Es ist ärgerlich genug, dass die Regierung bei der Umsetzung des noch eilends vor dem möglichen Verlust einer linken Mehrheit ergangenen VfGH-Entscheids, homosexuellen Paaren den Zugang zur Ehe zu erlauben, den Weg des geringsten Widerstands gegangen ist: Anstatt die überflüssig gewordene "Eingetragene Partnerschaft" gänzlich abzuschaffen, wird diese als eine "Ehe light" auch heterosexuellen Paaren ermöglicht. Die jüngst veröffentlichten Durchführungsbestimmungen bedienen darüber hinaus klammheimlich eine weitere langjährige Forderung der Linken.
Konkret geht es um die Umwandlung einer bestehenden EP in eine Ehe und vice versa. Dass ein "Upgrading" einer EP zu einer Ehe auch ohne vorherige Auflösung der EP (und sechsmonatige Wartefrist) ermöglicht wird, ist sinnvoll, sofern man einer Ehe gleichgeschlechtlicher Menschen überhaupt Sinn zuzuerkennen vermag. Ebenso kann jedoch ab 1.1. 2019 eine Ehe in eine EP umgewandelt werden, ohne dass es eines aufwendigen Scheidungsverfahrens bedarf: Wenn zwei miteinander verheiratete Personen vor dem Standesbeamten erklären, eine EP eingehen zu wollen, ist ihre Ehe hierdurch aufgelöst.
Durch das "Downgrading" einer Ehe zu einer EP wird die Ehe geradezu um ihren Kern der Treue der Partner verkürzt, ohne dass es hierzu eines Scheidungsrichters bedarf. Die EP sieht nämlich gegenüber der Ehe verminderte Treuepflichten vor – und kennt folglich auch weniger Verschuldensgründe im Fall eines Auseinandergehens.
Die türkis-blaue Regierung kommt hierdurch einer langjährigen Forderung der Linken, nämlich das Verschuldensprinzip bei einer Scheidung zu streichen, einen entscheidenden Schritt entgegen. Wenn ein Ehepartner untreu wird und es ihm gelingt, den anderen Partner zum Downgrading der Ehe zur EP zu überreden, ist die Eheverfehlung bei der Auflösung der EP kein Thema mehr. Die Unterhaltsansprüche sind bei der EP zwar etwas geringer als nach einer Ehe, doch sie werden durch eine vorangegangene einseitige Eheverfehlung nicht mehr getrübt.
Bravo, kann man da nur sagen! Ein Dialog einer Frau mit ihrem betrogenen Ehemann könnte dann etwa so lauten: "Wenn du der Umwandlung unserer Ehe in eine EP nicht zustimmst, siehst du die Kinder nie wieder." Auch stelle man sich die völlige Symmetrie eines Upgradings und des entsprechenden Downgradings einmal in anderen Rechtsgebieten vor: Jemandem das Gehalt "einvernehmlich" zu kürzen, wäre genauso einfach, wie das Gehalt zu erhöhen usw.
Eine solche Symmetrie leuchtet nur ein, wenn Ehe und EP vollkommen gleich sind. Dann hätte es allerdings keiner Beibehaltung der EP bedurft, ja es hätte auch keiner "Öffnung" der Ehe für gleichgeschlichtliche Paare bedurft. Nachdem es aber gerade im eigentümlichen Inhalt entscheidende Unterschiede zwischen Ehe und EP gibt, bleibt nur der Schluss, dass die ungebremste Aushöhlung des Instituts der Ehe als einer lebenslangen öffentlich bekundeten Treuebeziehung zweier Menschen auch von der derzeitigen Regierung politisch gewollt oder zumindest geduldet ist.
Wilfried Grießer, geboren 1973 in Wien, ist Lehrer, Philosoph und Buchautor.