Die Männerdiskriminierung bei der Arbeitslosigkeit

Die Corona-bedingte Steigerung der Arbeitslosigkeit betrifft Frauen zu 85 Prozent! Mitte Juli sorgte die Austria Presse Agentur (APA) mit dieser Schock-Meldung für ein Rauschen im Blätterwald. In der Folge übertrafen sich die Frauensprecherinnen der Parteien und diverse Interessensverbände mit Jammerklagen, Schuldzuweisungen und Forderungen. Nötiger wäre allerdings gewesen, sich die Statistiken genauer anzusehen.

Denn die Männerarbeitslosigkeit erreicht alljährlich im Winter ihren Höhepunkt und sinkt in den Folgemonaten zum Sommer hin ab, ob mit oder ohne Corona. Damit verringert sich der Abstand zur Frauenarbeitslosigkeit (bis zum Anstieg zum nächsten Winter hin), die Männerarbeitslosigkeit bleibt aber höher – auch derzeit.

Um nun den Einfluss von Corona festzustellen, sind Vergleiche mit Zeiträumen vor Corona angebracht, nicht aber ist bloß der Zeitraum von Februar bis Juni (oder Juli) 2020 zu betrachten, wie es die APA wohl der Einfachheit halber vorexerzierte. Zwar hat (nach Angabe von "Zackzack") auch der Chef des gewerkschaftsnahen Momentum-Institutes das Vorjahr als aussagekräftig angegeben, ohne aber detaillierte Vergleiche anzustellen.

Genaugenommen ist mit den jeweiligen Vorjahresmonaten zu vergleichen. Die letzten Zahlen (Quellen: AMS-Monatsberichte, jeweils einschließlich Schulungsteilnehmer):

  • Ende Februar 2020 waren in Österreich 62.837 mehr Männer als Frauen arbeitslos; der Abstand war um 3.676 Personen (Männer) geringer als Ende Februar 2019.
  • Ende Juli 2020 waren 15.879 mehr Männer als Frauen arbeitslos; der Abstand war um 6.063 Personen (Männer) höher als Ende Juli 2019.

Behauptungen, wonach Frauen am Arbeitsmarkt die Hauptbetroffenen der Coronakrise seien, sind somit statistisch nicht haltbar. Die Zahlen würden eher das Gegenteil nahelegen. Diese Behauptungen entsprechen aber ideologiegeprägten Vorurteilen und werden daher gerne übernommen.

Dass generell mehr Männer als Frauen arbeitslos sind, scheint niemanden zu interessieren, obwohl der Arbeitsplatz für Männer identitätsstiftender und dessen Verlust psychisch belastender als für Frauen ist, die in einen ihnen eher vertrauten Bereich (Haushalt) zurückfallen. Männer neigen häufiger zu depressiver Störung wegen fehlender Gratifikation; die amtlichen Statistiken unterschätzen hingegen die Erkrankungshäufigkeit von Männern bei psychischen Störungen (Katrin Burger, "Psychologie heute" Februar 2015).

Seit den Zeiten von Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek ist eine Unsitte eingerissen, nämlich Frauen vom AMS bei der Vergabe von Mitteln für "aktive Arbeitsmarktpolitik", also finanziellen Hilfen für die Rückkehr auf Arbeitsplätze, zu bevorzugen. Die Zauberformel heißt "50:50", was bei der Überzahl männlicher Arbeitsloser eine klare Benachteiligung bedeutet.

Der damalige Volksanwalt Günther Kräuter (SPÖ) fand aber keinen Anlass zu Kritik daran und verwies unter anderem auf das niedrigere Arbeitslosengeld für Frauen – als ob das höhere für Männer diese rascher wieder in Beschäftigung bringen würde. Auch die derzeitige Frauenministerin Susanne Raab hält an Heinisch-Hoseks Formel fest und präsentierte am 11. August gemeinsam mit Arbeitsministerin Christine Aschbacher Fördermaßnahmen (nur) gegen Frauenarbeitslosigkeit.

(Viktor Pölzl war Mitbegründer des Arbeitslosenvereins AMSEL und ist Obmann des Vereins Freimann.)

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