Der Nahe Osten kocht

Die Ereignisse im Nahen Osten drängen einer gewaltigen Explosion zu. Donald Trumps Luftexekution von General Soleimani, dem Mastermind der schiitischen Expansion im Nahen Osten, scheint die Höllenhunde endgültig zu wecken, die vom ersten Tag seiner Existenz an den Grenzen des Staates Israel lauern.

Am 4. Jänner 2020 killt eine US-Drohne General Qassem Suleimani plus den Kommandanten aller schiitischen Milizen im Irak nahe dem Flughafen von Bagdad. Was hat er da verloren gehabt?

Soleimani war 1979, so wie der spätere Präsident Ahmadinejad (2005 – 2013), einer der entführenden "Studenten" in der islamischen Revolution des Ajatollah Ruholla Khomeini gewesen. Damals, kurz nach dem Gelingen seiner "Islamischen Revolution", benutzte der oberste schiitische Führer Studenten, um 52 US-Diplomaten als Geiseln zu nehmen. Man befürchtete eine Intervention der USA so wie 1953, als der linke Nationalist Mohammed Mossadegh als gewählter Premierminister die britischen Ölfirmen verstaatlicht hatte.

Präsident Dwight Eisenhower und Premier Winston Churchill hatten damals Schah Reza Pahlevi wieder auf den Pfauenthron gesetzt und die Verstaatlichung rückgängig gemacht. Persien ging es danach aber gut und es war hinfort ein verlässlicher Verbündeter der USA und Freund Israels. Die Geheimpolizei SAVAK war gefürchtet, aber nur ein Schatten dessen, was Khomeini danach aufstellte.

Wäre Mossadegh nicht gestürzt worden, hätte er am Höhepunkt des Kalten Krieges – in Korea tobte ein heißer Krieg gegen kommunistische Invasoren – mit Moskau paktiert. Die Szenerie im Nahen Osten wäre viel ungünstiger geworden, vor allem für Israel. Ohne Intervention der Westmächte wäre Mossadegh wie später Fidel Castro auf Kuba in den Sog der Sowjets geraten und der Kalte Krieg hätte einen anderen Verlauf genommen.

Khomeini war nicht unvermeidlich

War der Aufstieg Khomeinis unvermeidlich? Wahrscheinlich nicht. Hier verband sich politisches Ungeschick mit einer Tragödie. Der Schah war an Krebs erkrankt und nicht mehr handlungsfähig. Als Khomeini sich anschickte, vom Pariser Exil in den Iran zurückzukehren, boten hohe persische Generäle Präsident Jimmy Carter an, gegen die Mullahs zu putschen, falls sie von den USA politische und militärische Rückendeckung erhielten. Carter lehnte ab.

Bei einem Richard Nixon im Weißen Haus oder bei einem Ronald Reagan hätten die USA vermutlich anders entschieden. Und auch Margaret Thatcher hätte mitgemacht. Reagan freilich befand sich noch im Wahlkampf. Mit einem Stock zog er vor laufenden Kameras einen Strich durch den Sand. "Bis hierher und nicht weiter. Ich werde die Aggressionen der Mullahs nicht dulden". Wenige Wochen später ließen die "Studenten" die 52 entführten amerikanischen Geiseln frei, und zwar genau am letzten Tag von Jimmy Carter im Amt. 444 Tage nach der Geiselnahme.

Schlüssel zum Paradies

Dass fast gleichzeitig die Sowjetunion 80.000 Soldaten nach Afghanistan schickte, verdeckte die innere Situation des Iran. Es gab Massenverhaftungen, ein Ende der Meinungsvielfalt in den Medien, ein Ende der persönlichen Freiheit, Folter, und den Zwang für Frauen, zum Tschador zurückzukehren.

Kurz darauf schickte der blutige Diktator des Irak, Saddam Hussein, seine Armee über den Persischen Golf in die teilweise arabisch besiedelte iranische Provinz Khusistan. Saddam träumte von der alten Größe des Irak, zu dem in der türkischen Zeit auch Kuwait gehörte. Vor allem aber wollte der Machthaber am Euphrat verhindern, dass die Ajatollahs die schiitische Mehrheit im Irak – 62 Prozent – gegen ihn aufhetzen.

Es folgten acht Jahre Krieg mit rund einer Million Todesopfer. Imam Khomeini verteilte an seine jungen, unerfahrenen Soldaten Schlüssel für das Paradies und motivierte sie so zu fanatischen Attacken auf die irakischen Invasoren. Die wiederum setzten Giftgas ein, um sie von einem Vorstoß nach Basra und Nadschaf abzuhalten. Viel zu spät akzeptierte Khomeini 1988 einen Waffenstillstand. 

Auf nach Jerusalem!

Seine wahren Absichten machte er durch die Benennung seiner Offensiven kund: "Al-Kuds I", "Al Kuds II", "Al Kuds III" usw. Khomeini zielte also auf Jerusalem, das war das ultimative Ziel und das ganze Regime stand dahinter. Vor allem der spätere Präsident Ahmadinejad. Jede Offensive kostete 100.000 jungen Männern das Leben. Wie seinerzeit die Isonzo-Offensiven der Italiener am Sotscha-Tal ...

