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Neue Wege in der Verkehrspolitik!

Die Verkehrspolitik in Österreich bietet reichlich Gesprächsstoff. Neben dem Dauerthema Transitverkehr erregen vor allem die Debatten um Tempo 140  die Gemüter. Dabei sind die medialen und politischen Kommentare nur schwer zu ertragen, so ideologisch einseitig geprägt sind sie. Da wäre etwa die grüne Vorfeldorganisation VCÖ. Diese hat im September des Vorjahres noch großmundig prophezeit, dass Tempo 140 zu einem Anstieg der Emissionen um zehn Prozent führen würde. Nun sind die Messergebnisse da und sie weisen nur einen geringen Anstieg um ein bis zwei Prozent aus. Anstatt sich kleinmütig in Reue zu üben, geifert der VCÖ dennoch gegen den Pilotversuch, wenn auch ohne substantielle Argumente.

Natürlich durfte auch Oberösterreichs grüner Landesrat Anschober bei allen Medien ausführlich über die Ergebnisse schimpfen. Seine Kritik richtet sich vorwiegend gegen die Methodik der Auswertung und ist nicht minder amüsant. So wird etwa kritisiert, dass die Abgase der LKW ebenfalls miteingerechnet wurden. Das dürfe man allerdings nicht, da diese doch weiterhin nur 80 km/h fahren dürften, ihr Anteil also konstant bliebe.

Zwar ist Anschober nicht Verkehrslandesrat, daher ist seine Unbedarftheit vielleicht entschuldbar, doch selbst mit gesundem Menschenverstand sollte die Naivität dieser Kritik offensichtlich sein. Zum einen macht es für die Umwelt überhaupt keinen Unterschied, ob Emissionen vom Auto, vom LKW oder vom Motorrad kommen. Zum anderen ist es hanebüchener Unsinn, so zu tun, als ob der Schwerverkehr ein völlig isolierter Teil des Straßenverkehrs wäre. Natürlich hat die Geschwindigkeit der anderen Fahrzeuge auch Auswirkungen auf den Schwerverkehr. Bei Überholmanövern etwa – wenn das überholende Fahrzeug eine deutlich höhere Geschwindigkeit hat und sich vor einem LKW wieder einordnet, wird dieser nicht zu Bremsmanövern und damit Energieverlust gezwungen.

Nicht minder ideologisch geprägt sind die vielen "Experten", die das gemessene Ergebnis dem zuvor berechneten gegenüberstellen und sich darüber mockieren, dass diese blöde Wirklichkeit nicht mit der Theorie übereinstimmt. Fragt man etwas genauer nach, wie die Formel denn aussähe, kommt meist eine völlig simplifizierte Variante, die nur den Luftwiderstand einberechnet. Wirkungsgrad des Motors, Aerodynamik, Verkehrsfluss, Reibung, usw. werden nicht miteinkalkuliert.

Das Gute für Laien ist, dass man diese komplizierten Berechnungen, die ohnehin nur idealisierte Ergebnisse bringen, gar nicht braucht: Denn mit den Messungen kann das Ergebnis ohnehin klar eruiert werden.

Die ideologisch geprägte Kritik an Tempo 140 ist aber kein Zufall, sondern nur die konsequente Fortsetzung der Verkehrspolitik der letzten Jahrzehnte. Auffallend oft haben grüne Politiker in führende Positionen der Verkehrspolitik gedrängt. Das mag etwas bizarr erscheinen, ist doch der Verkehr eines der größten Feindbilder der Grünen. Genauso gut könnte ein FPÖ-Politiker plötzlich Integrationsminister werden wollen. Irgendwie passt es nicht zusammen, wenn ein Vertreter einer Partei, die einen Bereich bekämpft, wo es nur geht, genau für diesen Themenbereich verantwortlich ist.

