In Zeiten allgemein zunehmender Instabilität sollte man über jenes Phänomen gut Bescheid wissen, das für große, arbeitsteilige Gemeinschaften absolut lebenswichtig ist: das Geld. Jeder benutzt es. Sein Gebrauch ist im täglichen Leben derart selbstverständlich geworden, dass kaum jemand an seine verschiedenen Perspektiven, seine Herkunft, sein Wesen und seine Bedeutung auch nur einen Gedanken verschwendet. Milton Friedman spricht, wenn auch in anderem Zusammenhang, von einer "Tyrannei des Status quo", die hier zum Vorschein kommt. Was immer schon da war, wird eben auch immer da sein – wozu darüber nachdenken?
Doch Geld hat eine interessante und wechselvolle Geschichte, die zur Erklärung seines Wertes und seiner Bedeutung für eine Gesellschaft eine wesentliche Rolle spielt. Es ist eben nicht egal, wer es herausgibt, ob der Herausgeber über ein Monopol verfügt, ob es in physischer oder nur in virtueller Form vorliegt und ob es durch reale Werte (physische Güter, keine bloßen Schuldrechtstitel) "gedeckt" ist oder nicht.
All diesen Fragen nachzuspüren, ist der Zweck einer eben erschienenen Streitschrift aus der Feder eines Mannes, der sich wie nur wenige darauf versteht, selbst komplexeste Sachverhalte, über die auch in Kreisen von Experten häufig Verwirrung besteht, einem Laienpublikum klar und auf leicht verständliche Weise darzustellen: Es ist der Rektor der privaten Wiener Bildungseinrichtung Scholarium, Rahim Taghizadegan.
Der Kern der Sache ist die Funktionsweise des herrschenden Geld- und Zentralbanksystems. Taghizadegan benennt treffsicher dessen Schwächen und zeigt auf, wie die ganze Welt von politischen Führern und Zentralbanken sukzessive in eine "Nullzinsfalle" manövriert worden ist, aus der es kein Entrinnen zu geben scheint – zumindest keines, das ohne schwere Blessuren für die überwiegende Mehrheit der Geldnutzer über die Bühne gehen wird.
Während der mediale Mainstream sich mit Vorliebe der Kritik des "Turbokapitalismus" und des Neoliberalismus widmet, der die Gräben zwischen Armen und Reichen angeblich stetig vertieft, sieht Taghizadegan im Gegenteil den "Geldsozialismus" (® Roland Baader) am Werk, den er – was viele Kapitalismuskritiker erstaunen wird –, als "Umverteilung für Reiche" brandmarkt. Das herrschende Zentralbanksystem bildet in einer kapitalistischen Marktwirtschaft einen Fremdkörper, stört deren Funktion und führt zu immer schwerer wiegenden Verzerrungen, die sich auch in einer Umverteilung von unten nach oben manifestieren.
Intendierte Absicht und tatsächlich erzielte Wirkung sind eben, wie immer, zwei sehr verschiedene Paar Schuhe. Leider bewirken in bester Absicht ins Werk gesetzte hoheitliche Interventionen in die (Geld-)Märkte häufig das exakte Gegenteil des Gewünschten – so auch in der rezenten Geldpolitik.
Die nach der Finanzkrise von 2007/2008 auf den Weg gebrachten Regulierungen dienen am Ende der weiteren Bereicherung der ohnehin bereits Reichen und stürzen die weniger Begüterten in immer größere Schwierigkeiten – insbesondere dabei, Eigentum zu bilden.
Der Spielraum der Zentralbanken ist nach Erreichen der Zins-Nulllinie sehr klein. Zwar werden immer kreativere – um nicht zu sagen verrücktere – Ideen zur Belebung der Märkte kolportiert. Doch wie der große österreichische Ökonom Eugen Böhm von Bawerk schon vor mehr als 100 Jahren erkannt hat, können auch noch so entschlossene politische Führer gegen die Gesetze der Ökonomie langfristig nichts ausrichten.
Geld her oder es kracht
Rahim Taghizadegan
Leykam, 1919
93 Seiten, broschiert
ISBN: 978-3-7011-8131-5
12 Euro
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.