich ein Band unübersehbarer Vielfalt an Einzelschicksalen, die sogar den Flüchtlingsbehörden im Land der deutschen Gründlichkeit schier unlösbare Verwaltungsverantwortlichkeiten aufbürden.

Soweit die neuen Pläne für die Migration Richtung Europa. Wie aber sieht es mit der anderen, mit der Richtung nach Asien und Afrika aus? Wie steht es um die Möglichkeit und Freiheit der EU, abgewiesene oder straffällig gewordene Migranten in ihre Herkunftsländer abzuschieben?

Auf diese Gretchenfrage aller Migrations-Abkommen, der vergangenen und der künftigen, lässt auch das Non-paper-Papier für Dublin II (Seehofer I) nichts als unverbindliche Absichtserklärungen vernehmen. Antworten, die keine sind, weil es im Status quo auch keine geben kann. Die Falle, in die Europa gestürzt wurde, ist tief und finster. 

Keine Antwort aus gutem Grund, der jedoch für Europa ein denkbar schlechter, ein grundloser Grund ist. Was nämlich auf dem Papier gefordert wird: Rückschiebung für alle, die keinen Asylanspruch haben, ist in der Praxis schwierig bis unmöglich (nur vereinzelt) durchführbar. Menschen lassen sich nur in Staaten zurückführen, die zur Rückaufnahme bereit sind. Die Behauptung, über weitere Rückkehr-Abkommen mit afrikanischen und asiatischen Staaten werde noch verhandelt, ist kaum mehr als ein in die Jahre gekommenes Placebo.

Weder sind die Herkunftsländer in Afrika und Asien freiwillig zur Rücknahme bereit, noch ist der Plan B, der zum großen Zorn der deutschen Mutter aller Flüchtlinge in einigen Staaten Europas erwogen wurde, in Europa durchsetzbar: Der würde bedeuten, große Lager in den Kontinenten der Herkunftsländer zu errichten. Wie deutsche Meiden, in gewohnt vorauseilendem Gehorsam melden, würde diese Lösung weder (irgend)ein EU-Staat, noch ein Herkunftsland und auch kein Durchgangsland akzeptieren.

Europa erkennt sich als Insasse einer selbstverschuldeten Sackgasse und Falle. Oder anders: es hat sich die Schlinge um den Hals gelegt, und jene Mächte, die in Europa mit bestem Wissen und Gewissen an dieser Schlinge ziehen, fest und fester, glauben, Besitzer eines anderen Halses zu sein. 

Das neue EU-Abkommen für Migration und Asyl scheint noch an den Kategorien "illegale Migration" und "Flüchtling ohne Asylanspruch" festhalten zu wollen. Dagegen wurden diese Kategorien, an denen das Überleben Europas wie an einem seidenen Faden hängen könnte, in den durchgesickerten Geheimverhandlungen zum UNO-Migrationspakt beinahe schon gelöscht.

Ein Kompromiss wurde gefunden, der jedoch den Verdacht erweckt, kaum mehr als ein fauler und täuschender Konsens zu sein, wonach das letzte Wort über erlaubte und nicht mehr erlaubte Kategorien noch nicht gefallen ist. Noch bestünde demnach Hoffnung sowohl für jene, die eine globale (direkte und offene) Völkerwanderung nach Europa herbeiwünschen: No-Border und Genossen wären am Ziel ihrer Wünsche angelangt, die Ideologie einer "neuen Welt" hätte gesiegt.

Aber auch für die Gegenpartei bestünde noch Hoffnung: das Prinzip "Keine Völkerwanderung mehr nach Europa" wäre noch nicht verloren, noch wäre Europa durch Vernunft zu retten und dadurch auch weite Teile dieser Welt. Denn verliert Europa seinen Rang als mächtige und reiche Friedensmacht, ist auch dieses Hoffnungs-Licht für die Menschheit der Zukunft erloschen.

Wie sehr aber die Vernunft-Partei ins Hintertreffen geraten ist, wird gleichfalls aus den durchgesickerten Dokumenten der Geheimverhandlungen zum UNO-Migrationspakt ersichtlich. Offen und deutlich wurde über eine Gängelung der internationalen Presse konferiert. Das "Narrativ zur Migration müsse ausschließlich positiv sein", Migranten dürften unter keinen Umständen kriminalisiert werden. Letzteres wäre allerdings nicht mehr als eine Selbstverständlichkeit, wenn der generelle Heiligenschein, den Europas Pro-Völkerwanderungsideologie seinen Migranten im Voraus erteilt, mehr als ein gutgemeintes Vorurteil wäre.

Die unterdessen zugänglichen Dokumente belegen, dass der Vorschlag, um nicht zu sagen Befehl für ein ausschließlich positives Narrativ auf das Konto einiger EU-Staaten ging. Bei negativem Narrativ wäre den "irregeleiteten Medien" die "öffentliche Förderung zu entziehen." (Delegationsbericht zur vierten Runde in New York im Mai 2018.)

Die Begründung dieser offen verkündeten Vernichtung der demokratischen Pressefreiheit lässt tief in das geradezu "biblische Credo" der Pro-Völkerwanderungsideologie blicken. "Migration war schon immer Teil der Menschheitsgeschichte, und wir erkennen an, dass sie in unserer globalisierten Welt eine Quelle des Wohlstands, der Innovation und der nachhaltigen Entwicklung darstellt."

Über diese sattsam bekannten Formeln erhob sich, wie schon erwähnt, kein kleiner Streit, aus dem schließlich, nach Überwindung auch einiger abgemilderter Fassungen die nunmehr geltende des 34-seitigen "Global Compact For Safe, Orderly And Regular Migration" ("Globaler Pakt für sichere, reguläre und geordnete Migration") von 2018 hervorging. Die 1948 begründete Vereinigung aller Nationen dieses Planeten verkündete mit mächtigem Stolz, es sei das "erste Mal in ihrer Geschichte", dass sie sich auf einen "derartigen Vertrag einigen" konnte.

Über ein "Erstes Mal" nach einer kaum 70jährigen Geschichte kann man dieses oder jenes denken, nicht aber über die angeführte Art der Begründung. Auch am größten Herd der jetzigen Menschheit wird nur mit Wasser gekocht: Um die erstmalige Vertragsrevolution so tief und so gründlich wie nur möglich abzusegnen, wird die Plattitüde eines Ewigkeitsmythos: "Immer schon" – ein metaphysisch-geschichtstheologisches "Prinzip" von bezwingender Erhabenheit, dessen sich bereits viele Ideologien und ohnehin alle Religion bedienten und bedienen – ins Argument geschickt. Doch woran man bis jetzt nur glaubte, das ist nun mit Gewissheit als Segen und Fortschritt für die ganze ("globale") Menschheit erkannt.

Jetzt kann für die UNO nichts mehr schief gehen. Denn sollte das neue "Prinzip" in der Realität der Zukunft dennoch schief gehen, darf sich die "Weltgemeinschaft" rückwirkend Absolution erteilen: einen erstmalig-einmaligen Versuch war die neue Revolution allemal wert. Das Gewissen einer "demokratisch legitimierten Weltgemeinschaft" kann nicht irren.

Leo Dorner ist ein österreichischer Philosoph.

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