Printmagazine: Tod oder Verstaatlichung

"Die heimliche Armee – Neonazis, Muttersöhnchen, Terroristen – Wie rechte Außenseiter sich im Internet verbünden und zur Gefahr für uns alle werden”. Dieser etwas zu lang geratene Titel ziert das Cover der aktuellen Ausgabe des "Stern".

Die Redakteure haben sich sichtlich Mühe gegeben, ein Thema, das von Politik und Mainstreammedien täglich rauf und runter gespielt wird, weiter zuzuspitzen, um die Laufkundschaft in Trafiken und Bahnhofsbuchhandlungen in Angst und Schrecken zu versetzen.

Ein geheimes Nazi-Heer, das so geheim ist, dass es nur der "Stern" kennt, steht kurz davor, Deutschland zu übernehmen. Wem da nicht der kalte Schauer über den Rücken läuft. Allerdings: Wer seine Kundschaft unablässig mit der Klimaapokalypse, fiesen Rechtspopulisten, Donald Trump, gefährlichen Atomen, bösen Genen oder gierigen Konzernen erschreckt, darf sich nicht wundern, wenn er auf seiner geheimen Nazi-Armee sitzen bleibt, weil die Bürger angesichts der medialen Dauerhysterie und des permanenten Alarmismus bereits abgestumpft sind.

Ganz abgesehen von den realen Gefahren, denen der Normalbürger in unserer Multikulti-Gesellschaft tatsächlich ausgesetzt ist, über die in "Stern" und Co. aber nur wenig bis nichts zu lesen ist. Wer von seinen Medien des Vertrauens regelmäßig von der großen Nazi-Gefahr- und -Verschwörung liest, selbst aber noch nie einen echten zu Gesicht bekommen hat, stattdessen immer öfter die Straßenseite wechseln und gewisse Gegenden meiden muss, weil er sogenannten Jugendbanden mit Hintergrund nicht in die Quere kommen möchte, dem kann durchaus in den Sinn kommen, seine Nachrichtenquellen zu wechseln.

Deshalb kann eine geheime Nazi-Armee schon mal zum Ladenhüter werden. Nur noch rund 100.000 Mal wurde die aktuelle "Stern"-Ausgabe in Trafiken und im Einzelhandel verkauft. Das ist ein Rekordtief. Auch "Spiegel" und "Focus" geht es nicht besser. So wenige Hefte wie in der Kalenderwoche 43 diesen Jahres wurden von den drei großen deutschen Nachrichtenmagazinen noch nie verkauft. Auch in Österreich rutschen die beiden einst marktbeherrschenden und meinungsbildenden Magazine "News" und "Profil" in die Bedeutungslosigkeit ab.

Vom nahenden Ende lassen sich die Medien-Lemminge aber nicht beeindrucken. Sie stürmen mit Begeisterung und beseelt von ihrem selbst erteilten Weltrettungsauftrag auf den Abgrund zu, setzen ihren Kurs voller Überzeugung fort.

Zumal man eine gute Ausrede parat hat, warum einem die Leser in Scharen abhandenkommen: zum einen der digitale Wandel, zum anderen die von den Rechtspopulisten verführten Modernisierungsverlierer, die sich in der globalen Welt nicht zurechtfinden und sich deshalb mit Vorliebe Fake-News aus dem Internet reinziehen. Beides zusammengerechnet ist nicht einmal die halbe Wahrheit.

Die Leser linker Medien sind mehrheitlich keine Globalisierungsgewinner, sondern durch ihre Jobs im staatlichen oder staatsnahen Bereich vor den Folgen der Globalisierung gut geschützt. Sie sind von ihr einfach nicht betroffen. Nein, eine Genderbeauftragte an einer Universität oder eine Jugendliche mit Soziologie-Bachelor sind weder Kosmopoliten noch Globalisierungsgewinner, ohne den linken National(!)-Staat wären sie im globalen Konkurrenzkampf völlig verloren.

Auch der digitale Wandel ist nur eine billige Ausrede. Selbstredend wechseln viele Menschen aus Bequemlichkeit und Kostengründen von Papier zum Screen. Es gibt aber noch einen anderen entscheidenden Grund: Im globalen Internet gibt es Medien, die nicht ausschließlich den politisch-korrekten Meinungsbrei verbreiten, sondern die auch über Entwicklungen berichten, welche die linken Mainstreammedien systematisch verharmlosen, umdeuten oder ganz verschweigen.

Dabei profitieren Medien wie "Spiegel" oder "Profil" nach wie vor vom Glanz der alten Zeiten. Weil der Image-Lack noch nicht völlig ab ist und man die alternativen Medien erfolgreich als unseriös und Fake-News-Produzenten diffamiert hat, kann man seine Inseratenpreise noch eine Zeit lang hochhalten, obwohl man im Internet via Google und Co. gezielter, effektiver und günstiger werben kann. Aber auch das Image der alten Tage verblasst zusehends.