Israel hatte nach iranischer Sicht kein Recht zu existieren. Es wird als eine Kolonie Europas und der Vereinigten Staaten gesehen und wesensfremd dem Islam. Es dürfe keine Oberhoheit über die heiligen Stätten in Jerusalem ausüben. Der Holocaust ist in iranischen Augen kein Argument, der war eine Angelegenheit Europas. 

Einkreisung

Zur Absicherung der Herrschaft wurde neben den Revolutionsgarden die Kuds-Force gegründet, ein Instrument für Auslandseinsätze und internationalen Terror. Man sprengte zum Beispiel 1992 die israelische Botschaft in Buenos Aires mit 29 Toten und 242 Verletzten, genauso wie man einen amerikanischen und französischen Stützpunkt im Libanon mit hunderten Toten in die Luft jagte. Oder man versuchte, den saudischen Botschafter in Washington D.C. zu töten, was nicht gelang.

Qassem Soleimani macht sich in dieser Gruppierung mit kaltblütigem Morden schnell beliebt, wurde ihr Leiter und Architekt der Kuds-Einsätze im Libanon für die Schiitenbewegung Hisbollah, für die Hamas in Gaza und er erkämpfte mit Russland das Überleben des Assad-Regimes in Syrien. Soleimani bewaffnete und organisierte die schiitischen Milizen im Irak und zuletzt auch die Houthi-Rebellen im Jemen. Von dort ließ er Mittelstreckenraketen auf die saudische Hauptstadt Er Riadh regnen und eine Ölraffinerie zerstören.

Sein oberstes Ziel aber war, Israel zu umzingeln und zuletzt von der Landkarte zu tilgen. 

Atomgefahr

Dass all dies nicht gutgehen kann, ist offensichtlich. Dazu gehört auch die Entwicklung von Atombomben. Die Supermächte hatten sich darauf geeinigt, neben ihnen keine weiteren Atommächte zu dulden. Dennoch gelang es Nordkorea, Atomwaffen und Trägersysteme zu entwickeln. Genauso Israel, Pakistan und Indien. Brasilien und Argentinien wurde das Spiel mit dem Atom zu teuer und Südafrika brauchte seine sechs Atombomben nicht mehr, nachdem es die einst weiße Macht an eine schwarze Regierung abgegeben hatte.

Der Iran verfügte also kaum über einen Anreiz, sich an internationale Regeln zu halten. Aber wegen seiner tiefen Feindschaft zu Israel befürchteten die USA, dass der Iran die Atombombe nicht nur zur Abschreckung nutzen wird, sondern zu einem gezielten Knock-out-Schlag. "Israel muss wissen, dass eine einzige Atombombe genügt, um das ganze Land zu zerstören", sagte Ahmadinejad in einem "Spiegel-Interview". Das wurde natürlich in Jerusalem mit großer Aufmerksamkeit registriert.

Klar war auch, dass eine fertig entwickelte iranische Atombombe sofort die Türkei und Saudi-Arabien veranlassen würde gleichzuziehen. 

Das Schwert des Damokles

Mit Beginn des dritten Jahrtausends begann man in Jerusalem eine militärische Ausschaltung der iranischen Atomgefahr zu überlegen, zu planen und zu trainieren. Die israelische Luftwaffe flog Langstreckeneinsätze an Libyen vorbei bis zu den Kanarischen Inseln und übte den Anflug auf Teheran über Zypern, dann über Kreta und schließlich über Sardinien. Eine nukleare Detonation im Weltraum sollte alles Elektrische im Iran lahmlegen. Persischsprachige Spezialagenten würden samt Motorrädern per Fallschirm abgesetzt werden. Sie würden die Wohnungen und Büros der Nomenklatura für Drohnenangriffe mit Implosionsbomben markieren, so wie sie das mit großem Erfolg 1981 in Beirut gemacht haben. In die Höhlensysteme für nukleare Sprengversuche würden mit Cruise Missiles Neutronenbomben gelenkt werden, um sie für immer zu versiegeln.

Über dem Iran hing ein Damoklesschwert. Das wurde 2006 manifest, als ein israelisches Bombergeschwader an der türkischen Grenze entlang in den Norden Syriens eindrang, um einen in Bau befindlichen nordkoreanischen Atomreakor zur Erzeugung von Plutonium in Deir es Nor zu vernichten.

Die Reaktionen der Welt auf diese Auslöschung hielten sich in Grenzen. 

Andere Wege zum Atom

Wirklich niemand hatte ein Interesse daran, dass Syrien in den Besitz von Atomwaffen geriet. Man hielt das auch nicht ernsthaft für ein syrisches Projekt. Vielmehr gingen die Analysten davon aus, dass Deir es Nor von Nordkorea im Auftrag des Iran errichtet wurde. Man wollte in Teheran neben der Urananreicherung auch den Plutoniumzyklus beherrschen. Umso besser, wenn man das auslagern konnte. So wie nach Aufdeckung des irakischen Atomprogramms 1995 offenbar wesentliche Elemente zu Gaddafi nach Libyen outgesourct worden sind, wie er selbst nach der Verhaftung Saddam Husseins offenlegte. Irans Präsident Khatami stoppt nach der Verhaftung von Saddam Hussein 2003 das Atomprogramm. Mahmud Ahmadinejad heizte es ab 2005 wieder an.

