Um einem dringenden Bedürfnis abzuhelfen, gibt es ein neues Verbot! Die knapp 900.000 Unterzeichner des "Anti-Raucher-Volksbegehrens" des Jahres 2018 dürfen sich freuen. Das Ende der bürgerlichen Regierungskoalition markiert zugleich das Ende der freien Entscheidung mündiger Bürger – zumindest, was das Rauchen in Gaststätten angeht.
"Das Private ist politisch" behaupteten die 68er, die nicht weniger als die Zerstörung der bis dahin herrschenden, bürgerlichen Ordnung im Sinn hatten. Auf dieser revolutionären Welle reitend wollte Österreichs Kanzler Bruno Kreisky, der Lumpazivagabundus der Zweiten Republik, "alle Bereiche mit Demokratie durchfluten". "Mehr Demokratie wagen" wollte zur selben Zeit der nicht minder zeitgeistig-erfolgreiche Willy Brandt in Deutschland. Bis heute zielen die Sozialisten in allen Parteien auf die Beseitigung jeden Rückzugsraumes, in dem das demokratisch-sozialistische Kollektiv nichts zu melden hat und wo individuelle Entscheidungen privater Akteure gelten.
Auch Linke können dazulernen. Von besonders schlichten Gemütern in ihren Reihen abgesehen, die auch heute noch von der Kollektivierung von Immobilien und Produktionsmitteln träumen, haben auch sie begriffen, dass privates Eigentum die Basis jeder dauerhaft bestehenden Zivilisation bildet.
Die Nationalsozialsten trugen dieser Einsicht Rechnung, indem sie die Produktionsmittel formal in der Hand ihrer privaten Eigentümer beließen, deren unternehmerischen Entscheidungsspielraum aber faktisch auf Null begrenzten. Aus freien, für ihre Aktivitäten voll verantwortlichen Unternehmern wurden bloße Verwalter – Betriebsführer –, die unter der Fuchtel der Regierung standen. Auf lange Sicht ist der Effekt indes immer derselbe: Sozialismus führt – wie auch immer er verbrämt sein mag und mit wieviel oder wenig Gewaltanwendung er auch verwirklicht wird – in den Bankrott. Immer. Überall.
Der klassische Liberalismus gebietet die Schaffung eines gesetzlichen Ordnungsrahmens, innerhalb dessen sich die Akteure – physische und juristische Personen gleichermaßen – frei bewegen und nach Belieben untereinander Verträge abschließen können (die eigene Freiheit endet dort, wo die des Mitmenschen beginnt). Im Gegensatz dazu schreibt eine demokratische Gesellschaft – dieser Tage sind die Begriffe demokratisch und sozialdemokratisch deckungsgleich –, dem einzelnen bis ins Detail vor, wie er sich zu verhalten, was er zu tun, und was er zu lassen hat.
Moderne Demokratien neigen zur allergrößten Unduldsamkeit mit jeder Art von Abweichlern, wie anhand der neomarxistisch inspirierten Einschränkung der Meinungsfreiheit, Diskriminierungsverboten und der rigorosen Ächtung und Kriminalisierung dissidenter Positionen deutlich wird. Heute lebt nicht mehr ganz ungefährlich, wer die Glaubenssätze der alle anderen rezenten Herausforderungen überlagernden Klimawandelreligion anzweifelt. Schon wird da und dort allen Ernstes die Todesstrafe für "Klimaleugner" gefordert. Wissenschaftliche Erkenntnisse werden zunehmend durch ideologisch-moralische Bekenntnisse ersetzt – auch und besonders an den Universitäten. Errungenschaften der Aufklärung? Das war gestern!
Ein gutes Beispiel für den Erfolg der 68er Kollektivisten und deren Epigonen bildet der jetzt endlich zu verwirklichende "Nichtraucherschutz". Die Argumente gegen das Rauchen sind hinlänglich bekannt und brauchen hier nicht in epischer Breite wiederholt zu werden. Allein: Sie sind im Zusammenhang mit dem nun einzuführenden Rauchverbot allesamt irrelevant.
