Wer Barbara Tuchmanns großartiges Buch "Die Torheit der Regierenden – von Troja bis Vietnam" (die Ersterscheinung erfolgte im Jahr 1984 unter dem Originaltitel "The March of Folly") nicht gelesen hat, der sollte das dringend tun. Anhand Homers Ilias und dreier historischer Ereignisse beschreibt die Historikerin beispielhaft die katastrophalen Folgen verfehlter politischer Entscheidungen. Das Buch hat nichts an Aktualität eingebüßt – ganz im Gegenteil.
In diesem Beitrag werden allerdings deutlich kleinere Brötchen gebacken. Es geht hier nicht – wie in den von Tuchmann gewählten Fällen – um Leben und Tod. Das Grundmuster indes ist identisch: Falsch gewählte Ziele, der Einsatz ungeeigneter Mittel und die völlige Ignoranz gegenüber den möglichen Konsequenzen von Entscheidungen, die von abgehobenen Obertanen im Elfenbeinturm getroffen werden. Selbstverliebtheit, Arroganz und Anmaßung sind eben niemals gute Ratgeber.
Besonders schlimme Folgen stellen sich immer dann ein, wenn die Kosten der jeweiligen Entscheidungen und Handlungen nicht von deren Initiatoren, sondern von Dritten getragen werden müssen. Ein klassisches, aus der Ökonomie bestens bekanntes Externalitätenproblem.
Musste im Falle Trojas für die fatale Entscheidung, das berühmte Pferd in die Stadt gezogen zu haben, immerhin auch deren Urheber bezahlen, so sah das im Falle des Vietnamkrieges schon anders aus. Die damals von politischen "Experten" in den USA weithin unwidersprochen aufgestellte "Dominotheorie" führte am Ende zum Tod mehrerer Zehntausend Amerikaner, während die verantwortlichen Schreibtischtäter und Politiker alle erforderlichen Register zu ziehen wussten, um ihre eigenen Söhne und sich selbst nicht dazu gezwungen zu sehen, sich für die Bewahrung der Demokratie in Südvietnam töten oder zum Krüppel schießen zu lassen. Nassim Taleb würde das so kommentieren: Ihre eigene Haut stand nicht auf dem Spiel. Sie trugen mit ihrer kriminellen Politik vielmehr die Haut anderer zu Markte.
Wie gesagt, dieser Beitrag handelt nicht vom Überleben – wenn man davon absieht, dass die Konstruktion apokalyptischer Szenarien in Verbindung mit dem angeblich menschengemachten Klimawandel zur Durchsetzung einer erratischen Politik eingesetzt wird.
Ein Beispiel dafür ist die einseitige und jeden technischen Einwand ignorierende Förderung der Elektromobilität. Ohne Rücksicht auf die Frage, woher in Zeiten der "Energiewende" der viele zusätzliche Strom kommen soll, um Millionen neue Verbraucher zu versorgen, wird der Umstieg auf elektrisch betriebene Fahrzeuge mit allen vorhandenen Mitteln vorangetrieben. Während die EU, mit dem Ziel, elektrische Energie zu sparen, diktiert, dass Staubsauger nicht mehr als 900W aufnehmen dürfen, stört es offenbar keinen der Brüsseler Bürokraten, dass ein Elektrofahrzeug vom Typ Tesla S mit einem modernen "Supercharger" das rund Hundertsechzigfache dieses Wertes aufnimmt, nämlich 145KW. Wahnsinn mit Methode!
Keiner der Propagandisten der Elektromobilität war bislang imstande, plausibel zu erklären, wo denn die vielen neuen kalorischen Kraftwerke platziert werden sollen, die imstande wären, die gewaltigen Strommengen zu produzieren, die für einen massenhaften Betrieb von E-Autos nötig sind. Atomstrom ist in deutschen Landen ja bekanntlich tabu und mit dem Begriff "Dunkelflaute" ist hinreichend erklärt, wie sehr "erneuerbare Energien" für die Grundlastversorgung geeignet sind – nämlich so gut wie gar nicht.
Wie auch in anderen Fällen, würde ein unverzerrter Markt alles zum allgemeinen Besten regeln. Ohne politische Interventionen sind Elektrokarren nämlich nahezu unverkäuflich, da sie viel zu teuer sind (selbst Kleinwagen sind nicht unter 30.000 Euro zu haben) und Reichweiten aufweisen, die bei in vielen Teilen Europas nun einmal auftretenden Minusgraden deutlich unter 100km liegen. Ein kleiner Trip in die nächste Stadt wird damit zu einem Projekt, das eine gründliche Planung voraussetzt. Solange es keine Batterietechnologie gibt, die zumindest 600 km Fahrtstrecke ermöglicht, sind E-Autos nichts weiter als ein teures Spielzeug für betuchte Zeitgenossen mit viel Tagesfreizeit.