Aber das war noch nicht das volle Maß aller Sorgen. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion kursierten Meldungen, nach denen es den Iranern gelungen wäre, aus einem Atombombenlager in Tadschikistan eine oder zwei einsatzfähige Nuklearwaffen in den Iran zu schmuggeln. In einem James-Bond-Film wurde das subtil thematisiert, indem gezeigt wurde, wie man in Washington per Satellit den geheimen Konvoi bis zur iranischen Grenze verfolgen konnte.

Aber in Wirklichkeit gab es keinen westlichen Geheimagenten mit der Lizenz zum Töten, der den hypothetischen Transport abgefangen hätte. Aber es gab von Ahmadinejad immer wieder Bemerkungen, dass Amerika und Israel mit einer Überraschung rechnen müssten. 

Das Dilemma

Zu Beginn des Jahres 2019 steckte der Nahe Osten in einem Dilemma. Die perfide Natur des Mullah-Regimes hatte sich in 40 Jahren massiv offenbart. Unzählige Attentate wurden im Ausland verübt, Kriege gegen die sunnitischen Nachbarn losgetreten und das eigene Volk mehr und mehr versklavt ohne Aussicht auf einen Wandel.

Die guten Absichten rund um das in Wien unterzeichnete Atomabkommen von 2015 lösten sich in Luft auf. Ab 2030 hätte der Iran Atomwaffen bauen dürfen. Ohne Abkommen hätte er nach israelischen Erkenntnissen schon 2020 die Fähigkeit dazu gehabt.

Die Gelder, die nach den Unterschriften von Wien nun frei wurden, kamen jedoch nicht der Bevölkerung zugute, sondern vor allem der Sicherung des Regimes und der Expansion in der Region. In beidem war Qassem Suleimani federführend. Ähnlich wie Wladimir Putin schätzte er den Westen als schwach ein, unfähig, den Verlust von Leben zu ertragen und eine langfristige Politik zu konzipieren. Aggressiv und gnadenlos verfolgte er seine Ziele. Längst war er im Prestige die Nummer Zwei der Machtpyramide Teherans, und Präsident Rohani nahm sich in Acht vor ihm. 

Volkzorn

In den US-amerikanischen Geheimdiensten hatte man ihn seit langem auf dem Radar. Man fürchtete den Tag, an dem er Ajatollah Khamenei nachfolgen würde. Er wäre mit seinen vielen Erfolgen dann der erwartete "Mahdi", die Wiederkehr des Propheten Mohammeds. Ahmadinejad hat das sogar vor den Vereinten Nationen angesprochen. Niemand zählte die Toten in der Blutspur Soleimanis. Allein bei der Niederwerfung des jüngsten Aufstands im Iran wegen der Erhöhung des Benzinpreises kamen 1500 Menschen um, viel mehr wurden gefoltert und ins Gefängnis geworfen.

Danach schien es, als könnte das Regime heil davonkommen, weil die Wut über Soleimanis Tötung die Nation zu einen schien. In den USA waren die meisten Statements, vor allem von universitärer Seite, für Trump negativ. Er habe die explosive Situation im Nahen Osten nicht adäquat berücksichtigt und führe die Weltmacht USA in Mafia-Manier. Da passte es gut, dass bereits ein Impeachment-Verfahren wegen Missbrauch des diplomatischen Dienstes für ein Wahlkampfmanöver zu Hause angesetzt war.

Aber der Narziss im Weißen Haus scheint Glück zu haben. Das Abschießen einer ukrainischen Passagiermaschine nahe beim Flughafen Imam Khomeini in Teheran mit 176 Menschen an Bord, die meisten davon in Kanada lebende Iraner, hat nun die Bevölkerung neuerlich erzürnt. Tagelanges Leugnen der Behörden des eigenen Versagens, ständiges Lügen und sinnlose Attacken auf Amerika brachten diese unglaubliche Reaktion: Nahe der Universität breiteten junge Leute die iranische, amerikanische und israelische(!!!) Flagge auf der Straße aus und riefen: "Amerika ist nicht unser Feind". Wenn jemand versuchte, über die Fahnen zu laufen, wurde er weggezerrt. Das ZDF hat darüber groß berichtet. Wieder sind Hunderttausende auf den Straßen und allenthalben werden Bilder von Soleimani heruntergerissen. Dies könnte jener historischen Stunde entfernt gleichen, als im November 1989 in Ostberlin die Massen riefen: "Keine Gewalt!" und Stasi und NVA machtlos waren. 

Regime-Change

Trump wird plötzlich zum Agens eines Regimechanges, den niemand in der demokratischen Welt bisher für möglich hielt. Dabei hat der Immobilienmakler davor erstaunliche Zurückhaltung gezeigt. Als die Kudsforce im Herbst einen britischen Tanker entführte, schickte die Marine einen Flugzeugträgerverband – in den Indischen Ozean statt in den Persischen Golf. Als eine amerikanische Drohne über internationalem Gewässer abgeschossen wurde, feuerte Trump Bonmots in FoxNews und giftige Tweets jeden Morgen, hielt aber die Top Guns am Boden.

