Neun Mal Unglaubliches aus Österreich und Europa
28. November 2019 01:30
| Autor: Andreas Unterberger
Lesezeit: 8:00
Immer öfter sind die politischen Akteure nur noch absurd, die in Wien wie die in Brüssel. Etwa in Zusammenhang mit den österreichischen Polizeipferden, mit dem Wiener Hochhausbau, mit der Entwicklung in der Justiz, mit der Explosion der österreichischen Wohnbevölkerung, mit den katastrophalen Auswirkungen der Negativzinsen, mit dem ersten frechen Auftritt des neuen EU-Botschafters in Wien und mit der noch katastrophaleren – zugleich aber auch immer lächerlicher werdenden – europäischen und österreichischen Klimahysterie (mit nachträglicher Ergänzung).
Die Absurditäten im Einzelnen:
- Jetzt werden die neuen Polizeipferde wieder abgeschafft. Außer Spesen nichts gewesen. Nun, ich war nie ganz von der Sinnhaftigkeit ihrer Anschaffung überzeugt. Insbesondere hat mich skeptisch gemacht, dass sich der frühere Innenminister Kickl ja selbst als Reiter betätigt, was ihm wohl die nötige Objektivität genommen hat. Andererseits klangen manche Argumente für die Pferde ganz sinnvoll. Daher wäre das Austesten der konkreten Erfahrungen sicher das Klügste. Aber nix da: So, wie die Anschaffung der Pferde scheint jetzt auch ihre vorzeitige Abschaffung nicht Ergebnis einer seriösen Evaluation, sondern ganz Produkt persönlicher Emotionen und politischer Ressentiments zu sein. Jedenfalls höre ich bei ihrer Abschaffung kein einziges Argument, in dem die Worte "Sicherheit" oder "Aufrechterhaltung der Ordnung" auch nur vorgekommen wären. Und vor allem: Haben wir nicht eine bloß provisorische Regierung, die einst versprochen hat, nur "verwalten" statt "gestalten" zu wollen? Ist dieses Versprechen vergessen? Oder muss man die Hoffnung aufgeben, dass wir jemals wieder eine demokratische, also als Ergebnis einer Volkswahl zustandegekommene Regierung haben werden?
- Jetzt unternimmt das Wiener Rathaus im Widerspruch zu dem im Frühjahr groß verkündeten Moratorium weitere konkrete Schritte zur Ermöglichung des Monsterhochhauses am Wiener Heumarkt. Jetzt wird im Gemeinderat die "Baureifgestaltung" der Grundstücke vorangetrieben. Das Rathaus plant, einige stadteigene Flächen an den Investor zu verkaufen, der das Hochhaus betreibt. So provozierend dieser Schritt ist, so merkwürdig ist die offizielle Begründung dafür: Das sei eine "zwingende Konsequenz der geltenden Rechtslage", heißt es im Rathaus. Welche Rechtslage bitte? Diese kann im Grund nur auf der kriminellen Ungeheuerlichkeit basieren, dass die Gemeinde dem Investor schon längst in einem Geheimvertrag – gegen welche Gegenleistungen immer – die Erlaubnis zu der fette Gewinne versprechenden Hochhauserrichtung versprochen hat. Also bevor noch die gesetzlichen Grundlagen geschaffen waren. Auch Äußerungen des früheren Bürgermeisters Häupl sind ja ganz in die gleiche Richtung gegangen. Das deutet zumindest auf einen massiven Amtsmissbrauch hin. Freilich: Zur nötigen Untersuchung dieses Falles wäre die Korruptionsstaatsanwaltschaft zuständig. Und die ist offensichtlich so ausgelastet, allen sich gegen Blau und Schwarz richtenden Verschwörungstheorien nachzugehen, dass keine Sekunde Zeit bleibt, den massiven Indizien gegen Rot und Grün nachzugehen. Hat da irgendwer etwas von Rechtsstaat gesagt?
- Apropos "Rechtsstaat": Jetzt haben Gerichte allen Ernstes den freiheitlichen Parlamentsklub verurteilt, weil er ORF-Mitarbeitern "Gesinnungsjournalismus" und "politische Motivation" vorgeworfen hat. Solche Gerichtsurteile gibt es in einem Land, in dessen Verfassung noch immer die Meinungsfreiheit als eines der obersten Grundrechte steht. Verurteilt diese Justiz jetzt auch die Millionen anderen Österreicher, die genau den gleichen Eindruck von den ORF-Programmen bekommen haben? Oder prinzipiell nur die FPÖ?
