Wahlkampfkuriositäten 2019

Man glaubt es kaum, aber Politik kann auch Spaß machen. Nämlich dann, wenn Wahlen vor der Tür stehen und man als Politiker das Geld der anderen verschenken kann. Und man sich dafür auch noch öffentlichkeitswirksam in der Rolle des guten Menschen gefallen darf. Für die SPÖ ist alles eine Frage des Geldes, das man nicht hat, doch umso bereitwilliger an Wahlgruppen austeilen möchte, als wäre es das eigene. Das ist an sich nichts Neues. Sozialdemokratie, wie wir sie kennen. Dass Türkis und Blau mitziehen und immer noch nicht verstehen, dass sie vom Mitbewerb und den Medien auch dann als unsozial dargestellt würden, wenn sie die Pensionen verzehnfachen, verwundert dann doch etwas mehr. Da sich alle drei Parteien spendabel zeigten, wird nur keiner vom Wählerkauf profitieren.

Spätestens mit dem Start des Intensivwahlkampfs geraten halt auch die guten Vorsätze vergangener Zeiten in Vergessenheit. Aber das kennt man, die Geschichte des österreichischen Wahlkampfs liest sich immer gleich. Was sich ändert, sind Köpfe und Namen. Rendi-Wagner legt die Erbschaftssteuer neu auf, zusammen mit der Millionärssteuer ganz schön viel Geld, das erst einmal umverteilt werden muss. Auf die Publikumsfrage während einer TV-Diskussion, ob sie denn vom eigenen Konzept betroffen wäre, also Kapitalistin sei, reagierte Rendi-Wagner etwas verlegen. Sie blieb eine Antwort schuldig, aber seit Alfred Gusenbauer weiß der interessierte Österreicher, dass Sozialdemokraten ja eigentlich nie gegen die Marktwirtschaft waren.         

Bei der CO2-Steuer nimmt sich die SPÖ vornehm zurück, auch wenn es gegen die eigene politische Geschäftsgrundlage geht. Die Parteichefin sucht eine gewisse Abgrenzung zum Hauptgegner, den Grünen. Denn auf Überläuferstimmen ist diesmal kein Verlass mehr. Der Klassenkampf muss es richten und die von Werner Kogler geführten Grünen möglichst klein halten. Was schwierig wird. Denn die von der vereinten Publizistikbranche unter Artenschutz gestellte Ökopartei fühlt sich von den Prognosen bestätigt und setzt alles daran, den Versuchungen des seriösen Politisierens zu entgehen. Dass sich die Realität dem grünen Glaubensbekenntnis nicht ganz so leicht beugt, wird ausgeblendet. Wahlkampf eben.

Nicht zu übersehen sind die Spitzenkandidaten, die im Tagesrhythmus das Hauptabendprogramm bestimmen. Mit Abstand am auffallendsten verhält sich Werner Kogler. Beim EU-Wahlkampf sagten ihm so manche Kommentatoren noch Entertainerqualitäten nach, jetzt wird er für die Zuseher mehr und mehr zur Nervenprobe. Hyperaktiv, wie ein kleines Kind, das zu viel Zucker konsumiert hat, schwätzt er alle in Grund und Boden. Entweder ist er so gut vorbereitet, dass Hirn und Sprechapparat keinen gemeinsamen Nenner finden, also wenig Kohärenz erzeugen. Oder aber er improvisiert und spielt aus dem Stegreif den Zappelphilipp, der garantiert den Faden verliert und auch nicht mehr findet. Beide Varianten sind einigermaßen verzichtbar.                     

Jeder Wahlwerbende hat so seine Grundtonalität. Bei Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger ist diese laut und irgendwie angriffig. Vielleicht will die Kleinpartei über die Lautstärke die fehlende klare Inhaltsrichtung kompensieren. Das gelingt tatsächlich nur mäßig. Zwar proklamieren die Neos die meinungslose Mitte für sich, sie können es jedoch nicht lassen, die Linksparteien regelmäßig in gesellschaftspolitischen Fragen zu überholen. Seit sie sich gemeinsam mit den Grünen für eine CO2-Steuer stark machen, ist der Wahlberechtigte gänzlich überfordert. Anscheinend überlässt man die wirtschaftsliberalen Wähler kampflos den Türkisen, während man gemeinsam mit den Roten im Reservoir der Grünen wildert. Auch eine Strategie.                                     

Und was machen eigentlich Norbert Hofer und der Umfragekönig Sebastian Kurz? Nun, der eine lächelt. Und der andere auch.

Mag. Jürgen Pock ist Kommunikationsexperte und Polit-Blogger.

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