Familien kommen kaum mehr vor. Wenn doch, dann unter ferner liefen oder im Zusammenhang mit negativen Schlagzeilen.
So titelte die Kleine Zeitung am Silvestertag "Familie ist für Kinder der unsicherste Ort". Zeitnah werden mit öffentlichen Geldern Inserate geschaltet und Plakate geklebt, die auf die in den Familien stattfindende Gewalt hinweisen. Familie, ein Ort der Gefährdung.
Das neue Regierungsprogramm beläuft sich auf 316 Seiten. Unter Punkt fünf von sechs werden die Anliegen der Familien ab Seite 282 mit drei(!) Seiten bedacht. Als erstes Ziel wird der flächendeckende Ausbau der Kinderbetreuung genannt. Qualitativ, Quantitativ, mit flexiblen Öffnungszeiten.
Aber wo findet Familie statt? In der bedarfsgerechten Kinderbetreuung? Ist Familie selbst nur mehr ein Ort, an dem möglichst keine Kinder mehr sein sollten? Weil sie ein "unsicherer Ort" ist? Geht es Kindern tatsächlich besser in den Einrichtungen? Ist es das, was Familien wollen? Fragt mal jemand die Kleinkinder? Und wenn sie selbst es nicht artikulieren können, wer hört, was die Experten uns sagen? Sie sagen: Kinder brauchen ganz viel Vater und Mutter. Und: "Wir sollten Eltern so stärken, dass sie sich endlich wieder konsequent auf die Seite ihrer Kinder stellen", so der Neurobiologe Gerald Hüther.
Warum um alles in der Welt, dürfen Familien nicht gefördert werden als ein Ort, an dem Kinder es gut haben? Wo sind die Mutmachprogramme, wo die finanziellen Mittel, die es Eltern überhaupt ermöglichen, bei den Kindern zu sein? Wo sind die Entlastungen für junge Eltern?
Ja, es gibt auch Positives im Programm, wie die Erhöhungen des Kindermehrbetrages und des sogenannten Familienbonus Plus. Aber auf eine selbstverständliche Anpassung der Familienbeihilfe und des Kinderbetreuungsgeldes an die Inflation werden die Familien wohl auch in dieser Legislaturperiode vergeblich warten. Ganz zu schweigen von echter Wahlfreiheit, es sich finanziell leisten zu können, die Kinder zu Hause selbst zu betreuen.
"Das Kind muss weg", lautete vor einiger Zeit die Überschrift eines Artikels einer jungen Mutter. Sie ertrug das Weinen ihres Kindes nicht mehr. Sie stellt Fragen. Offen spricht sie vom Druck, unter dem vor allem die Mütter stehen, ihre Kinder wegzuorganisieren. Weil alle das machen, weil das der Mainstream verlangt.
Familien- und Arbeitsministerium sind künftig unter einem Dach. Bleibt zu hoffen, dass die Familien unter dem Diktat der Wirtschaft nicht vollends abgeschafft werden. Bleibt zu hoffen, dass eine Politik, die den Anspruch hat, ökologisch zu sein, nicht nur die Ökologie der Pflanzen und Tiere, sondern auch die der Kinder und Familien ernst zu nehmen beginnt. Der Umwelt wird es erst dann besser gehen, wenn der westliche Mensch seine Einstellung zu sich selbst und zur Familie wieder ins Lot bringt und ihr den Stellenwert einräumt, der ihr zusteht: Platz eins einer jeden Gesellschaft.
Gudrun Kattnig ist Geschäftsführerin des Katholischen Familienverbands Kärnten