- Die allerneueste Bevölkerungsprognose der Statistik Austria prophezeit für Österreich noch vor Ende dieses Jahrhunderts eine Wohnbevölkerung von zehn Millionen. Diese massive Vermehrung soll zur Gänze durch Zuwanderung in ein vor wenigen Jahren von bloß sieben Millionen bewohntes Land geschehen, während die autochthonen Österreicher ja seit 1970, also seit der Ausrollung der Anti-Baby-Pille, zunehmend aussterben. Gleichzeitig bewohnt heute jeder Österreicher doppelt so viele Quadratmeter wie damals. Dennoch schreit kein einziger Politiker ob solcher Prognosen Alarm. Dennoch sagt keiner, eine solche Entwicklung wäre wohl die größte Katastrophe für die Zukunft dieses Landes. Dennoch verweist keiner darauf, dass in einem Großteil des Hochgebirgslandes Österreich jetzt schon die wenigen zwischen den Gebirgen bewohnbaren Talböden überbeansprucht sind, dass dessen Städte als Hauptmagnet überhaupt aus allen Nähten platzen. Und alle tun so, als ob die Millionen-Zuwanderung, die der Statistik-Austria-Obergenosse verkündet, ein unabwendbares Naturgesetz wären.
- Der Immobilienkonzern "Immofinanz" erzielt heuer ein um 50 Prozent höheres Konzernergebnis. Das ist für das Unternehmen erfreulich, ist aber an sich extrem merkwürdig, da es ja sonst keinem anderen Unternehmen so sensationell gut geht. Das ist aber in Wahrheit ein katastrophales Fanal, weil der Gewinn primär durch höhere Immobilienbewertungen und nicht durch bessere Geschäfte so gestiegen ist. Und das Steigen der Immobilienwerte ist wiederum klare Folge der nun schon ein Jahrzehnt anhaltenden Niedrig-, Null- und Negativzinspolitik der Europäischen Zentralbank. Diese Politik hat eine von vielen Ökonomen seit langem vorhergesagte Konsequenz: Statt dass Schuldenstaaten wie Italien den Geldsegen aus Europa nutzen würden, um ihre Finanzen zu sanieren, ist das Geld in großer Menge in den Kauf von Grund und Boden geflossen, deren Preise dadurch jedes Jahr massiv steigen. Was für junge Menschen Wohnraum fast unerschwinglich gemacht hat. Aber Linke, EU- wie EZB-Fanatiker begreifen dennoch noch immer nicht, dass da eine hochexplosive Megablase entstanden ist, deren Platzen in den nächsten Jahren schwere Schäden anrichten wird.
- Martin Selmayr, der neue EU-Botschafter in Österreich, hat jetzt gleich in seinem ersten Fernsehinterview Unglaubliches gesagt: Die EU-Behörde verfolge die türkis-grünen Koalitionsgespräche "mit großem Wohlwollen". Denn Konvergenz zwischen Wien und Brüssel wäre gut für Europa und für die Position Österreichs in Europa. So frech hat sich noch nie ein ausländischer Botschafter öffentlich in die heimische Innenpolitik eingemischt. Sieht sich die EU-Kommission schon als Vorgesetzter der Republik an, die das Recht dazu hat? Noch skandalöser - freilich in ganz anderer Hinsicht - ist dann sein nächster Satz über die Koalitionsverhandlungen: "Vieles, was da diskutiert wird, ist sehr konvergent mit dem, was in der Von-der-Leyen-Kommission auf dem Programm steht." Das macht fassungslos. Darauf sollten auch die Koalitionsunterhändler dringend reagieren: Denn die Österreicher selbst haben bis jetzt noch absolut nichts über die Inhalte der Verhandlungen zwischen Schwarz und Grün erfahren dürfen. Aber ein Herr Selmayr (der bezeichnenderweise bis vor kurzem der engste Mitarbeiter von Kommissionspräsident Juncker gewesen ist!) ist da schon genau informiert. Jetzt warten wir darauf, dass zumindest von österreichischer Seite das Auftreten des Mannes scharf gerügt wird. Wenn schon in Brüssel niemand imstande ist, ihn zur Ordnung zu rufen.