Doch dann warnte er vergeblich vor einer Attacke auf amerikanisches Leben. Ein US-Soldat wurde von einer irakisch-schiitischen Miliz getötet. Jetzt antworteten die USA mit einem Angriff auf diese Miliz: acht Tote. Daraufhin sandte Soleimani, der sich inzwischen schon wieder im Land aufhielt, tausende "Demonstranten" vor die stark befestigte US-Botschaft in Bagdad. Sie schossen Raketen auf die "Green Zone" und brachten einen Teil der Sicherungsmauer zum Einsturz.

Damit war eine Reaktion aus Washington unvermeidlich. Um dem zuvorzukommen, traf sich Soleimani mit dem höchsten schiitischen Milizenführer des Irak. Sie planten Großes. Und Trump drückte ab. Die Büchse der Pandora war geöffnet. 

Einschlag

Kurz nach Mitternacht starteten im Iran am 8. Jänner 19 Mittelstreckenraketen. Minuten später schlugen 17 Raketen im größten Stützpunkt der Irakischen Armee, Ain al-Assad, ein. Zwei Ra-keten trafen eine kurdische Kaserne in Erbil. Dort überall waren US-Soldaten und Nato-Ausbildner stationiert. Ein US-Satellit hat die Raketen beim Start geortet, die Bahnen berechnet und die Militärkommandos alarmiert. Die Amerikaner liefen um ihr Leben.

Ironischerweise haben die Atombunker Saddam Husseins ihr Leben gerettet. Im US-Fernsehen liefen sofort Debatten, die Mullahs hätten absichtlich Leben schonen wollen. Mitnichten.

Tatsächlich liegt die einzige Lösung in einem Regimechange und das gelingt nur im Rahmen einer größeren Aktion gegen Atomlabors und Raketenstellungen. Sehr kompliziert wegen der russischen Abwehrraketen. Aber das Beispiel Hitler hat gelehrt: Zurückweichen bringt nichts. Ein totalitärer Diktator wird dadurch nur stärker und frecher.

Der Abschuss der Ukrainian Air unterbrach allerdings den angelaufenen Eskalationszyklus. Wie einen Tag später festgestellt wird, haben zwei russische Fliegerabwehrraketen, TAR, das Flugzeug getroffen. Ob mit Absicht oder unabsichtlich spielt keine Rolle mehr. Mit Sicherheit haben die Fanatiker im Wächterrat und in der Kuds-Force nicht mit dem folgenden Volkszorn gerechnet. 

Warum so viel Hass im Nahen Osten?

Im heiligen Buch des Islam ist leider ständig von Hass die Rede. Hass auf Christen. Und insbesondere Hass auf Juden. Wie soll es da jemals Frieden geben? Kaum hat sich auf Grund von Erschöpfung und geänderten Rahmenbedingungen ein Waffenstillstand etabliert, beginnt die nächste Generation Gefallen an den Gewaltphantasien des Korans zu finden. Friede kann also nur durch einen Paradigmenwechsel geschehen.

Weg von der Anbetung der Gewalt hin zum Beispiel Jesu. Kann dies je geschehen? Immerhin treten viele Perser in Deutschland und Nordamerika zum Christentum über. Aber eine ganze Nation? Das gab es nur in der Antike, als die Römer, dann die Kelten und Germanen samt den Wikingern und Slawen, ihre gewalttätigen Götter auf den Misthaufen der Geschichte warfen. Die Verbreitung einer Religion durch den Propheten Mohammed erfolgte mit dem Mittel der Gewalt bis zu den Säulen des Herkules und zu der fernen Insel Bali. 

Der Stachel im Fleisch

Aber der Hass hat nicht nur eine religiöse Ursache. Die Entstehung von Israel war kein freundlicher Akt der Weltmächte. Die Araber verglichen Israel von seinem ersten Tag weg mit dem Walten der Kreuzritter im Nahen Osten von 1099 bis 1291. Und von Jassir Arafat bis Mahmoud Ahmadinejad wurde den Israelis ein kürzeres Verweilen in der Levante prophezeit, als es die Kreuzritter schafften. Der ägyptische Präsident Nasser war in seinen Äußerungen mehr als deutlich: "Wir treiben euch ins Meer!"

Dem britischen Agenten Lawrence gelingt es im Ersten Weltkrieg, die Freundschaft arabischer Stämme zu gewinnen. Er organisiert sie mit Unterstützung von König Saud zu einer fähigen Guerilla-Truppe gegen die türkische Oberhoheit in Syrien, Libanon, Irak, Jordanien, Palästina, Ägypten und Libyen. Die Türken werden besiegt, so wie auf den Schlachtfeldern Europas die Deutschen, Österreicher, Ungarn und Bulgaren.

Aber die Vision des "Lawrence von Arabien" erfüllt sich nicht, das Konzept einer Einheit der Arabischen Nation unter der Führung der Hüter der heiligen Stätten von Mekka und Medina. Vielmehr rissen sich die Kolonialmächte England, Frankreich und Italien wieder ihre Flecken auf der nahöstlichen Landkarte unter den Nagel: Syrien, Libanon, Irak, Jordanien, Palästina, Aden, Ägypten, Libyen.

