Mit Covid 19 scheint ein neues Zeitalter angebrochen zu sein. "Die Welt ist aus den Fugen", hieß es bei Shakespeare. Der Staat, vorgeblich durchdrungen von Ethik, Humanismus und christlichen Werten, hat zwischen verschiedenen Arten gravierenden Leids – Isolation, Überwachung, Einschränkung der Freizügigkeit, Arbeitslosigkeit, ökonomische Katastrophe, Armut, Krankheit und Tod – seine Entscheidung für eine vorbehaltlose Bekämpfung von Letzterem getroffen. Koste es was es wolle! Die Angst vor Triage, also der Notwendigkeit, sich zwischen bestimmten medizinischen Prioritäten entscheiden zu müssen, die Angst vor TV-Berichten über mit Leichen beladene Militärkonvois wie in Italien, die Angst vor unschönen Bildern wie beim Migrantenansturm auf unsere Grenzen im Herbst 2015, hat politische Prioritäten als "alternativlos" festgezurrt. Lebensschutz über alles lautet die Devise – ist dem wirklich so?
Wir beklagen derzeit weltweit rund 300.000 Corona-Tote, wobei nicht zwischen an und mit Corona Gestorbenen unterschieden wird, wobei auch Alter und Multimorbidität außen vor bleiben. Andererseits ist mir kein Aufschrei europäischer Spitzenpolitiker über die für 2020 – und alle Jahre davor – qualifiziert geschätzten rund 50 Millionen(!) im Mutterleib Getöteten bekannt. Diese, keine wie auch immer geartete Rechtfertigung bedürfende, "ultimative Selbstbestimmung der Frauen" ist von der Politik gewünscht, und wird in breiten Kreisen als große Errungenschaft im Kampf für die Befreiung der Frau vom männlichen Joch angesehen.
Bei unseren deutschen Nachbarn wird der Ruf nach einer "Do it yourself-Abtreibung zu Hause" immer lauter, unterstützt von der Familien(!)Ministerin und gespeist aus der "Angst", Frau könne wegen Ausgangssperre und Quarantäne nicht rechtzeitig vor Ablauf der 12-Wochenfrist das geplante Werk vollenden. Kindstötung wäre letztlich doch systemrelevant! Wir lernen daraus, in Zeiten wie diesen zählt man besser zur Gruppe vulnerabler Senioren, selbst Moribunder, als zu der werdenden Lebens.
Dazu fügt sich auch harmonisch, dass ein Erkenntnis des deutschen Bundesverfassungsgerichtes – andere Länder werden folgen – just dieser Tage individuelle Autonomie und Selbstbestimmung als Kern der Menschenwürde bezeichnet hat, die ihren ultimativen Ausdruck im "Recht auf Suizid, auch mit Unterstützung Dritter" findet. Das Kriterium für den assistierten Selbstmord ist nicht mehr der Gesundheitszustand, sondern allein der Wille der Betroffenen, wenn das Leben – warum auch immer – als unerwünschte Zumutung empfunden wird. Professionelle Beihilfe zum Selbstmord, ein künftiges, sicher einträgliches Geschäftsmodell. Brave new world!
Abtreibung, assistierter Suizid, Covid-19-Infektion: Der zeitgeistige Rechtsstaat hat die Triage entschieden. Sein Vollzugspersonal, die Politiker, mögen bloß das salbungsvolle Geschwafel vom Leben als höchstem Gut unterlassen.
Dr. Werner Milota, Generalbevollmächtigter der CA i.R. seit Erreichen des Wahlalters – damals mit 18 – ein bürgerlicher Konservativer.