- Weil wir schon bei europäischen Absurditäten gelandet sind: Da ruft das EU-Parlament (so wie es auch der österreichische Nationalrat in der Wahlkampfpanik des vergangenen Septembers getan hat) den Klimanotstand aus. Das ist eigentlich eine Ungeheuerlichkeit, die einem angst und bange macht: Denn mit der Ausrufung eines "Notstandes" ist in der Geschichte schon oft die Abschaffung von Demokratie und Rechtsstaat eingeleitet worden. Ein solcher Akt durch das EU-Parlament ist doppelt ungeheuerlich, weil dieses Parlament selber einer der ärgsten Klimasünder dieses Kontinents ist: Pendelt es doch ständig (auf Insistieren Frankreichs) zwischen Brüssel und Straßburg hin und her, was zweimal monatlich eine gewaltige Menge an CO2-Emissionen bedeutet, die ja den Klimaalarm-Computermodellen zufolge die Schuld an der Erwärmung tragen. Das muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen: Mit dieser Klimanotstands-Hysterie wollen uns die EU-Parlamentarier zu gewaltigen Einschränkungen zwingen, uns sogar Autofahren und Flugzeugfliegen austreiben. Nur bei sich selbst lässt das EU-Parlament den größten Schwachsinn, die schlimmste Energieverschwendung ungehindert weitergehen.
- Noch absurder ist im gleichen Zusammenhang die Ankündigung der neuen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen: Sie will für den sogenannten Klimaschutz drei Billionen Euro haben. Nicht Millionen, nicht Milliarden, sondern Billionen. Das wären Tausend mal Tausend mal Tausend mal Tausend Euro – oder 1.000.000.000.000, also 1012Euro. Wer nicht begreift, dass diese gigantische Summe Europa komplett auslaugen würde (mit Ausnahme jener Unternehmen, die von einschlägigen Projekten fett profitieren werden), der glaubt wohl auch, dass eine Zahl umso geringer ist, je mehr Nullen in ihr vorkommen. Dabei produziert ganz Europa nur ein Zehntel der weltweiten CO2-Emissionen, kann also selbst, wenn es überhaupt keine Emissionen mehr produzieren würde, die gesamte globale Erwärmung (die angeblich nur durch dieses fürs Pflanzenwachstum so wichtige Gas verursacht wird) bloß um ein Zehntel reduzieren. Ich wette, dass künftige Generationen nicht mehr vom kollektiven Selbstmord der Lemminge, sondern von der klimapanischen Selbstzerstörung Europas als Beispiel für eine geisteskranke Massenhysterie sprechen werden.
- Zum Schluss beim gleichen Thema noch einmal zurück nach Österreich. Nehmen wir einmal an, dass jene Wissenschaftler recht hätten (die die heilige Greta in ihrem etwas beschränkten Horizont gleich für "alle Wissenschaftler" hält), die eine nur vom Menschen gemachte Klimakatastrophe an die Wand malen. Dann haben diese Klimapaniker jedenfalls auch mit der von ihnen geforderten Konsequenz recht: Dann muss die Menschheit mit voller Intensität auf die Atomenergie setzen, auf die künftige Kernfusion und auf die heute schon viel sicherer gewordene Kernspaltung. Die österreichische Regierung ist in der EU jedoch fast die einzige, die auch das nicht will. Sie macht voll bei der Klimahysterie mit, aber ebenso voll bei der Antiatom-Hysterie. Österreichischer Provinzialismus in Reinkultur. Über eine solche Energiepolitik kann man nur noch die Überschrift setzen: "Zurück zur Steinzeit" und den Untertitel: "Wir haben unsere Energiepolitik von der Kronenzeitung machen lassen." Dementsprechend sieht sie aus.
Nachträgliche Ergänzung: Der Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich, Prof. Dr. Martin Selmayr hat dem Tagebuch folgende offizielle Reaktion (zum obigen Punkt 6) übermittelt:
"Ich habe zu Beginn meiner Antwort an Armin Wolf (ab Minute 16 der ZIB 2) wortwörtlich gesagt: "Die Europäische Kommission mischt sich nie in die Regierungsbildung in Mitgliedstaaten ein." In der Folge habe ich auf die große Überschneidung zwischen den Themen hingewiesen, die derzeit in Österreich und Brüssel die politische Diskussion beherrschen. Selbstverständlich ist es für die EU als gemeinsames Ganzes förderlich, wenn es politische Konvergenz mit den Mitgliedstaaten gibt. Es geht um wichtige Herausforderungen wie Klimaschutz, Digitalisierung und Bildung. Um zu wissen, dass diese Themen bei den österreichischen Koalitionsgesprächen eine Rolle spielen, bedarf es keiner Insiderinformationen. Es genügt, die Zeitung zu lesen."
Anmerkung: Selmayr hat wohlweislich in seiner Stellungnahme nicht seine von mir ja wörtlich zitierten Aussagen im Fernsehen dementiert, dementieren können. Im übrigen ist seine nunmehrige Formulierung "politische Konvergenz" kaum etwas anderes als seine Aussagen im TV. Dennoch ist positiv anzumerken, dass der Vertreter der EU-Kommission sich mehr als seine Vorgänger bemüht zeigt, auf öffentliche Kritik zu reagieren.
zur Übersicht