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Es gehört zu den wohl am häufigsten gedankenlos verbreiteten Klischees: Österreich habe eine zutiefst gespaltene Gesellschaft. Der Befund, mit Sorgenfalten betulich vorgebracht, diagnostiziert als Ursache – die Regierung. Fragt sich: Stimmt das? Und: Ist das wirklich so bedrohlich?
Erinnern wir uns zurück: Österreich hatte über lange Jahre Alleinregierungen, denen eine Opposition gegenüberstand, die auch laut und deutlich sagte, dass sie sich vieles ganz anders vorstellte. Aber niemand wäre auf die Idee gekommen, dass deshalb die Gesellschaft oder das Land gespalten gewesen wäre.
Eigentlich ist es normal, dass in einer liberalen Demokratie die politischen Lager unterschiedlicher Meinung sind. Wäre das nicht so, gäbe es nur einen gedanklichen Einheitsbrei bei allen politischen Bewerbern, wäre das alles andere als eine lebendige Demokratie.
Also sollte sich niemand Sorgen machen, wenn die Opposition anderer Meinung ist als die Regierung. Spaltung ist das noch lange keine.
An dem, was die Regierung tut, kann es auch nicht wirklich liegen: Ist es vorstellbar, dass eine Zusammenlegung von Sozialversicherungsanstalten die Gesellschaft spaltet? Oder dass eine weitgehend linke Steuerentlastung einen Keil in die Einheit des Volkes treibt? Dass die Rückkehr zu einem bewährten Schulnoten-System mit fünfteiliger Skala die Einigkeit Österreichs gefährdet? Nicht einmal die Sozialhilfe-Reform dürfte ein echter Spaltpilz gewesen sein – wären ansonsten nicht mehr als 150 Menschen zu einer Demo gekommen, zu der vier (!) besorgte Organisationen vor wenigen Wochen aufgerufen haben?
Das alles kann es also nicht sein.
Es gibt ein einziges Thema, das spaltet – aber nicht erst seit dem Antritt der derzeitigen Regierung. Das ist das "Flüchtlings"-Thema. Da gibt es eine selbsternannte Elite, die es als moralisch nicht verhandelbare Pflicht ansieht, jeden Einreisewilligen aus der Dritten Welt nicht nur aufzunehmen, sondern auch mit Geld und allen nur erdenklichen Rechten auszustatten. Und alle Menschen, die nicht ihrer Meinung sind, verurteilen sie als schlechte, böse, moralisch mindere und herzlose Nationalisten, Egoisten, Rechte eben. Zwischen diesen selbsternannten Guten und dem Rest des Landes ist wirklich ein tiefer Spalt – und für die Regierung gibt es keine Chance, diesen mit irgendwelchen rationalen Argumenten zu überbrücken.
Freilich machen die "Guten" einen Fehler. Sie teilen den "anderen" Österreichern eine böse, unmoralische Gesinnung zu – und zwar nicht nur in dieser Frage. Das Etikett heißt "rechts". Als ob man guten Gewissens nur links oder in der Mitte stehen dürfte. Nein, auch rechts ist Platz in unserem Land. Und die extremen Ränder müssen wir nicht nur rechts, sondern auch links loswerden.
Wenn die "Omas gegen rechts" mit ihren roten Häkelhauberln jetzt wie die Heilsarmee auf Wiener Märkten singend protestieren, dass es eine Regierung ohne linke Beteiligung gibt, dann ist das typisch: Es hat das Unerhörte ja auch bisher nur dreimal gegeben – während der Alleinregierung Klaus und der beiden Kabinette Schüssel. Sonst war immer die SPÖ an der Regierung – und dann ist für die Omas und ihre Gleichgesinnten die Welt in Ordnung. Wen schert es schon, wenn mit einer roten Schuldenpolitik auf Kosten der nächsten Generationen gelebt wird? Wenn ständig Geschenke verteilt werden, die sich guten Gewissens niemand leisten kann? Wenn nivelliert und umverteilt wird und Leistung ein böses Wort wird? Hauptsache, nicht "rechts".
Das ist ja auch das Elend der Opposition, dass sie nur das eine kann: Nämlich gegen "rechts" wettern. Ein Wettbewerb an Ideen für das Land? Ein Wettstreit, wer die besseren Lösungen für die Probleme des Landes findet? Wozu sollte sich jemand um solche demokratischen Gepflogenheiten kümmern?
Ja, nicht einmal zu einem nationalen Schulterschluss war man fähig, als es um das Atomkraftwerk Mochovce ging – dabei hätte man sich den von Österreich erzielten Erfolg, dass die Inbetriebnahme der neuen, bedenklichen Reaktoren verschoben wird, auf die eigenen Fahnen heften können. Aber nein, wie sollte man dann noch über die gespaltene Nation jammern können?
Eigentlich hätte auch der alte Herr in der Hofburg versprochen, die von ihm erkannten Gräben in der Bevölkerung zuschütten zu wollen, die sich während des ermüdenden Ringens um seinen Wahlsieg aufgetan hatten. Aber was tut er? Wenn er nicht gerade sein Hunderl spazieren führt oder auf Zuruf von links die Regierung ermahnt, hört man nichts von ihm. Schon gar nichts, was dazu beitragen könnte, dass es in unserem Land wieder zum Normalzustand wird, dass es verschiedene politische Ansichten gibt, die rechts oder links oder mittig oder sonst etwas sein können, so lange sie nur demokratisch sind. Aber vielleicht sieht der alte Herr das ja auch gar nicht so.