Freilich eine Sache war neu: Der Außenminister des Vereinten Königreichs, Lord Balfour, versprach 1917 den Juden eine Heimstätte in Palästina. Damals war das Heilige Land kaum besiedelt und bot neben Jerusalem und den Kaffs Haifa, Jaffa, Nazareth und Bethlehem nur Wüsten und Sümpfe. Europa stand noch unter dem Eindruck schlimmer Pogrome in Russland und der Ukraine.

Generell gab es eine feindselige Haltung der Europäer den Juden gegenüber. Besonders in Frankreich, das erst kurz vor dem Weltkrieg den Offizier Alfred Dreyfus unter falschen Anschuldigungen der Spionage für Deutschland auf die Teufelsinsel vor Guinea geschickt hatte. Erst das Gewissen und die Zeitungskampagne des Schriftstellers Èmile Zola – "J´accuse" – brachte eine Rehabilitierung. 

Altland – Neuland

Die Sehnsucht der jüdischen Bevölkerung Europas nach einer Rückkehr in das Land ihrer Ahnen und Propheten stieg. Seit der Vertreibung in den Jahren 70 und 135 nach Christus beendeten die Juden ihre Gottesdienste in den Synagogen jeweils mit der Hoffnung: "nächstes Jahr in Jerusalem". Da war nicht nur Lord Balfour mit seinem weltpolitischen Versprechen, da gab es auch Andeutungen in der Bibel, in der Thora, dass Israel wieder auferstehen würde, so wie einst nach der Vertreibung durch die Babylonier und Perser.

Und tatsächlich stieg im 19. Jahrhundert ein Prophet der Rückkehr auf: Der Wiener Journalist der "Neuen Freien Presse", Theodor Herzl, senkte mit seinem Buch "Altland / Neuland" die Idee eines neuartigen Staates Israel in die Herzen der Juden. Demokratisch sollte er sein, solidarisch und die arabischen Einwohner Palästinas gleichberechtigt miteinschließen. Die Vision einer Rückkehr ins Gelobte Land sollte bald Viele mitreißen.

Tatsächlich stieg durch Einwanderung vor allem aus Russland die jüdische Bevölkerung Palästinas stark an. Aber wegen der besseren medizinischen Versorgung durch die Briten vermehrte sich nun auch die arabische Bevölkerung stark. Doch als die nationalsozialistische Vernichtungsorgie über das europäische Judentum hereinbrach, wurde die hebräische Einwanderung nach Palästina zum Tsunami.

Jetzt begann sich auch arabischer Widerstand dagegen zu regen und der Mufti von Jerusalem wurde zu dessen Anführer und verbündete sich mit Hitler und Himmler. Die Briten versuchten politisch die Balance zu halten, aber das Leid der Shoa, des Holocausts, war so massiv, dass alle Dämme brachen. Die Siegernationen über Hitler, die USA und die UdSSR, stellten sich hinter Israel und befürworteten in der UNO die Gründung eines Staates Israel und zugleich eine Teilung des Heiligen Landes mit einem Staat Palästina.

Das war aber den Arabern nicht genug. Den Akt der israelischen Staatsgründung empfanden sie als "Nakba", als nationale Katastrophe. Die meisten flüchteten in die arabischen Nachbarländer und vegetierten hinfort in Flüchtlingslagern dahin. Diejenigen, die blieben, vor allem die zahlreichen Christen in Nazareth und Bethlehem, konnten unter den Juden tatsächlich gleichberechtigt leben, erwarben Wohlstand und schafften es sogar in die Knesseth, in das Parlament. Ihr Hass auf Israel hielt sich in Grenzen, während der Hass in den Lagern beständig stieg.

Eine Kette an Kriegen

Kaum hatte David Ben Gurion den Staat proklamiert, fielen die Nachbarn über Israel her. Aber es gewann mit den erprobten Untergrundkämpfern der Haganah den Krieg von 1948. Schon im Herbst 1956 eroberte es erstmals den Sinai. Das sollte die Belohnung dafür sein, dass es den Briten und Franzosen den Rücken freihielt, als diese den von Gamal Abd el Nasser nationalisierten Suezkanal zurückeroberten. Freilich haben die Amerikaner unter Dwight Eisenhower da nicht mitgemacht und sie zwangen alle drei zum Rückzug.

Doch das Leben bot den Israelis eine neue Chance, die Halbinsel Sinai zu erobern. Im Juni 1967 kam Nasser auf die glorreiche Idee, den Israelis die Straße von Tiran zu sperren. Der Hafen Eilath im Süden am Roten Meer war damit lahmgelegt, eine Lebenslinie Israels abgeschnitten. Jerusalem fackelte nicht lange. In einem gigantischen Luftschlag versenkte Israel die ägyptische und syrische Luftwaffe, seine Panzer querten den Sinai in Rekordzeit, und seine Soldaten eroberten den strategisch wichtigen Golan-Berg in Syrien und besetzten nach harten Kämpfen mit den Jordaniern die Altstadt von Jerusalem samt dem moslemischen Felsendom und der Al Aksa-Moschee.

