Nichts könnte den Vertrauensverlust in die staatlichen Fiat-Währungen besser veranschaulichen als die "Flucht ins Gold" oder ins "Betongold", und das immer stärkere Aufkommen blockchainbasierter Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum. Nach einer stark volatilen Entwicklung, die immer wieder von dramatischen Talfahrten gekennzeichnet war, hat sich der Platzhirsch Bitcoin zuletzt prächtig erholt. Nicht wenige "Early Adopters" sind dank ihres zeitgünstigen Einstiegs bei Bitcoin reich geworden.
Der große Reiz dieser und anderer nichtstaatlicher Alternativwährungen besteht darin, dass weder korrupte Politiker noch (Zentral-)Banker ihren Wert durch beliebig ausgeweitete Massenproduktion vermindern können. Bitcoin & Co. sind einzig und allein dem Interesse ihrer Nutzer, nicht aber politischen Befindlichkeiten verpflichtet. Ihre dezentrale Produktion und ihre technisch limitierte Zahl gewährleisten, dass sie eine starke Resistenz gegenüber politischen Interventionen aufweisen.
Die rund um den Globus betriebenen, beispiellosen Zinsmanipulationen der letzten Jahre, und die daraus resultierenden, in die Milliarden gehenden Verluste für die Sparer treiben eine wachsende Zahl von Zeitgenossen aus dem staatlichen und suprastaatlichen Geld und lassen sie nach Alternativen suchen. Besonders die mit Computern aufgewachsenen jungen Leute sind es, die immer stärker auf private Blockchainwährungen setzen.
Doch nicht alles was glänzt, ist Gold. Wie jede nicht durch Realwerte unterlegte Währung, wurzelt auch die Kaufkraft dieser virtuellen Geldarten ausschließlich im Glauben der Nutzer. Tatsächlich handelt es sich nämlich, wie bei jedem aus dem Nichts geschaffenem Geld – gleich ob es auf den Namen Dollar, Euro, Yen, Pfund oder Franken hört – , um eine intrinsisch wertlose Luftnummer. Ob es sich dabei um von Notenbanken ausgegebene buntbedruckte Zettel, oder um digitale Anzeigen privater Betreiber auf einem Rechner handelt, bildet keinen Unterschied. Im Gegensatz dazu ist und bleibt eine Unze Gold stets eine Unze Gold. Sie besitzt einen greifbaren Wert – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Edelmetalle treten – anders als staatliches Geld – nicht als Resultat einer Verschuldungsaktes in die Welt. Sie werden auch nicht – wie Blockchainwährungen – mittels computerisierter Manipulationen als bloße Digitalanzeigen generiert, sondern verfügen über einen inneren (Kauf-)Wert, der sich seit Jahrtausenden faktisch nicht verändert hat.
Die Fadenscheinigkeit staatlichen Geldes ist an einem in seiner Bedeutung weithin unterschätzten Ereignis des Jahr 1971 zu erkennen: Damals, als die Goldreserven der USA unter dem Druck der internationalen Entwicklungen zu verschwinden drohten, konnte die mächtige US-Regierung nicht umhin, den Dollar vom Gold abzukoppeln (Präsident Nixon hob am 15. August dieses Jahres die Goldbindung des Dollars auf). Der Verrechnungskurs einer Goldunze gegenüber dem USD ist seither von 35 auf über 1.300 USD gestiegen.
Aber zurück zur elektronischen Alternative zum staatlichen Schuldgeld: Soeben betritt ein mächtiger neuer Mitspieler die internationale Bühne: Mark Zuckerbergs Facebook-Konzern. Dieser plant die Einführung einer auf den schönen Namen "Libra" hörenden, neuen Blockchainwährung, die den Zahlungsverkehr nicht nur vereinfachen, sondern außerdem noch drastisch verbilligen soll. Jeder, der über Erfahrungen mit dem Auslandszahlungsverkehr verfügt, weiß, wie lange konventionelle Überweisungen dauern können und mit welch horrenden Gebühren die Banken die Geldnutzer dafür traktieren. Dank dem Libra, so die vollmundigen Ankündigungen, soll es damit vorbei sein. Überweisungen sollen dann in "Echtzeit" abgewickelt werden können und so gut wie nichts mehr kosten. Beinahe zu schön, um wahr zu sein.
Außerdem, so werben seine Propagandisten, soll die neue "Weltwährung" – anders als der derzeitige Marktführer Bitcoin – durch einen Korb internationaler Währungen und Staatsanleihen(!) unterlegt sein. Weshalb man sich bei Facebook einbildet, das Vertrauen der Kundschaft ausgerechnet damit erringen zu können, indem man ihnen jene schwindsüchtigen Fiat-Währungen als Sicherheit anbietet, aus dem die Kryptrofans aus guten Gründen flüchten, scheint rätselhaft.
Besonders kritisch aber ist ein ganz anderer Aspekt: Viele Facebook-Nutzer haben bereits unschöne Erfahrungen machen müssen. Jene Zeitgenossen nämlich, die auch nur geringfügig vom Pfad der politisch korrekten Tugend abgewichen sind, haben bereits erlebt, dass sie für einen oder mehrere Tage gesperrt – also vom Zugang zu ihrem Profil abgeschnitten wurden. Es besteht also die keinesfalls grundlose Befürchtung, dass die Facebook-Blockwarte am Ende in gleicher Weise auch mit dem Zugang zum Konto verfahren könnten.
Im Klartext würde das bedeuten: wer kritische Äußerungen zu vom Mainstream beklatschten Ereignissen absetzt, beispielsweise zu einer Schwulenparade auf der Wiener Ringstraße, und damit "gegen die Gemeinschaftsstandards verstoßen hat", könnte dafür zeitweilig oder dauerhaft vom Zugriff aufs eigene Konto abgeschnitten werden.
Das wäre kein sehr verlockendes Argument zugunsten des Libra. Oder sollte das tatsächlich die Zukunft des Geldes sein, auf das die Welt gewartet hat? Wo "Gemeinschaftsstandards" überwachende Gatewatcher darüber befinden, ob man sich etwas zu essen kaufen darf oder nicht…?
Andreas Tögel ist Kaufmann in Wien.