Die grüne Verkehrspolitik verkauft sich dabei stets als modern, mutig und gleichzeitig alternativlos (nicht der einzige Widerspruch). Der Kampf gegen das Automobil steht dabei im Mittelpunkt. In den Städten manifestiert sich dieser Kampf durch sinnlose Einbahnregelungen, asynchron geschaltete Ampeln oder künstlich verknappten Parkraum. Dies führt zwangsläufig zu Stau. Allerdings ist das kein Versehen bzw. Inkompetenz, sondern Kalkül.

Zugutehalten muss man den grünen Verkehrsstadträten immerhin, dass sie das auch unverblümt so sagen. Es geht ihnen darum, den Autofahrern in den Städten das Vorankommen so schwer wie möglich zu machen.

Da man für positive Anreize nicht die notwendige Expertise mitbringt, macht man eben das, was jeder Dolm zuwege bringt: Verbote einführen und möglichst viel regulieren. Es spiegelt auch den typisch sozialistischen Ansatz wider: Wenn die Menschen nicht auf das gewünschte Angebot umsteigen, muss man die Alternativen möglichst madig machen.

Das Kalkül ist, es den Autofahrern nur möglichst schwer machen zu müssen, sie durch etliche Staus so lange frustrieren muss, bis sie irgendwann aufgeben und auf Alternativen umsteigen. Dabei ist es egal, dass es für das Klima sicher nicht förderlich ist, wenn jemand 45 Minuten im Kreis fahren muss, um einen Parkplatz zu finden, oder, bei laufendem Motor, eine Stunde im künstlich geschaffenen Stau steht. Der Zweck heiligt bekanntlich die Mittel.

Doch die Strategie geht nicht auf. In einigen Städten, etwa in Salzburg, haben die Grünen seit mehreren Jahrzehnten den entsprechenden Stadtratsposten inne – die Lage wird, statt besser, aber immer noch schlimmer. Das hat mehrere Gründe, die typisch sozialistischen Erklärungsversuche (die Medizin ist nicht falsch, sie ist lediglich zu gering dosiert) sind allerdings unzureichend.

Vielmehr sind es oft mangelnde Alternativen. Während es relativ einfach ist, Verbote auszusprechen, erfordert der Aufbau von funktionierenden Systemen Kompetenz. Stattdessen zeigt sich etwa im öffentlichen Verkehr, wenn überhaupt, eher ein Abwärtstrend. Städte mit starken Grünen, wie etwa Innsbruck oder Salzburg, bestechen durch die höchsten Ticketpreise für Öffis. In der Mozartstadt kostet ein Einzelticket satte 2,90 €, in Innsbruck gar 3,10 €. Die Beteuerungen, wonach man die Tickets auch günstig im Vorverkauf erwerben könnte, sind halbseiden, sind die entsprechenden Automaten doch andauernd kaputt oder die Vorverkaufsstellen Nicht-Städtern unbekannt.

Auch wenn in Wien die Öffis zumindest leistbarer sind, scheitert es auch dort an ansprechenden Alternativen für Pendler aus dem Umland. Der sozialistische Ansatz, das Autofahren einfach nur möglichst unattraktiv zu machen, ist also zum Scheitern verurteilt. Viele Menschen sind einfach auf ihr Auto angewiesen und können gar nicht umsteigen. Sie müssen die Schikanen also schlichtweg ertragen. Ein großer Belehrungs-Effekt wird sich nicht einstellen, einzig der Frust steigt und die Menschen sitzen länger im laufenden Auto, als notwendig wäre.

Die Drangsalierung der Autofahrer findet aber nicht nur innerstädtisch statt. Auch abseits davon sind die monokausalen Antworten auf alle möglichen Probleme: strengere Tempolimits, höhere Strafen, kurzum mehr und strengere Regeln. Erneut wird diese einfachste und völlig innovationslose "Lösung" als "mutig" und "modern" gepriesen. Es geht schließlich um die Menschen, so die offizielle Ansage, de facto geht es auch hier rein um Ideologie.