Das geschah wohlgemerkt unter einer sozialdemokratischen Regierung in Israel. Sogar geeichte Nationalsozialisten zeigten plötzlich höchsten Respekt vor den Israelis. Die Westbank, das Kernland Palästina bzw. Judäa fiel ohne großen Aufwand in ihre Hände.

In nur 6 Tagen hatte Israel sein Territorium vervierfacht. Freilich, der radikale Palästinenser Jassir Arafat begann sich mit seiner PLO schon ab 1964 auf Terror zu verlegen. In einer spektakulären Aktion wurden am Flughafen Amman 1970 eine Reihe von Passagiermaschinen in die Luft gesprengt. Bei der Sommerolympiade in München 1972 wurden israelische Sportler entführt und bei einem Befreiungsversuch durch die bayrische Polizei von den Kidnappern des "Schwarzen September" getötet. Auch Wien erlebte mehrmals Terror, so wie Deutschland und vor allem Frankreich. Die Araber begriffen nicht, dass nach einer jeden solchen Aktion Israel stärker wurde und nach innen härter. Golda Meir, die Eiserne Lady Israels, hetzte den Mossad auf die Terroristen. 

Jom Kippur

Aber zum Jom Kippurfest, 6. Oktober 1973, gelang es dem ägyptischen Führer, General Anwar Sadat, Israel zu überraschen. Soldaten und Offiziere sind auf Urlaub. Die Ägypter überqueren den Suezkanal. Jerusalem gerät in Panik. Golda Meir zieht die Option "Samsun" – aus den tiefen Kellern des Atomlabors Dimona werden Atombomben nach oben gehievt und Mirage-Bomber damit beladen.

Jetzt geraten die USA in Panik. Präsident Richard Nixon ordnet sofort eine Luftbrücke nach Tel Aviv an und im Sekundentakt fliegen schwere Transport-Jets Nachschub nach Israel. Spätestens jetzt mussten die Araber begreifen, dass Israel den Amerikanern sehr am Herzen liegt. Erstens leben 9 Millionen Juden in den USA und sie spenden jährlich mehrere Milliarden Dollar an Israel, zweitens ist ihr Einfluss in Medien und Politik überproportional. Und drittens ist das christliche, protestantische Amerika tief mit der Bibel verwachsen und fühlt sich deshalb mit Israel solidarisch.

Nach dieser Luftbrücke kommt Israel wieder auf die Beine und Arik Scharon kesselt bei Port Said 800.000 Ägypter ein und bereitet sich darauf vor, nach Kairo zu marschieren. Bei Luftkämpfen über Syrien schießen die Israelis 78 von der Sowjetunion gelieferte Kampfjets ab. Jetzt aber reagiert die Sowjetunion. 80.000 Spezialtruppen schicken sich an, in Syrien zu landen. Und abermals holt nun Israel die Atombomben ans Tageslicht. Allenthalben brennt der Hut.

Nixon schickt Henry Kissinger nach Moskau, und die Supermächte einigen sich auf einen Nahost-Deal. Scharon wird zurückgepfiffen. Und die Ägypter haben nun verstanden, dass es gegen Amerika keine Siege gibt. Vier Jahre später fliegt Anwar Sadat als erster arabischer Führer nach Jerusalem und erreicht von Israel den Abzug aus Sinai. Die Welt ist begeistert, nur die ägyptischen Moslembrüder unter Ayman al Zawahiri nicht. Sie ermorden Anwar Sadat bei einer Militärparade.

Kurz darauf besetzen die Israelis unter dem Ghetto-Kämpfer Menachem Begin den Libanon und vertreiben die PLO nach Tunis. Man hatte Israel mit dem Beschuss durch Kassam-Raketen provoziert und nun die Ernte eingefahren. Aber der Abzug aus Sinai wird eisern durchgezogen. Junge israelische Soldaten stehen in Sharm el Sheik weinend stramm beim Einrollen des blauen Davidsterns. 

Die Horizonte verschieben sich

Zehn Jahre später verschieben sich die Horizonte. Arafat verliert die Unterstützung durch die Sowjetunion, DDR und CSSR. In Europa regiert erstmals die Freiheit von Guadalquivir bis Magadan. China wird zu einem Tiger der Marktwirtschaft und unterstützt keine Subversionen mehr. Über Oslo wird ein Friedensvertrag eingefädelt und Palästina bekommt Autonomie. Arafat residiert nicht mehr in Tunis, sondern in Jericho.

Doch nun geht die Initiative auf noch radikalere Gruppierungen über. Auf die schiitische Hizbollah im Libanon und die Hamas in Gaza. In Israel werden wöchentlich Menschen überfallen und Selbstmordattentäter sprengen sich in Restaurants und Busstationen in die Luft. Israel antwortet mit gezielten Tötungen von Terror-Führern aus der Luft und mit einer Mauer rund um Israel. Es löst seine Siedlungen in Gaza auf und zieht von dort ab. Seither versuchen es die radikalen Moslems mit verstärkten Raketenattacken und dem Graben von Tunnels. Darauf folgen dann wilde Bombardements und Israel muss sich dann jeweils mit den Menschenrechtsbeauftragten verschiedenster NGOs, der UNO und der EU herumschlagen. 