Die Mainstreammedien im Allgemeinen und die Wochenmagazine im Besonderen haben ihren Lesern kaum noch etwas zu bieten. Mit den linken Meinungen, Belehrungen und Haltungen, also dem Handelsgut dieser Medien, ist der Bürger ohnehin von früh bis spät konfrontiert, egal ob er den Fernseher aufdreht, auf sein Smartphone sieht, ins Kino oder Kabarett geht, ein Gratisblatt in der U-Bahn überfliegt. Warum sollte man dafür extra Geld ausgeben und Altpapier nach Hause schleppen? Damit man Geschichten über geheime Nazi-Armeen liest, während die deutsche Autoindustrie gerade in einen Abwärtsstrudel gerät. Wenn schon Eskapismus, dann mit angenehmeren Themen oder Netflix-Serien.

Was haben "Spiegel", "Stern" oder "Profil" noch zu bieten? Alles was sie propagieren, analysieren, kritisieren, bejubeln und einfordern unterscheidet sich nicht von dem, was die anderen Gutmenschen aus Politik, Kultur, NGOs, Kirchen und Medien vertreten. Und berichten tun sie kaum noch.

Dass Donald Trump ein Wahnsinniger, die AfD ganz böse, alte, weiße Männer die Wurzel allen Übels, CO2 unser Schicksal und Massenzuwanderung alternativlos ist, weiß der brave Bürger, der sich nicht verdächtig machen möchte, auch ohne Kaufmagazine.

Man findet in ihnen nichts Neues, Kontroversielles, Kritisches, Spannendes, Angriffiges oder gar Mutiges. Und neutrale Informationen ohnehin nicht. Dass die linke Wochenzeitung "Die Zeit" leichte Leserzuwächse verzeichnet, ist dabei kein Widerspruch.

Sie ist sozusagen die Meinungs-Arche für das von Ängsten und Zweifeln geplagte linke Kleinbildungsbürgertum. Ja, auch der "Stern" und "News" sind linke Medien, doch die "Zeit" ist nicht nur intellektueller, sondern auch eindeutiger und besser als linkes Medium positioniert. Sie hat es damit geschafft, der gehobenen Linken Halt, Orientierung und Sicherheit zu geben. Sie sagt ihnen glaubwürdiger als "Stern" oder "Spiegel", dass sie trotz aller aktuellen Fehlentwicklungen die moralisch überlegenen, weltoffeneren und toleranteren Menschen sind, für die sie sich halten. Das ist ein Abo allemal wert.

Was man über "Stern, "News" oder "Profi" nicht sagen kann. Ähnliches gilt in Österreich für den linkslinken "Falter", der beinahe schon die Auflage des "Profils" erreicht hat. Es werden ein oder zwei linke Leitmedien übrigbleiben, die andern werden Schritt für Schritt verschwinden.

Es sei denn, die linken Freunde in der Politik helfen mit Steuergeldern aus, um unter dem Vorwand, den Qualitätsjournalismus zu fördern, ihre Propagandamedien am Leben zu erhalten, auch wenn diese immer weniger Menschen erreichen.

Es besteht die Gefahr, dass diese Medien und damit die veröffentlichte Meinung über Förderungen, Subventionen und Inserate aus öffentlicher Hand Schritt für Schritt quasi verstaatlicht werden. Der Widerstand der von Existenzängsten geplagten Mainstreamjournalisten gegen diese Entwicklung wird überschaubar bleiben, zumal die neuen Ökosozialisten für Freiheit und Eigentum ohnehin nur wenig übrighaben.

Erste Maßnahmen in diese Richtung sind in Deutschland bereits angelaufen. Man denke an die kürzlich beschlossenen 40 Millionen Euro an Förderungen für Zeitungen. Das ist erst der Anfang.

Unwahrscheinlich ist hingegen, dass die Verlagshäuser und Journalisten umdenken, einen neuen Kurs einschlagen, sich wieder mehr an den Lesern, der Realität und journalistischen Tugenden und weniger am linken Zeitgeist orientieren. Zu starr sind die Strukturen, zu groß die Abhängigkeiten, zu dicht die Verfilzungen, zu eingefahren das Denken und zu stolz das Journalisten-Ego.

Bevor man sich eingesteht, welche folgenschwere Fehler man begangen und mit wieviel Schuld man sich beladen, wie sehr man seine Leser manipuliert, dem Land, dem Kontinent und der Gesellschaft geschadet hat, macht man weiter, solange es geht. Am einfachsten, bequemsten geht das als Quasi-Zeitungs- oder Rundfunkbeamter. Dann muss man nicht einmal mehr so tun, als wäre man objektiv, kritisch und unabhängig.

Werner Reichel ist Autor und Journalist. Sein jüngstes Buch "Kickl muss weg: Der schmutzige Kampf um die Macht" ist kürzlich bei Frank&Frei erschienen.

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