Beispiele für an den Tag gelegte Scheinheiligkeit, gepaart mit Inkompetenz, finden sich allerorts. Bezeichnend ist etwa die Debatten um die IG-L-Tempolimits. Das sind besonders hohe Strafen bei besonders strengen Tempolimits, die dazu dienen sollen, die Luftqualität zu verbessern. Wie bei Tempo 140 zeigt auch hier die Auswertung zumeist, dass die Auswirkungen auf die Luft kaum vorhanden sind.

Auch das oft angeführte Argument, dass das niedrigere Tempo für mehr Sicherheit sorgen würde, ist in keiner Weise haltbar. Zum einen gibt es dazu Untersuchungen in Österreich, etwa auf der A-10 um Salzburg. Tatsächlich sind hier die Unfallzahlen, mit Einführung des IG-L deutlich angestiegen, vor allem weil der Spurwechsel viel gefährlicher geworden ist. Bei Tempo 80 gelingt es den Autofahrern nämlich nicht mehr, die notwendige Überholgeschwindigkeit (im Vergleich zu Lastwägen) zu erreichen.

Zum anderen zeigt sich auch im europäischen Vergleich überhaupt keine Korrelation zwischen Tempo und Sicherheit, wie der europäische Verkehrssicherheitsrat ausgewertet hat. Auf Norwegens Autobahnen (Höchstgeschwindigkeit 90 km/h) sterben gleich viele Menschen, wie auf jenen Deutschlands (kein Tempolimit). Mit 1,9 Toten je Milliarde gefahrener Kilometer sind beide im guten Mittelfeld. Angeführt wird das Ranking von Litauen (5,3 Tote) das ein generelles Tempolimit von 130 km/h ausweist. Am sichersten ist Dänemark (0,8 Tote) – ebenfalls mit 130 km/h Höchstgeschwindigkeit. Österreich liegt mit 1,8 übrigens ebenfalls im guten Mittelfeld.

Trotz dieser klaren Evidenz, dass niedrigere Tempolimits der Luft nicht helfen und auch nicht sicherer sind (dass eher sogar das Gegenteil der Fall ist), halten viele Politiker eisern daran fest. Warum? Das hat zwei Hauptgründe.

Einerseits sind die IG-L Strafen eine willkommene Einnahmequelle. Das Geld bleibt nämlich, im Gegensatz zu herkömmlichen Verkehrsstrafen beim Bundesland. Das dadurch eingenommene Geld ist auch kein kleiner Bonus für die Landespolitiker. Wir reden hier von Millionenbeträgen, die auch ins Budget eingeplant werden. Die Zahlen sind nicht immer offengelegt, doch um nur ein Beispiel zu bringen: alleine ein Radargerät im Salzburger Umland (Puch) bringt monatlich rund 100.000 € an Einnahmen.

Der zweite Grund ähnelt dem Hauptargument, warum in Städten so sehr auf Regulation und Härte gesetzt wird. Die oft heillos überforderten Politiker wollen dadurch von ihrem Versagen auf anderer Ebene ablenken. Wenn etwa die öffentliche Hand direkt neben der Autobahn Wohnungen im großen Stil baut und sich die Anrainer nach ein paar Jahren über den Lärm und die schlechte Luft beschweren – wo liegt dann der Fehler? Natürlich bei der Planung eines solchen Irrsinns.

Um dessen Auswirkungen zu bekämpfen, wird also an den Symptomen herumgedoktert. Die Politik muss zumindest nach außen so tun, als würde sie dieses Problem lösen, indem dann eben das Tempo reduziert wird. Auch wenn das, vor allem was die Luftgüte betrifft, nichts bringt und tausende Autofahrer darunter leiden, kann man sich öffentlichkeitswirksam als Umweltschützer stilisieren.

Die Dogmen die regelmäßig gepredigt werden, sind hierzulande tief verankert. Mehr Strafen, strengere Tempolimits, kurzum: mehr Regulierung führe zu mehr Sicherheit. Außerdem müsse der Individualverkehr aus den Städten raus!