Wer zum Schwert greift, wird durch das Schwert umkommen

Noch immer fällt es den Arabern schwer, zu begreifen, dass Terror immer nur in den eigenen Abgrund führt. In der Zwischenzeit sind einige hochverehrte Diktatoren und Terroristen abhanden gekommen. Saddam Hussein fand sein Ende durch zwei Kriege der Amerikaner, und Muammar Gaddafi wurde in Libyen ein Opfer des Arabischen Frühlings. Genauso Bashar al Assad in Syrien. Er hat sich zwar mit Giftgas, Fassbomben und russischer und persischer Hilfe an der Macht halten können, aber seine Lust, Israel anzugreifen, war nie sehr groß und ist vorläufig ganz dahin. 400.000 Syrer sind gestorben und 11 Millionen sind geflüchtet und leben in Lagern. Osama bin Laden wurde von den US-Fährtensuchern genauso ausfindig gemacht wie der Al Qaida-Sibling Abu Mussab al-Sarkawi und Muhammad al Bakr al Bagdadi vom IS und nun eben das Mastermind der iranischen Expansion General Qassem Soleimani. 

Militärs bekommen Angst

2007 endlich war die Bush-Administration bereit, mit 40.000 Cruise missiles vom Mittelmeer her und aus dem Persischen Golf einen mit Israel koordinierten Erstschlag gegen die iranischen Atomanlagen zu führen. Freilich kam George Bush durch den Skandal von Abu Ghraib sein Verteidigungsminister Donald Rumsfeld abhanden und Nachfolger Robert Gates war für einen Angriff nicht mehr zu haben.

Jetzt trat Putin auf den Plan. Er verkaufte den Iranern die besten Abwehrraketen und die israelische Luftwaffe und sogar der Militärgeheimdienst Shin Beth bekamen kalte Füße. Dass heuer Mossad-Chef Benny Gantz politisch gegen Bibi Netanyahu kandidiert, ist auf diese Entwicklung zurückzuführen. Eine Reaktion ähnlich der jetzt in den Vereinigten Staaten, als die Politik Trumps Unberechenbarkeit ernsthaft zu fürchten beginnt. Der Impuls zu einem Absetzungsverfahren ist unter anderem darauf zurückzuführen. 

Die Finanzkrise war eine Ölkrise

Übrigens hat der Versuch von George Bush dem Jüngeren, den Iran atomar zu enthaupten, 2007 dazu geführt, dass bis 2008 der Ölpreis von 40 auf 148 Dollar ab Ras Tanura gestiegen war. Durch einen erhöhten Verbrauch nach langer Konjunktur seit 2000 und der Entwicklung Chinas zu einem großen Nachfrager kam nun das amerikanische Bunkern von Öl in Vorbereitung eines Schlages auf den Iran hinzu. Die Machinationen der Banken waren erst in dritter Linie für die Finanzkrise 2008 verantwortlich. Die Hauptursache lag im explosiven Anstieg des Ölpreises. Darauf hat es noch jedes Mal seit 1973 eine Wirtschaftskrise gegeben.

Hinzu kam ein Fehler der Federal Reserve. Sie führte den Anstieg des Ölpreises auf die zu gute Weltkonjunktur zurück und versuchte mit einer Erhöhung des Zinssatzes von 1,25 auf 3,45 Prozent die Wirtschaft und damit die Nachfrage nach Öl zu bremsen. Da aber zwei Millionen Häuser für einen flexiblen Zinssatz finanziert worden waren, führte der erhöhte Bankleitzins dazu, dass diese Baudarlehen nicht mehr bedient werden konnten. Dass dies vor allem schwarze Kreditnehmer aus den Slums betraf, konnte auch ein farbiger US-Präsident nicht mehr korrigieren. 

Russland leidet an einem Trauma

2013 wäre es beinahe zu einer Konfrontation Russlands mit Amerika gekommen. Bashar Al Assad ließ Giftgas auf eine islamistische Enklave in Damaskus schütten. Grausames Sterben. Obama schwor Rache. Dann telefonierte Papst Franziskus mit Putin, die Russen entfernten die Giftfässer und es herrschte wieder Friede und Eierkuchen. Davor hatte sich eine Eskalation im Mittelmeer angebahnt. Russische Kriegsschiffe verließen eilig das Schwarze Meer und kreuzten in Kriegsformation vor den syrischen Häfen.

Putin leidet an diesem Trauma: Verlust der einstigen Weltmachtstellung der UdSSR. Das zeigte schon seine beleidigte Reaktion 2011, als Russland mit Gaddafi im Arabischen Frühling seinen Fuß in Libyen verlor. Und die Härte mit der Russland ab 2015 in Syrien intervenierte.

Aber es ist nicht nur das, vielmehr plagt ihn die Orangene Revolution in der Ukraine von 2005 und der Maidan ebenda 2014. Putin fürchtet demokratische Entscheidungen und er fürchtet den Willen des Volkes in Demonstrationen. Er hat mit Ingrimm 1989 die Auflösung des Ostblocks von Dresden aus verfolgt und 1991 den Zerfall der Sowjetunion, dann die Schwäche Russlands unter Jelzin.

