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Die Stunde der Keynesianer

Nichts eignet sich zur Durchsetzung einer politischen Agenda besser als eine Krise – oder noch besser: ein Krieg. Folgerichtig hat Emmanuel Macron bereits pathetisch den "Krieg gegen das Virus" ausgerufen. Augenblicklich steht das Volk wie ein Mann hinter seinem unfehlbaren Führer, dessen Anweisungen es mit einem Male bedingungslos folgt.

Dubiose Figuren, die nicht einmal eine simple Pensionsreform hinbekommen, behaupten nun, imstande zu sein, jedermann vor dem gefährlichsten aller bisher bekannten Übel zu bewahren. Wer das tatsächlich glaubt, hat sich zum Phänomen Macht und den Zeitgenossen, die sich darum reißen, offenbar noch niemals ernsthafte Gedanken gemacht. Die Corona-Pandemie ist dabei, die Welt in ein Tollhaus zu verwandeln. Der von vielen Regierungen rund um den Globus zwecks Eindämmung dieser Krise entfaltete Aktionismus ist beispiellos.

Was auffällt ist, dass unter den Experten keineswegs Einigkeit in der Beurteilung des Covid-19-Virus und bezüglich der bestgeeigneten Strategie zu dessen Eindämmung besteht. Trotz einer weitgehend fehlenden Evidenz haben viele Regierungen, auch die österreichische, sich für die aus wirtschaftlicher Sicht maximal schädliche Variante der Virus-Bekämpfung mittels Lockdowns entschlossen.

Das kann und wird in einer international arbeitsteilig organisierten Welt nicht ohne gewaltige Kollateralschäden abgehen. Der in den letzten Tagen zu beobachtende Sturm auf den Edelmetallhandel (Münzen und Barren sind bei vielen Händlern ausverkauft) macht deutlich, dass das Vertrauen der Bürger in die Krisenbewältigungskompetenz der politischen Klasse durchaus seine Grenzen kennt.

Dennoch ist es bemerkenswert, welch drastische Eingriffe in die Bewegungs- und Erwerbsfreiheit möglich sind, ohne dass dagegen Kritik laut wird. Ein Phänomen, das, darauf lassen alle bislang verfügbaren Daten schließen, letztlich auf die Gesamtsterblichkeit keine nennenswerten Auswirkungen gehabt haben wird, dient einer paternalistischen Nomenklatura als willkommener Vorwand zum Übergang zu einer autoritär orchestrierten Planwirtschaft im Ausnahmezustand.

Zur Beurteilung der Gefährlichkeit von Covid-19 liefert der Fall des in Yokohama festgehaltenen Kreuzfahrtschiffs "Diamond Princess" aussagekräftige Daten: 3.711 Passagiere mit einem Durchschnittsalter von 58 Jahren, davon 697 positiv getestet, zwei Wochen Quarantäne, sieben Tote. Das entspricht rund einem Prozent. Der Fall der Diamond Princess ist insofern von Bedeutung, als es sich dabei um einen faktisch abgeschlossenen Kosmos gehandelt hat, der eine exakte Analyse erlaubt, frei von externen Störfaktoren. Angesichts der aus diesem Fall zu ziehenden Erkenntnisse dürfen Zweifel angemeldet werden, dass die Covid-19-Pandemie tatsächlich die Jahrhundertkatastrophe ist, aufgrund derer Politik und Medien weltweit in den Panikmodus schalten.

Die Massenmedien spielen übrigens eine besonders befremdliche Rolle in der laufenden Propagandaschlacht: Von der "vierten Macht im Staate" kommt kein kritisches Wort. Sie betätigt sich vielmehr – in Deutschland nicht anders als in der Alpenrepublik – als völlig unkritischer Regierungspropagandist, der die Maßnahmen des eigenen Politbüros bejubelt und alternative Strategien in anderen Ländern (zumindest dann, wenn sie von liberalen oder konservativen Regierungen geführt werden) in Grund und Boden verdammt. Ein derartiges Maß an freiwilliger Gleichschaltung steht bislang ohne Beispiel da.

