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Aus Angst vor der Freiheit: Wohlstandsabbau durch Regulierung

Blickt man in der Geschichte zurück, waren es stets die Zeiten wirtschaftlicher Freiheit, die breiten Wohlstand ermöglichten. Umgekehrt waren es stets Phasen maximaler Regulierung, die den gegenteiligen Effekt hatten. Hochentwickelte, arbeitsteilig organisierte Gesellschaften profitieren von der Freiheit des Einzelnen, wirtschaftlich selbstbestimmt zu handeln. Regierungseingriffe in die Wirtschaftsabläufe hemmen Innovation und Fortschritt – am Ende zum Nachteil aller Marktakteure.

Der ehemalige Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Thomas Mayer, hat sich eingehend mit der Wechselwirkung zwischen Freiheit und Wohlstand auseinandergesetzt und seine Gedanken in einer vom "Austrian Institute of Economics and Social Philosophy" organisierten Veranstaltung im Wiener Haus der Industrie präsentiert.

Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen hat sich seit dem Jahr Null bis zum Beginn der industriellen Revolution kaum verändert. Erst der durch Kapitalakkumulation ermöglichte, im 19. Jahrhundert stark an Fahrt gewinnende Übergang von der Agrar- zur Industriewirtschaft hatte eine gewaltige Aufwärtsentwicklung zur Folge, die sich im 20. Jahrhundert weiter verstärkte. Die durch die "kapitalistische" Produktionsweise ermöglichte Produktivitätssteigerung ging mit einer starken Zunahme der Lohneinkommen einher. Marx lag mit seiner Prophezeiung einer "Pauperisierung" der Massen ebenso daneben, wie vor ihm schon Malthus, der eine kollektive Verelendung infolge nicht ausreichender Nahrungsmittelproduktion prognostizierte.

Zunehmende Regulierungen, die seitens der Regierungen hauptsächlich dem Wunsch geschuldet sind, soziale Absicherungen einzuführen – und durch erzwungene Umverteilung zu finanzieren –, bremsen die dynamische Aufwärtsentwicklung. Immer wieder wird nämlich geflissentlich darüber hinweggesehen, dass nur verteilt werden kann, was zuvor produziert wurde. Wer also – mit Verboten und Vorschriften aller Art – der Produktion Hindernisse in den Weg legt, ersetzt Freiheit durch Zwang und verringert damit den Wohlstand. Wer den Eigennutz von Unternehmern und Investoren anprangert und bekämpft, schadet am Ende den werktätigen Massen mehr als den "Kapitalisten". Arbeitsteiliges Wirtschaften ist eben kein Nullsummenspiel!

Als positive Beispiele nennt Mayer etwa das "deutsche Wirtschaftswunder", das durch die liberale Deregulierungspolitik Ludwig Erhards möglich wurde. Dessen damals keineswegs den Wünschen der Wählermehrheit entsprechende Reformen legten den Grundstein für die Wirtschaftsstärke Deutschlands, die von den Sozialisten in allen Parteien bis heute nicht zerstört werden konnte.

Am anderen Ende des eurasischen Kontinents markierten die in den 1980er Jahren auf den Weg gebrachten, wirtschaftsliberalen Reformen Deng Xiaopings den Beginn eines chinesischen "Wirtschaftswunders". Das abschreckende Gegenbeispiel bildet der davor, nämlich zwischen 1958 und 1961 versuchte "Große Sprung nach vorn" Maos, als dessen Folgen Massenelend und viele Millionen von Hungertoten zu beklagen waren. Rigorose Wirtschaftsplanung führt stets ins Desaster.

Der Markt als chaotisches System der Selbststeuerung, in welchem die entscheidenden Signale von den durch Angebot und Nachfrage bestimmten Preisen ausgehen, erweist sich jeder zentralistischen Planwirtschaft als klar überlegen. Das auf alle Marktteilnehmer verteilte Wissen kann durch keine noch so gut organisierte Planungsbehörde der Welt jemals ersetzt werden.

Nun sind moderne Linke heute aber nicht mehr darauf erpicht, 150 Jahre alte marxistische Konzepte erneut umzusetzen und alle Produktionsmittel zu kollektivieren. Sie phantasieren vielmehr von einem "Dritten Weg" zwischen Kapitalismus und Sozialismus, um darauf zur besten aller Welten zu schreiten. Sie träumen davon, die Produktivität und Effizienz des einen Wegs mit der (vermeintlichen) sozialen Sicherheit des anderen zu verbinden.

Das grundlegende Missverständnis dabei: Die Steuerungsfunktion des Marktes beruht auf der Entscheidungsfreiheit des Einzelnen, die durch staatliche Lenkungseingriffe entscheidend beeinflusst wird. Wer dank "sozialer Absicherung" für die Folgen seines fehlerhaften Handelns nicht mehr verantwortlich ist und nicht mehr scheitern kann, folgt falschen Anreizen. Er wird dazu verleitet, hohe Risiken einzugehen und die allfälligen Kosten seiner Misswirtschaft unbeteiligten Dritten aufzubürden.

Die angeblich "alternativlose" Rettung von Banken, die "too big to fail" sind, und, weil "systemrelevant", mit Steuergeld vor dem Untergang bewahrt werden müssen, sind eines der Symptome dieser Fehlentwicklung.

Damit nicht genug, wenden sich die "verlassenen Mündel" des Wohlfahrtsstaates zunehmend von ihren Regierungen ab, von denen sie sich verraten fühlen. Doch ein kollektiver Vertrauensverlust ist in einer arbeitsteiligen Gesellschaft geradezu verheerend, sobald sie das Ausmaß einer kleinen Horde übersteigt, in der jeder jeden kennt. Wenn es so weit kommt, beginnt das politische System sich selbst zu zerstören.

Der viel beschworene "Dritte Weg" ist daher nichts weiter als ein verlockendes Trugbild. Es gibt ihn nicht. Erhards soziale Marktwirtschaft war eben kein "gezähmter Kapitalismus". Sie war einfach dadurch sozial, weil sie den auf dem Markt wirkenden Kräften weitgehende Freiheit zugestand. Eine Rückkehr zu den Prinzipien des klassischen Liberalismus ist nach Ansicht Mayers daher unabdingbar, wenn die Freiheit erhalten und der Wohlstand weiter ausgebaut werden sollen.

Fazit: entweder die freie Markt- oder eine von letztlich stets inkompetenten Bürokraten gesteuerte Planwirtschaft. Ein Drittes gibt es nicht.

Dazu eine Buchempfehlung:

Die Ordnung der Freiheit und ihre Feinde
Thomas Mayer
FBV, 2018
ISBN 978-395972-127-1
17,99 €

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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