Daher sind Stromer nur mittels staatlicher Förderung über Direktzuschüsse und unter Einsatz diskriminierender hoheitlicher Lenkungseingriffe, die allesamt auf eine künstliche Verteuerung des Fahrens mit konventionellen Antrieben hinauslaufen, an den Mann zu bringen. Bürger, die sich aufgrund wirtschaftlicher und ökologischer Erwägungen sparsame Dieselfahrzeuge angeschafft haben, werden dafür täglich neuen Schikanen ausgesetzt.
Die politisch Verantwortlichen aber zahlen – siehe Vietnam – nicht die Zeche dafür, da sie ja mit teuren chauffeurgelenkten Dienstwagen unterwegs sind und/oder den urbanen Raum allenfalls mit Flugzeugen verlassen. Und deren Emissionen sind bekanntlich nur dann klimaschädlich, wenn Otto Normalverbraucher in den Urlaub fliegt, nicht aber, wenn Mitglieder des Politbüros zu Klimakonferenzen am anderen Ende der Welt jetten.
Unter Einsatz gewaltiger Mengen von Steuergeldern wird nun eine teure Ladeinfrastruktur aus dem Boden gestampft – für Autos, die außerhalb städtischer Ballungsräume keinen Nutzen aufweisen und nur als Zweit- oder Drittauto für Wohlhabende taugen.
Das Thema Maulkorbpflicht wird hier aus Gründen der Aktualität genannt. Bislang war es etwa in Niederösterreich vorgeschrieben, innerhalb von Ballungsräumen, Hunde entweder an der Leine zu führen oder ihnen einen Maulkorb zu verpassen (von verschärfenden Ausnahmen für "Listenhunde" abgesehen). Für kleine Hunde, die auf dem Arm oder in der Tasche getragen werden, waren die Leinen- und Beißkorbvorschriften nicht verbindlich.
Das wird ab Jahresanfang 2020 anders. Auf "öffentlichen Plätzen" und in Gaststätten müssen Hunde künftig sowohl angeleint werden als auch einen Beißkorb tragen. Da das Gesetz im Landtag einstimmig beschlossen wurde, stellt sich die Frage, wo und wann die Damen und Herren Abgeordneten ihr Hirn abgegeben haben, denn über die praktischen Auswirkungen dieses Unfugs hat offenkundig keine(r) von ihnen nachgedacht.
Bislang war und ist es in den meisten Lokalen üblich, Hunden etwas zu trinken anzubieten. Das wird künftig – dank Beißkorbpflicht – nur bei jenen Tieren funktionieren, die mit einem Strohhalm trinken können – das werden nicht allzu viele sein. Hunde müssen also, auch nach einer längeren Wanderung, dürsten. Unter Tierschutzaspekten betrachtet – toll.
Außerdem werden erfahrene Hundehalter einwenden, dass ihre Tiere bei Tisch häufig ruhiggestellt werden, indem man ihnen Leckerlis verabreicht. Das beschäftigt sie, während ihre Halter und andere Gäste sich ungestört ihrer Mahlzeit widmen dürfen. Auch das wird künftig nicht mehr möglich sein. Da quengelnde Hunde bisweilen kräftig nerven können, wird das dazu führen, dass viele Hundebesitzer auf den Besuch von Gaststätten verzichten, sofern kein Hundesitter verfügbar ist.
Den stark geprüften Wirten wird damit – nach der "Allergeninformationsverordnung" und dem erst jüngst ausnahmslos oktroyiertem Rauchverbot – ein neuerlicher Schlag versetzt. Sie müssen nun nicht nur im Staatsauftrag als Allergeninformanten fungieren, sondern auch als Raucher- und Hundesheriffs ihre Kundschaft quälen. Sie müssen – zu ihrem eigenen Schaden – als verlängerte Werkbank der überbordenden Staatsbürokratie herhalten, die Kosten deren Narretei tragen. Einmal mehr regiert der Staat ungeniert in privates Eigentum hinein – ohne Rücksicht auf die Betroffenen zu nehmen. Um es mit den Worten Ludwig von Mises´ zu sagen:
"Der Staatsapparat ist ein Zwangs- und Unterdrückungsapparat. Das Wesen der Staatstätigkeit ist, Menschen durch Gewaltanwendung oder Gewaltandrohung zu zwingen, sich anders zu verhalten, als sie sich aus freiem Antriebe verhalten würden."
Dem ist nichts hinzuzufügen. Was kümmert es eine ebenso unproduktive wie unkündbare Staatskamarilla, wie man auf der freien Wildbahn des Marktes überlebt? Während der Staat seinen Kernaufgaben – der Gewährleistung von Sicherheit nach innen und außen – faktisch kaum noch nachkommt (unser tägliches Messerattentat gib uns heute!), gewinnt man als außerhalb geschützter Staatsbiotope lebender Bürger in jüngster Zeit mehr und mehr die Überzeugung, dass die herrschende Klasse kein anderes Ziel kennt, als den Untertanen das Leben möglichst nachhaltig zu vermiesen. Auf die Idee, dass nicht alles und jedes einer gesetzlichen Regelung bedarf, sondern – im Gegenteil – erst der Gebrauch normalen Menschenverstandes ein friedvolles Zusammenleben ermöglicht, scheint die überhebliche Politnomenklatura gar nicht erst zu kommen.
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.