Sind einerseits die medizinischen Konsequenzen der Pandemie bislang nicht seriös abschätzbar, lassen sich in wirtschaftlicher Hinsicht schon eher einigermaßen haltbare Prognosen formulieren. Dabei gilt es übrigens, Anlass und Ursache des jetzt auf uns zukommenden wirtschaftlichen Debakels keinesfalls zu verwechseln: Corona ist nicht der Grund für die am Ende des Zyklus angelangte Konjunktur, sondern sie liefert den Regierungen lediglich den Anlass, von ihren in der Vergangenheit gemachten, geld- und wirtschaftspolitischen Fehlern abzulenken und ihre Macht und Regulierungswut in bis dato ungeahntem Ausmaß zu steigern. "Corona ist ein `Gamechanger´", "außergewöhnliche Umstände verlangen außergewöhnliche Maßnahmen", blablabla – willkommen im 1984er Totalitarismus, Ausgabe 2020!

Dumm ist nur, dass der Mensch ja von irgendetwas leben muss. Es ist also geboten zu produzieren, wenn wir nicht in die Steinzeit zurückfallen wollen. Ein dauerhaftes Verbot jeder Bewegung, wie er den Grünen so erstrebenswert erscheint, ist ohne Massensterben nicht durchzuhalten. Aber das scheint die Damen und Herren Minister und die ihnen zuarbeitenden Bürokraten erstaunlich wenig zu kümmern, die ja ihre Gehälter in jedem Fall ungeschmälert ausbezahlt bekommen, während Tausende Unternehmen dank des überschießenden Regierungsaktionismus ohne Umsätze dastehen.

Der Lockdown wird zu einer weltweiten Rezession führen (über das Ausmaß sind die Experten noch uneins, aber minus 5 Prozent und mehr vom Welt-BIP werden es schon werden), und könnte am Ende mehr Schaden anrichten als das Virus selbst. Der speziell in Europa viel gescholtene US-Präsident Donald Trump warnt daher völlig zurecht davor, dass eine Kur nicht schädlicher sein darf als die Krankheit selbst.

Sicher ist (um nur einige Beispiele zu nennen): tausende Kredite werden infolge des Stillstands notleidend werden, viele arbeitslos gewordene Bürger und gescheiterte Unternehmer werden ihre Mietenzahlungen einstellen und damit Vermieter und den gesamten Immobiliensektor in Schwierigkeiten bringen. An den Banken wird das nicht spurlos verbeigehen.

Jetzt, nachdem die Industrie von den Machthabern erfolgreich lahmgelegt wurde, werden weltweit Konjunkturpakete auf den Weg gebracht, um "die Wirtschaft zu stimulieren". Welche Ironie! Wieder einmal schlägt die Stunde des keynesianisch inspirierten "Deficit Spending". Jetzt wird auf Teufel komm raus die Geldpresse angeworfen, um ein gigantisches Umverteilungsprogramm zugunsten des Staates und seiner Systemlinge anzuleiern. Zwei Billionen Dollar(!) werden in den USA zur "Rettung der Wirtschaft" in Aussicht gestellt. Die sich in der Coronakrise als völlig inkompetent erweisende Eurokratie wird sich – Hand in Hand mit Christine Lagarde von der EZB und den nationalen Regierungen – auch nicht lumpen lassen.

Die von Trump formulierte Sorge könnte durchaus wahr werden: die Kur gegen das Virus könnte üblere Folgen zeitigen als die Pandemie selbst. Die auf uns zukommende Warenpreisinflation wird sich gewaschen haben. Und dafür, wohin eine galoppierende Inflation führen kann, liefern die Geschichtsbücher bekanntlich jede Menge Evidenz.

Ein schwacher Trost bleibt: Endlich könnte sich die Erkenntnis Bahn brechen, dass man von den in den Zentralbanken bedruckten Zetteln nicht abbeißen kann und der gesellschaftliche Wohlstand von der Produktion, also der verfügbaren Güter- nicht aber von der Geldmenge abhängt.

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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