Er setzt Demokratie mit all dem gleich und sucht daher das Bündnis mit autoritären Regimes: China, Nordkorea, Iran, Kuba, Venezuela, Syrien und nun General Haftar in Libyen. Als jetzt Qassem Soleimani terminisiert wurde, befahl Putin einem russischen Kriegsschiff in der Arabischen See einem amerikanischen Flottenverband auf die Nerven zu gehen. Schönes Machogehabe für das TV-Publikum in Russland, aber brandgefährlich. Wie gut, dass Trump Putin schätzt und seit dem Kauf des Casino-Palastes Tadj Mahal in Atlanta das Pokern liebt.

Präsident Bush der Ältere hat nach dem Putsch der Kommunisten gegen Gorbatschow und Jelzin zu den Russen gesagt: "Willkommen in der Freien Welt!". Das hielt bis Silvester 1999. Dann kam Putin.

Gibt es eine Zukunft?

Läuft sich der islamistische Wahn tot? Das Aufbegehren des Volkes in Teheran könnte ein Zeichen dafür sein. Wäre etwas denkbar wie Anwar Sadats Reise nach Jerusalem? Vielleicht durch Mohammad Rohani? Immerhin wurde sein gefährlichster Rivale, Soleimani, aus der Gleichung genommen. In Katar verhandeln Amerikaner nun schon länger mit den Taliban über Afghanistan und Trump hätte sie ja beinahe nach Camp David eingeladen. Sogar die Hamas liebäugelt angeblich mit einem längeren Waffenstillstand. Vielleicht verschieben sich demnächst wieder einmal die Horizonte.

Britische Diplomaten haben schon vor längerem so etwas wie eine "Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit im Nahen Osten" vorgeschlagen, eine KSZNO in Anlehnung an die KSZE von Helsinki 1975. Damals ließen sich die Sowjets ihre Grenzen von 1945 absegnen und akzeptierten dafür Regeln im Medien- und Menschenrechtsbereich. Genau dadurch wurden Dissidenten ermutigt, und war es dann in den Neunzigern möglich, ostdeutsche Verantwortungsträger vor Gericht zu bringen. Westdeutsches Recht durfte ja nicht im Nachhinein angewendet werden. Aber die Unterschrift unter die KSZE-Schlussakte hat Erich Honecker und Genossen ans Messer geliefert.

Wien wäre sicher ein geeigneter Ort für eine solche Nahost-Konferenz. Die OPEC-Diplomaten sind mit dem Terrain vertraut – genauso die Geheimdienste.

Im Rahmen einer KSZNO könnten die verschiedensten Interessen diskutiert und bemessen werden. Zuvörderst ginge es da wohl um eine Anerkennung Israels. Dazu hat sich die Arabische Liga im Grundsatz ja bereits bekannt, und innerhalb eines großen Rahmens könnte sich dann ja auch der Iran dazu aufraffen. Dafür ließen sich echte schiitische Schutzinteressen verhandeln: im Irak sowieso, im Libanon, Bahrein, Saudi Arabien und Jemen. Für die Kurden könnte ein Sonderstatus erfunden werden, eine Art zwischenstaatliche virtuelle Union mit Sonderrechten, z.B. einer Mitgliedschaft in der UNO. Etwas Ähnliches gibt es bereits im Norden Skandinaviens in der Lappen-Union zwischen Norwegen, Schweden und Finnland, vielleicht bald auch mit Russland, allerdings noch ohne Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen.

Abgesehen von der Anerkennung wird das Verhältnis von Israel, Palästina und Gaza ein harter Brocken, aber es sollte zu lösen sein. Eine Rahmenvereinbarung könnte alle arabischen Siedlungen in Israel bis zum Immobilienbesitz festschreiben und mit einem arabischen Staat Palästina verbinden. Dafür könnten die bereits existierenden jüdischen Siedlungen auf der West-Bank verbleiben.

Die Friedensdividende einer KSZNO wäre enorm. Die Militärausgaben könnten dramatisch reduziert werden, die NATO könnte von Zypern aus den Pakt absichern und Russland würde in Syrien, Ägypten und Libyen gemeinsam mit den Europäern im Rahmen der UNO bereitstehen.

Riesige Infrastrukturprojekte sollten allen helfen. So könnte eine Wasserpipeline aus dem Taurusgbirge Gaza versorgen und über einen Kanal vom Mittelmeer her ließe sich das Tote Meer wieder auffüllen. Genauso könnte Meerwasser aus dem Mittelmeer in die Kattara-Senke bei El Alamein geleitet werden und von da solar extrahierter Wasserstoff nach Europa exportiert werden.

Das in der Golfregion und durch Saudiarabien angehäufte Ölkapital könnte sich nun in alle Länder des Nahen Ostens ergießen und für viele Generationen nachhaltig angelegt werden. Klug austarierte politische Kompromisse und der wirtschaftliche Aufschwung für alle werden den Groll und Hass einer leidvollen Geschichte beruhigen. Immerhin beweisen Malaysia, der Oman, Jordanien und Marokko, dass bei einer ausgewogenen Wirtschafts- und Sozialpolitik der Friede auch in islamischen Ländern Fuß fassen kann.

Paul Fischer ist langjähriger Redakteur, er hat mehrere Bücher geschrieben und ist Mitglied im Vorstand des Wiener Akademikerbundes.

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