Es geht schließlich nicht um das Rauchen auf öffentlichen Straßen und Plätzen, in Ämtern und in anderen staatlich betriebenen Einrichtungen, wo der Leviathan zu gebieten hat und rigoros seine Zwangsgewalt durchsetzen kann. Es geht vielmehr um anmaßende Eingriffe ins Privatrecht. Gaststätten sind schließlich privates Gelände. Dass sie gemeinhin frei zu betreten sind, ändert daran nicht das Geringste. Private Wirtschaftsbetriebe, wie Restaurants und Cafés, stehen nicht in öffentlichem Eigentum. Hier hat daher das Wort des Eigentümers zu gelten, und nicht hoheitliches Diktat.
Anders als in der Sphäre des Gewaltmonopolisten, wo dem Bürger keine Wahl gelassen wird (etwa ob er eine Pensions-, Unfall- und Krankenversicherung wünscht), kann der Bürger frei darüber entscheiden, ob er ein Lokal aufsucht oder nicht. Niemand wird in ein verrauchtes Wirtshaus geprügelt. Jedermann kann einfach draußen bleiben, wenn er meint, sich damit einen Gefallen zu tun. Menschen, die auf Rauchfreiheit keinen Wert legen, zu verbieten, eine verqualmte Bude aufzusuchen, verletzt private (Eigentums-)Rechte – nämlich die des Wirtes und seiner Kunden.
Der Staat soll, wie oben ausgeführt, rechtliche Rahmenbedingungen schaffen. Er hat indes kein Recht, sich als Gouvernante mündiger Bürger zu gebärden und in Unternehmen und deren Beziehungen zu ihren Kunden hineinzuregieren. Einfacher Grundsatz: Jeder Bürger hat in einem liberalen Rechtsstaat das Recht, über seine Aktivitäten frei zu entscheiden, solange er dabei keine Rechte Dritter verletzt. Er hat auch jedes Recht, sich gegen seine Gesundheit zu entscheiden und/oder sich anderweitig in Gefahr zu bringen – immer unter der Maßgabe, dass die Rechte Dritter unverletzt bleiben.
Genau das aber ist durch den Betrieb oder den Besuch einer gastronomischen Räucherkammer der Fall! Wirt und Gast kommen aus freien Stücken überein, verrauchte Luft zu atmen, wobei ganz nebenbei bemerkt sei, dass ein belastbarer Nachweis für die Schädlichkeit des "Passivrauchens" niemals erbracht wurde und vermutlich auch niemals erbracht werden wird.
Auch das Argument des Mitarbeiterschutzes ist vorgeschoben und geht ins Leere, weil ja auch kein Kellner mit Waffengewalt dazu verhalten wird, in Raucherlokalen zu fronen. Für ihn gilt dasselbe, wie für den Gast: Wer’s nicht mag, sucht sich eine andere Gastwirtschaft. Weder für Arbeitnehmer noch für Wirte herrscht Kontrahierungszwang.
Beispiel Japan: Dort ist das Rauchen im öffentlichen Raum verboten. Also da, wo der Leviathan das Sagen hat. In privaten Etablissements dagegen gelten die vom Betreiber aufgestellten Regeln. Eine liberale, privatrechtsfreundliche Regelung. Im sozialdemokratisierten Europa dagegen, insbesondere im sozialpartnerschaftlich durchseuchten Land der Hämmer, wird das Privatrecht scheibchenweise entsorgt.
Konsequent weitergedacht, lässt sich auf Basis vorgeschobener Gesundheitsschutzgründe eine veritable ökofaschistische Diktatur errichten. Denn mit denselben Argumenten wie in der Gastronomie, kann der Staat sich am Ende auch in privaten Wohnungen breit machen. Vielleicht handelt es sich bei einem der Bewohner ja schließlich um einen schutzbedürftigen Nichtraucher.
Überwachungsmaßnahmen aller Art, etwa obligatorisch in jedem Raum zu installierende Rauchmelder mit Direktanschluss an die Dienststelle des örtlichen Gesundheitsblockwarts, drängen sich geradezu auf.
Das "Gemeinwohl" – wer auch immer festlegt, was das ist – kennt seit dem erfolgreichen Marsch der 68er durch die Institutionen kein Pardon. Individualrechte: Fehlanzeige. Totalitarismus pur. Fazit: Im Rauchverbot findet die Missachtung der Bedeutung privaten Eigentums einen geradezu mustergültigen Ausdruck.
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.