Der Tod einer Soldatin

Am letzten Freitag im Juli verabschiedeten sich das österreichische Bundesheer und ein guter Teil der Wiener Gesellschaft in Wiener Neustadt von einer Soldatin. In der vollgefüllten St. Georg-Kathedrale der Theresianischen Militärakademie erwiesen Menschen, die man um diese Zeit eher im Salzkammergut vermutet, einer am Berg verunglückten Wachtmeisterin die letzte Ehre. Die Gardemusik spielte bei Kaiserwetter für eine Frau mit Offiziersambitionen auf, die Emanzipation im besten Sinne des Wortes lebte. Sie stand in guter Tradition: Schon ihr Vater wurde 1984 mit dem Ausmusterungsjahrgang Daun als Milizoffizier in die Armee übernommen. Was bewegt einen jungen Menschen beim heutigen politischen Umfeld die Offizierslaufbahn einzuschlagen?

Wir schreiben das Jahr 2019. Das Bundesheer ist nur noch ein Schatten seiner selbst.

Eine Budgetierung mit 0,5% des BIP stellt eine internationale Lächerlichkeit dar. Mehr als 70% des Heeresbudgets verschlingen die Personalkosten, der Rest geht in die notdürftige Aufrechterhaltung des laufenden Betriebs. An irgendwelche Investitionen ist da nicht zu denken. Der Übergangsverteidigungsminister der Verwaltungsregierung wollte schon bei der Sicherheitsschule in Wiener Neustadt und der Leistungsschau am Heldenplatz sparen. Selbst der seinerzeit grüne Bundespräsident stellte öffentlich in Frage, dass das Bundesheer seine verfassungsmäßigen Aufgaben erfüllen könne. Zu diesen gehört übrigens auch die Landesverteidigung.

Trotz gegenteiliger Rhetorik im Regierungsprogramm von Türkis-Blau hat die Politik auch in den letzten Jahren das Verteidigungsressort sträflich vernachlässigt. Insider sprechen von Hochverrat mit den Mitteln des Budgetrechts. Im Finanzministerium scheint man überhaupt kein Verständnis dafür zu haben, dass man sich in Friedenszeiten eine Armee hält. Wofür braucht man eine Feuerwehr, wenn es nicht brennt?

Ganz schlimm schaut es bekanntlich aus, wenn es um die Behauptung der Souveränität des eigenen Luftraums geht. Da werden Straftaten erfunden und verfolgt, die es schon theoretisch gar nicht geben kann – um sich die Anschaffung der nächsten Flugzeuge zu ersparen. Dafür muss das trittbrettfahrende Österreich bei den Auslandseinsätzen Überdurchschnittliches leisten – wenn man sich nicht auch dort (siehe Golan) mit fadenscheinigen Argumenten zurückzieht.

In Zeiten langen Friedens lässt der Verteidigungswille immer nach. Wenn die Politik in dieser entspannten Atmosphäre auch noch billige Zinsen vorfindet, verfällt sie gänzlich der populistischen Geldausgeberei. Statt vorzusorgen und den Sicherheitsapparat auszubauen, übt sie sich im Wählerkauf. In einem Wettlauf um vermehrte Transferleistungen rufen die einen nach mehr Geld für die Pflege, die anderen für den Mehrwertsteuerentfall bei den Mieten, die Dritten nach einem Papa-Monat usw.

Bei den grundlegenden Staatsaufgaben wie Justiz und Heer kracht es hingegen an allen Ecken und Enden. Das hätten Rot und Grün auch geschafft.

Wenn in dieser Situation junge Menschen schwören, das Land mit der Waffe in der Hand verteidigen und weit mehr als ihre Wehrpflicht erfüllen zu wollen, gehört eine ordentliche Portion Idealismus dazu. Sie legen Zeugnis von einem gesunden Kern der österreichischen Gesellschaft ab. Es sind geheime Anwärter auf den Maria-Theresia-Orden, der seinerzeit für besondere Tapferkeit verliehen worden ist. Es sind Menschen, an denen sich die Politik im Allgemeinen und alle 183 Nationalratsabgeordneten im Besonderen ein Beispiel nehmen könnten.

Ruhe in Frieden, Marie.

Georg Vetter ist Rechtsanwalt, Vorstandsmitglied des Hayek-Instituts und Präsident des Clubs Unabhängiger Liberaler. Bis November 2017 ist er in der ÖVP-Fraktion Abgeordneter im Nationalrat gewesen.

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