Nur wenige Politiker haben es in den letzten Jahren gewagt, diesen Glaubenssätzen zu widersprechen. Medial wurden sie dafür auch meist hingerichtet. Aussagen wie "Verkehr soll fließen" sind eher die Ausnahme gewesen, echte Fachkompetenz sucht man ohnehin vergebens.

Dabei gäbe es durchaus mutige, moderne Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssituation. Diese zeichnen sich aber eher durch ein Weniger als ein Mehr an Regulierung aus. Das Begegnungszonen-Konzept wäre so eine Idee. Allerdings in seiner ursprünglichen Form, ganz sicher nicht gemeint ist damit der verkrüppelte Abklatsch, den es etwa in Wien gibt.

Tatsächlich setzt das Konzept auf völlige Freiheit im Straßenverkehr. Keine Tempolimits, keine Ampeln, keine Vorrangzeichen, einzig Rechts vor Links gilt. Die Ergebnisse sind überall da, wo es ausprobiert wird, verblüffend. Sowohl der Verkehrsfluss als auch die Sicherheit verbessern sich enorm. Die Erklärungen dafür sind durchaus plausibel. Der Autofahrer wird wieder mehr zum Mitdenken gezwungen. Er muss sich keiner Reizüberflutung von lauter Verkehrszeichen aussetzen, er muss selbst nachdenken und überlegt fahren.

Individuelle Verantwortung statt kollektiver Dummheit. Die Regellosigkeit führt dazu, dass sich alle Verkehrsteilnehmer, auch Radfahrer und Fußgänger, viel bewusster und geistesgegenwärtiger unter gegenseitiger Rücksichtnahme fortbewegen. Statt Autorität durch die Obrigkeit, Erziehung des Individuums zu einem mündigen, selbstbestimmten Verkehrsteilnehmer.

Auch beim Thema öffentlicher Verkehr böte sich eine Entstaatlichung an. Wenn es Politiker über Jahrzehnte hinweg hier keine adäquaten Alternativen schaffen, sollte der Markt das regeln. Nahezu überall, wo der Mobilitätsmarkt auch wirklich privatisiert wurde, sprechen die Ergebnisse für sich.

Wichtig ist nur, dass es sich um Privatisierungen handelt, die diesen Namen auch verdienen. Bestimmt keine echte Privatisierung ist das staatliche Exklusivrecht für nur einen (meist parteinahen) Anbieter unter Ausschaltung der Konkurrenz. Wettbewerbsdruck ist der Schlüssel, um entsprechend gute Ergebnisse zu bekommen.

Was die Straßenerhaltung angeht, schneidet die Politik im Vergleich zu privaten Anbietern ebenfalls schlecht ab. Während im öffentlichen Straßenbau Baustellen oft völlig unkoordiniert sind, was die Wartezeiten zusätzlich verlängert, und Bauarbeiten sich teilweise ewig in die Länge ziehen, stoppen selbst Naturkatastrophen private Anbieter kaum.

Ein gutes Beispiel dafür bietet etwa die Felbertauern-Mautstraße, eine der wichtigsten Nord-Süd Verbindungen Österreichs. Selbst als eine Mure 2017 dort große Verwüstungen anrichtete, war die Straße bereits am folgenden Tag wieder befahrbar. Die danach folgenden, gröberen Aufräumarbeiten verliefen parallel zum Betrieb der Straße. Ein Paradebeispiel für effiziente Straßensanierung. Die Politik könnte sich davon eine Scheibe abschneiden.

Liberale Werte – Marktwirtschaft und Eigenverantwortung – sind auch in der Verkehrspolitik eine Lösung für viele hausgemachte Probleme. Man muss sich nur trauen, sie auch zuzulassen.

Martin Holzmann ist überzeugter Liberaler und nach einem einjährigen Gastspiel als Landeskoordinator bei NEOS Salzburg Student der Forstwirtschaft.

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